Bundeskanzler Schröder besucht Prag

Gerhard Schröder et Vaclav Klaus, photo: CTK

Ursprünglich sollte der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder im März vergangenen Jahres Tschechien besuchen. Seine Visite wurde damals abgesagt, und zwar wegen der Äußerung des damaligen tschechischen Ministerpräsidenten Milos Zeman, Sudetendeutsche seien die "Fünfte Kolonne Hitlers" gewesen. An diesem Freitag ist Schröder zu einem eintägigen Besuch in Prag eingetroffen. Seinen Aufenthalt in Prag verfolgt Gerald Schubert, Marketa Maurova hat im Anschluss an die Pressekonferenz im Regierungsamt mit ihm telefoniert:

Gerhard Schröder und Vaclav Klaus,  Foto: CTK
Mit wem ist der deutsche Bundeskanzler zusammengekommen und wie sah sein Programm in Prag am Freitagvormittag aus?

"Heute Morgen ist der deutsche Bundeskanzler schon auf der Prager Burg mit dem tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus zusammengekommen, zu Mittag mit dem tschechischen Regierungschef, mit Premierminister Vladimir Spidla. Außerdem stehen auch Unterredungen mit den Chefs der beiden Parlamentskammern, sprich mit Petr Pithart, dem Vorsitzenden des Senats, und Lubomir Zaoralek, dem Vorsitzenden der Abgeordnetenkammer auf dem Programm. Und am Nachmittag wird Schröder dann auch noch ein Werk für Schienenfahrzeuge der Firma Siemens in Prag besuchen. Am Abend gibt es dann freies, privates Programm."

Nach Informationen, die im voraus veröffentlicht wurden, sollten der tschechische EU-Beitritt, die geplante EU-Verfassung sowie das umstrittene "Zentrum gegen Vertreibungen" Themen der Gespräche sein. War das der Fall? Wovon haben die Politiker der beiden Länder gesprochen?

"Dieses geplante 'Zentrum gegen Vertreibungen' wurde eigentlich nicht besonders thematisiert, zumindest war es nicht Gegenstand der Pressegespräche im Anschluss an die jeweiligen Verhandlungen der Politiker. Was das bilaterale Verhältnis betrifft, so war das natürlich das erste Hauptthema. Die Sache war im Wesentlichen relativ unproblematisch, weil bekanntlich zwischen den beiden Regierungschefs und Sozialdemokraten, Vladimir Spidla und Gerhard Schröder, relativ gute Beziehungen herrschen. Das war natürlich nicht immer so: Der ebenfalls sozialdemokratische Ministerpräsident Milos Zeman, Spidlas Vorgänger, hat ja eine umstrittene Aussage über Sudetendeutschen getätigt, und zwar hat er voriges Jahr gemeint, dass die Sudetendeutschen sozusagen die 'Fünfte Kolonne Hitlers' gewesen seien. Das hat damals zur Absage eines Besuches von Gerhard Schröder in Prag geführt. Diese Zwistigkeiten sind mittlerweile längst ausgeräumt, man hat wirklich beiderseits Wert darauf gelegt, dass es hier darauf ankommen wird, in die Zukunft zu blicken, und dass es bilateral eigentlich keine wesentlichen Probleme gibt.

Vladimir Spidla und Gerhard Schröder,  Foto: CTK
Viel komplizierter ist möglicherweise die Frage, die die EU-Verfassung betrifft, die ab Oktober auf der Regierungskonferenz in Rom abgesegnet werden soll. Hier gibt es ja es einen Entwurf des Konvents, der diesen Verfassungsvorschlag ausgearbeitet hat. Erst vor einigen Tagen gab es dazu in Prag ein Treffen von fünfzehn kleineren und mittelgroßen Staaten, die hier noch Änderungsvorschläge haben, um den kleinen Staaten mehr Bewegungsfreiheit, mehr Mitspracherecht zu geben. Hier gibt es möglicherweise in Zukunft noch einiges auszuräumen. Beide Seiten haben aber bekräftigt, sowohl was die Gespräche mit Vaclav Klaus als auch mit Vladimir Spidla betrifft, dass man dieses Problem nicht überbewerten sollte. Es sollte in Zukunft nicht dazu kommen, dass es quer durch die EU eine Bruchlinie zwischen Großen und Kleinen gibt. Und Gerhard Schröder hat auf der Pressekonferenz im Regierungsamt gesagt, dass auch er mit dem Konventsvorschlag nicht hundertprozentig zufrieden ist, dass auch große Staaten wie Deutschland durchaus noch Änderungswünsche hätten. Aber es komme immer darauf an, daran zu denken: Wenn man selbst Änderungswünsche durchsetzen will, was bedeutet das für die Änderungswünsche anderer Staaten? Und dass es so gesehen gefährlich sein könnte, das Paket nochmals aufzuschnüren. Spidla hat darauf gesagt, ihm kommt es ebenfalls darauf an, dass die Gespräche gut verlaufen, dass man zu einem positiven Abschluss kommt. Er hat das so formuliert: es solle niemand gewinnen, es solle niemand verlieren, aber alle sollten letztlich etwas davon haben."