Krise beendet: Neue tschechische Regierung dank Abweichlern im Amt

In Tschechien hat am Freitag die schwarz-grüne Minderheitsregierung des Konservativen Mirek Topolanek (ODS) mit Hilfe von zwei Überläufern der Opposition die Vertrauensabstimmung gewonnen. Mit diesem Erfolg kann die Drei-Parteien-Koalition offiziell die Amtsgeschäfte übernehmen. Damit ist mehr als sieben Monate nach einem Patt bei der Parlamentswahl die innenpolitische Krise vorerst beendet. Die beiden Sozialdemokraten (CSSD) verließen vor der Abstimmung den Saal und ermöglichten damit der Koalition aus Topolaneks Bürgerpartei (ODS), den Christdemokraten (KDU-CSL) und den Grünen (SZ) eine knappe Mehrheit. Vorwürfe der Opposition, das Mitte-Rechts-Bündnis habe die Abgeordneten bestochen, wies Topolanek zurück.

Der Vertrauensabstimmung waren scharfe Angriffe auf den politischen Gegner voraus gegangen. Topolanek versprach in seiner Rede, dass die Koalition den Dialog mit den beiden linken Oppositionsparteien suchen werde. Seine "Regierung des Konsenses" sei der beste Weg aus der Krise. Dies wies Oppositionsführer Jiri Paroubek (CSSD) zurück. Das Kabinett sei "volksfeindlich", gefährde den sozialen Frieden in Tschechien und bremse den europäischen Integrationsprozess, kritisierte der frühere Regierungschef. Umweltminister Martin Bursik bekräftigte in seiner Rede den vorläufigen Baustopp für Atomkraftwerke in Tschechien. Dazu habe sich die Koalition in der Regierungserklärung verpflichtet, sagte der Vorsitzende der Grünen. Der außenpolitische Sprecher der CSSD, Lubomir Zaoralek, sagte, er vermisse eine klare Haltung der Regierung zur Gestaltung Europas. "Wo sind die Antworten auf die Fragen, die die deutsche EU-Ratspräsidentschaft zum Beispiel über den EU-Verfassungsvertrag stellt", fragte Zaoralek. Mit seiner "euroskeptischen" Haltung isoliere das Kabinett Tschechien in Europa.

In der Regierung stellt die ODS neun Minister, die KDU-CSL fünf und die Grünen vier. Neuer Außenminister ist der Grünen-Vertreter Karel Schwarzenberg. Sein Vorgänger Alexandr Vondra bleibt als "Europa-Minister" im Kabinett. Im Oktober war Topolanek mit dem ersten Versuch einer Minderheitsregierung im Parlament gescheitert.

Autor: Lothar Martin