Gigathlon in Tschechien: Event in familiärer Umgebung

Jan Plachý (Foto: Archiv von Jan Plachý)

Im Winter gibt es den Biathlon, im Sommer den Triathlon und seit einigen Jahren auch den sogenannten Gigathlon. Letzterer ist ein Event für Ausdauersportler, das in der Schweiz entstanden ist. Seit 2016 aber ist Gigathlon auch in Tschechien angesagt, am bevorstehenden Wochenende wird in Nord- und Mittelböhmen seine vierte Auflage ausgetragen. Was sich genau hinter diesem Event verbirgt, das erläutert der Cheforganisator des Gigathlon in Tschechien, Jan Plachý, im Interview.

Foto: © gigathlon_czechrepublic,  Flickr

Jan Plachý  (Foto: Archiv von Jan Plachý)
Herr Plachý, seit wann veranstalten Sie den Gigathlon in Tschechien? Und wie ist die Idee dazu entstanden?

„Gigathlon ist eine Multisport-Veranstaltung, die es in Tschechien seit 2016 gibt. In diesem Jahr tragen wir den Wettbewerb zum vierten Male aus. Der Ursprung dieses Events kommt aus der Schweiz. Dort wird Gigathlon seit über 20 Jahren veranstaltet. Und wir hier in Tschechien sind derzeit das einzige Land neben der Schweiz, in dem das Event noch veranstaltet wird.“

Erklären Sie doch bitte den Unterschied dieses Sports zum Triathlon. Und weshalb war gerade die Schweiz dafür prädestiniert, diesen Sport zu entwickeln?

„Die Schweizer sagen eigentlich nicht gerne, dass es eine Sportart ist, für sie ist Gigathlon einfach ein Event. Er geht aber vom Triathlon aus, denn die Disziplinen sind ebenfalls Schwimmen, Radfahren und Laufen. Hinzu kommen indes noch das Mountainbike, also die bergige Variante des Radfahrens, und das Inlineskaten. Gigathlon ist also noch viel komplexer und daher auch als Teamsport geeignet. Die Schweizer sind ja bekannt für Ausdauersportarten, für die sie gute Voraussetzungen haben bei sich in den Bergen. Die Idee zum Gigathlon ist wie gesagt vor rund 20 Jahren entstanden, als es einen Boom bei den Ausdauer- und Multisportveranstaltungen gab. Mittlerweile ist es auch in Tschechien so, dass viele Menschen laufen, Rad fahren und schwimmen. Deshalb war die Idee bei mir im Kopf, solch einen Event auch hierher zu bringen.“

Jan Plachý: „Gigathlon ist eine Multisport-Veranstaltung, die es in Tschechien seit 2016 gibt. In diesem Jahr tragen wir den Wettbewerb zum vierten Male aus. Der Ursprung dieses Events kommt aus der Schweiz. Dort wird Gigathlon seit über 20 Jahren veranstaltet.“

Am kommenden Wochenende richten Sie den Gigathlon in Tschechien zum vierten Male aus. Beschreiben Sie doch einmal die Entwicklung: Wie haben Sie angefangen? Und wie viele Teilnehmer aus wie vielen Nationen werden diesmal am Wettkampf teilnehmen?

„Der erste Veranstaltungsort für uns war im Jahr 2016 die Talsperre Lipno in Südböhmen. Wir haben einen Ort mit einer guten Infrastruktur gesucht, an dem wir alle Disziplinen durchführen können. Wir wollten zudem einen Ort, der besonders für die ausländischen Teilnehmer touristisch interessant ist. Den haben wir in Lipno mit der angrenzenden Talsperre gefunden. Das Teilnehmerfeld bewegt sich gegenwärtig im Rahmen von 200 bis 300 Athleten, die in etwa zur Hälfte aus Tschechien und aus dem Ausland kommen. Mehrheitlich aber kommen sie aus dem deutschsprachigen Ausland, also aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.“

Labe-Arena in Račice  (Foto: © gigathlon_czechrepublic,  Flickr)
Das Zentrum des diesjährigen Gigathlons wird die Labe-Arena in Račice sein, die an der Grenze des Kreises Ústí nad Labem / Aussig zum Kreis Mittelböhmen liegt. Warum gerade dort? Welche Vorteile bietet diese Arena?

