Tschechische Juristen: EU-Verfassung schafft keinen "Superstaat"

In ihrem Kampf gegen eine geplante EU-Verfassung haben die tschechischen Bürgerdemokraten (ODS) eine peinliche Schlappe erlitten: Um besser gegen das Vertragswerk argumentieren zu können, bestellte sich die Oppositionspartei bei der Prager Karls-Universität eine Expertise des Verfassungsentwurfs. Die als "europa-skeptisch" bezeichnete Partei sei aber bitter enttäuscht worden, berichtete die Prager Tageszeitung "Lidové noviny" am Montag. Die Juristische Fakultät habe nämlich die These der ODS-Funktionäre, eine EU-Verfassung beschränke Tschechiens Souveränität, glatt zurückgewiesen. Zwar würden einige staatliche Kompetenzen in der Sicherheits- und Außenpolitik auf die EU übertragen, diese Vollmacht sei angesichts eines De-facto-Veto-Rechts aber relativ schwach, zitierte die Zeitung aus der Expertise. "Es geht um die Bildung einer Quasi-Föderation, aber nicht um einen Superstaat", sagte der Leiter des Rechts-Katheders, Ales Gerloch. Einstimmig empfehlen die Juristen jedoch eine Volksabstimmung über die geplante EU-Verfassung. Für ein solches Referendum sprechen sich auch Regierung und Opposition in Prag aus.

Autor: Lothar Martin