Corona auf der Spur: Fotograf Vondrouš hält seit einem Jahr Motive der Pandemie fest

Roman Vondrouš

Am Montag jährt sich zum ersten Mal der Tag, an dem in Tschechien ein Corona-Fall festgestellt wurde. Ein Jahr Pandemie zwischen Aš / Asch und Třinec, das heißt auch ein Jahr Entbehrung, persönliche Leiden und ungewöhnliche Geschichten unter 10,6 Millionen Einwohnern. Den Besonderheiten der Corona-Zeit war vom ersten Tag an der Fotograf Roman Vondrouš auf der Spur. Für eines seiner Fotos wurde er jüngst mit einem Preis im Wettbewerb Pictures of the Year International geehrt.

Fotoausstellung „Fragmenty metropole“  (Foto: Roman Vondrouš,  Czech Press Photo Centre)

Roman Vondrouš ist einer der am meisten geschätzten tschechischen Fotojournalisten im In- und Ausland. Am Montag hat er bei einer Pressekonferenz mit der Regierung in Prag erfahren, dass er ein weiteres Mal einen Haupttreffer bei einem internationalen Fotowettbewerb gelandet hat. Die Jury von Pictures of the Year International hat ihm den ersten Preis in der Kategorie Sportserie zuerkannt. Den 46-Jährigen erfüllt dies mit Stolz:

„Wenn es mir gelingt, in der Welt irgendeine Geschichte aus Tschechien so zu dokumentieren, dass man auf uns aufmerksam wird, dann freut mich das sehr. Und einen solchen Preis weiß ich zu schätzen.“

Ein Foto der Serie über die Fußballfans von Bohemians 1905  (Foto: ČTK / Roman Vondrouš)

Die Auszeichnung der internationalen Jury wurde Vondrouš für eine Serie über die Fußballfans von Bohemians 1905 Prag zuteil: Er fotografierte sie unter anderem dabei, wie sie auf Klappleitern stehend über eine Mauer schauen, um das Spiel ihrer Mannschaft live zu verfolgen. Auch Radio Prague International hat eine dieser Aufnahmen Anfang Februar als „Foto der Woche“ auf seinen Webseiten veröffentlicht. Das Außergewöhnliche daran ist: Die Stadien sind während der Corona-Pandemie geschlossen. Darum suchen Fußballfans andere Wege, ihre Mannschaften während der Spiele zu unterstützen. Und die Bohemians-Anhänger verfolgten die Begegnung mit Zbrojovka Brünn halt auf Klappleitern. Dass es sich hier um eine nichtalltägliche Geschichte handelt, erkannte der Profifotograf sofort:

„Solch eine Begebenheit bei einem Fußballspiel wie vor dem Bohemians-Stadion habe ich das ganze Corona-Jahr über nirgends zuvor auf der Welt gesehen. Deswegen war mir auch sofort das Potenzial klar, das in einer Dokumentation dieser Form von Fußballleidenschaft steckt. Daher habe ich begonnen, die Heimspiele des Prager Clubs regelmäßig zu besuchen. Aber nicht im Stadion, sondern aus der Fanperspektive hinter der Mauer.“

Fotoausstellung „Fragmenty metropole“  (Foto: Roman Vondrouš,  Czech Press Photo Centre)

Roman Vondrouš war im Corona-Jahr zudem noch in anderen Wettbewerben erfolgreich. Im Dezember hat er den Hauptpreis beim Wettbewerb Czech Press Photo gewonnen. Unter 5000 eingereichten Aufnahmen überzeugte sein Bild eines Mannes in Prag, der wegen des Coronavirus desinfiziert wird. Laut der internationalen Jury transportiert die Aufnahme das Gefühl von Einsamkeit, Resignation und Angst angesichts der Pandemie. Zur Entstehungsgeschichte des Bildes sagte der Preisträger im Tschechischen Fernsehen:

„Das Foto entstand zum nationalen Industriegipfel im September vergangenen  Jahres. Als ich dort eintraf, war unmittelbar vor der Bethlehemkapelle eine Desinfektionskammer aufgestellt, die alle Konferenzteilnehmer passieren mussten. Von außen fiel starkes Licht auf die Kammer, und mit den Desinfektionslösungen, die drinnen versprüht wurden, ergab dies ein sehr eigenartiges Licht- und Farbenspiel. Aus diesem Mischungsverhältnis ist dann auch das Foto entstanden.“

Fotoausstellung „Fragmenty metropole“  (Foto: Roman Vondrouš,  Czech Press Photo Centre)

Überhaupt hat Roman Vondrouš in den zurückliegenden zwölf Monaten in Prag und anderswo in Tschechien unzählige Fotomotive vorgefunden, die sich ganz anders präsentierten, als in den vorherigen Jahren. Es waren allesamt typische Erscheinungen für das untypische Corona-Jahr:

„Die Zeiten sind ganz anders, als man sie als ortsansässiger Fotograf kennt. Die Straßen von Prag waren oft wie leergefegt, in der Stadt traf man keine Touristen an. Deshalb überwogen erstmals wieder die Attribute, die für Prag ansonsten dominant sind. Das spürt man auf Schritt und Tritt. Von daher blieb mir gar nichts anderes übrig, als meinen Fotoapparat zu nehmen, um jeden Tag diese außergewöhnliche Situation zu dokumentieren.“

Bis Ende Februar ist in der Prager Galerie Czech Photo Center noch Vondrouš Fotoausstellung „Fragmenty metropole“ (Fragmente der Metropole) zu sehen. Weil die Galerie jedoch wegen der Anti-Corona-Maßnahmen geschlossen ist, kann man einen Teil der Fotos nur im Schaufenster sehen. Ansonsten har man Zugang zur Exposition über diese Internetseite:

https://www.facebook.com/CzechPressPhoto/videos/245664853590677

Autor: Lothar Martin
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