„Die Infrastruktur, das heißt die Komplexität des Veranstaltungsorts ist für uns sehr wichtig. Dazu kommt die Nähe zu Prag, wo nicht wenige Teilnehmer auch mit dem Flugzeug anreisen. Račice ist nur eine Autostunde von der Hauptstadt entfernt. Die Labe-Arena wiederum ist bekannt für die Austragung von Wettkämpfen im Rudern und im Kanurennsport. Deshalb nutzen wir sie zum einen als Ort zur Unterbringung der Teilnehmer, zum anderen aber auch zur Ausrichtung der Disziplinen Schwimmen und Inlineskaten. Račice ist zudem ein guter Ausgangsort für die anderen Disziplinen, die wir in sehr schönen Gegenden wie dem Böhmischen Mittelgebirge und der Region um die Zwei-Flüsse-Stadt Mělník durchführen werden.“

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Was wird eigentlich alles benötigt an Anlagen, sportlicher Ausstattung sowie persönlicher Betreuung, um solch einen gigantischen Wettbewerb durchführen zu können?

„Das Wort Gigathlon bringt viele Leute auf den Gedanken, hier handelt es sich um etwas Gigantisches. Sicher, die Leistungen der Teilnehmer sind gigantisch, wenn man sich vergegenwärtigt, dass sie insgesamt über 270 Kilometer und 2000 Meter Höhenunterschied bewältigen müssen. Auf der anderen Seite ist es so, dass man den Gigathlon auch in einem Team oder als Duo absolvieren kann. Also, selbst wenn es zunächst nicht danach aussieht, das Event ist auch für Hobbysportler geeignet. Bei uns muss man nicht viel mitbringen außer seiner Sportausrüstung. Die Verpflegung, die Unterbringung und das ganze Drumherum werden von uns ´all inclusive´ angeboten und so auch im Startgeld berücksichtigt. Die Teilnehmer können sich folglich auf den sportlichen und gesellschaftlichen Teil der Veranstaltung konzentrieren. Viele freuen sich jedes Mal, alte Bekannte wiederzusehen. Ja, ich kann sagen: Wir sind wie eine Familie, die ständig größer wird und sich gerne trifft – sei es in Tschechien oder in der Schweiz.“

Foto: © gigathlon_czechrepublic,  Flickr
Wie hoch sind denn die finanziellen Mittel, um diesen Wettbewerb veranstalten zu können? Haben Sie dazu wichtige Sponsoren?

„Wie jeder Organisator kämpfen auch wir mit den Finanzen. Es ist nicht einfach, die Wirtschaftlichkeit des Events zu garantieren, denn es gibt eine Menge von Konkurrenzveranstaltungen. Wir müssen uns daher ein bisschen abgrenzen. Das ist speziell unser Service, den wir den Teilnehmern bieten. Hinzu kommt, dass wir eine Wochenend-Veranstaltung sind, das heißt, die Teilnehmer übernachten an zwei Tagen in der Labe-Arena. Von daher sind ihre Erlebnisse auch ganz anders als beispielsweise bei einem Marathonlauf, an dem man teilnimmt, danach aber sogleich wieder nach Hause geht. Wir werden wie jede Veranstaltung aus verschiedenen Quellen finanziert: durch Sponsoren und eben unsere Startgelder. Wir versuchen auch immer wieder die Städte und Regionen um einen Zuschuss zu bitten. Denn ohne diese Hilfe ist die Ausrichtung einer solch großen Veranstaltung eigentlich unvorstellbar. Überdies sollte ich nicht vergessen, die vielen freiwilligen Helfer zu erwähnen. Zusammen mit meinem Organisationsteam helfen sie mir sehr dabei, diese Veranstaltung überhaupt durchzuführen.“

Plachý: „Das Wort Gigathlon verleitet viele Leute dazu, zu denken, hier handelt es sich um etwas Gigantisches. Sicher, die Leistungen der Teilnehmer sind gigantisch, wenn man sich vergegenwärtigt, dass sie insgesamt über 270 Kilometer und 2000 Meter Höhenunterschied bewältigen müssen. Das Event ist aber auch für Hobbysportler geeignet.“

Wie hoch ist eigentlich die Startgebühr? Und umgekehrt: Erhalten die Sieger und die auf dem Podest Platzierten eventuell eine Siegprämie?

„Eine Siegprämie gibt es bei uns nicht. Denn wir sind der Meinung, dass wir eine offene Veranstaltung sind und keine, die sich nur als Profisport abgrenzt. Dafür gibt es bei uns schöne Sachpreise, die wir in der Regel von unseren Partnern erhalten. Schließlich bekommen alle Teilnehmer eine Medaille und ein kleines Geschenk. Die Startgelder sind unterschiedlich. Wir haben drei Kategorien: Die höchste Gebühr zahlen die Teilnehmer in den Wettbewerben Single Man und Single Women, denn sie genießen die größte Portion vom Sport. Sie benötigen einen Supporter, der wird auch von uns verpflegt. Hier bewegen wir uns bei einem Startgeld von ungefähr 200 bis 250 Euro. Das ist vergleichbar mit einem Iron Man im Triathlon, dafür zahlt man heute auch solche und noch höhere Beträge. Die Gebühren gehen runter, wenn man am Staffelwettbewerb oder in der Kategorie Doppel teilnimmt. Dort liegen die Startgelder zwischen 100 und 150 Euro.“

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Sie haben die drei Wettbewerbsformen des Gigathlons mehrfach genannt. Erläutern Sie doch bitte noch, welche Distanzen in diesen Kategorien bewältigt werden müssen.

„Das Schöne am Gigathlon ist, dass es jedes Jahr ein bisschen anders läuft. Das heißt, die fünf Disziplinen werden an den zwei Tagen in unterschiedlicher Reihenfolge bestritten. Bei der Staffel ist es so: Die fünf Disziplinen werden von fünf verschiedenen Teilnehmern absolviert. Im Doppel ist es so, dass ein Starter zwei Disziplinen durchführt und der andere drei. Das ist eine gute Möglichkeit für diejenigen, die den Gigathlon alleine nicht schaffen, aber nicht nur eine Disziplin bestreiten wollen. Diese drei Kategorien gewährleisten so auch ein breites Spektrum an Teilnehmern, angefangen von Hobbysportlern bis hin zu Triathleten beziehungsweise Sportlern, die eine hohe Leistung bringen können. Das Thema ist dabei die Komplexität. Es gibt nämlich viele Athleten, die keine Spezialisten sind, aber mehr oder weniger alle fünf Disziplinen auf einem sehr guten Niveau beherrschen.“

Plachý: „Das Schöne am Gigathlon ist, dass es jedes Jahr ein bisschen anders läuft. Das heißt, die fünf Disziplinen werden an den zwei Tagen in einer unterschiedlichen Reihenfolge bestritten. Das Thema ist dabei die Komplexität. Es gibt viele Athleten, die keine Spezialisten sind, aber die mehr oder weniger aber alle fünf Disziplinen auf einem sehr guten Niveau beherrschen.“

Sagen Sie bitte noch etwas zu den Distanzen…

„Von den zwei Wettkampftagen ist der Samstag anspruchsvoller, denn am Sonntag werden eigentlich stets die etwas kürzeren Strecken absolviert. Man schwimmt zum Beispiel zwei Kilometer, man fährt Inlineskate auf einer Strecke von 25 Kilometern. Man fährt mit dem Rad 60 Kilometer, mit dem Mountainbike 40 Kilometer und man läuft 15 Kilometer. Das sind schon gewisse Distanzen, in einer Staffel aber sind sie auch für einen Hobbysportler machbar. Wir wollen uns dabei nicht nur im Kreis drehen, sondern diesen Sport auch so gut wie möglich mit der Natur verbinden. Wir wollen dabei gerade unsere ausländischen Gäste zu Plätzen führen, die sie vielleicht noch nicht kennen. Das macht es auch jedes Jahr immer wieder spannend, weil die Strecken jedesmal neu definiert sind.“

Wer hat denn den Wettbewerb im Einzel in den zurückliegenden drei Jahren gewonnen? Und wer sind die Favoriten in diesem Jahr?

„In den Einzelwettbewerben gibt es die Konkurrenzen der Männer und der Frauen. Doch auch bei den anderen Wettbewerben müssen Frauen im Team sein. Das heißt, in einer Staffel mit fünf Teilnehmern müssen mindestens zwei Frauen sein. Und von den zwei Teilnehmern, die im Doppel antreten, muss einer davon eine Frau sein. Natürlich gibt es die Heroes, die sich am Schluss ganz vorne platzieren, doch sie haben im Gigathlon auch eine gewisse Vorbildwirkung für die Hobbysportler. In den drei Jahren, in denen wir den Gigathlon bisher in Tschechien ausgetragen haben, sind zwei Mal mehr oder weniger die Schweizer als Sieger hervorgegangen. Sie haben diese Sportart schließlich erfunden und kamen entsprechend hochambitioniert und favorisiert nach Tschechien. Ich bin Tscheche und daher auch sehr froh, dass wir im vergangenen Jahr die ersten tschechischen Sieger hatten. Durch diesen Triumph haben sie sich auch für den Gigahlon in der Schweiz qualifiziert. So wird es auch diesmal sein, das heißt: Der Sieger des Gigathlon in einer Woche in Račice wird im Jahr 2020 automatisch beim Gigathlon Switzerland im Kanton Sankt Gallen starten können. Wir werden nie so groß sein wie in der Schweiz, wo mehr als 2000 Teilnehmer am Start sind. Aber wir sagen: Wir sind klein, aber fein. Dazu haben wir eine sehr familiäre Atmosphäre. Unser Anspruch ist einfach, den Teilnehmern höchstmögliche Qualität zu bieten. Dafür hat Tschechien viele wunderbare Ortschaften, an denen es Spaß macht, Sport zu treiben. Deshalb werde ich auch in den nächsten Jahren genau dieses Angebot bringen.“

Autor: Lothar Martin
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