Doppelmörder auf der Flucht

Eine Flucht aus dem Gefängnis wie im Roman " Der Graf von Monte Christo" ist am Sonntag Abend in der nordmährischen Festung Mírov dem Häftling Jirí Kájínek gelungen. Im Unterschied zu Edmond Dantes, der unschuldig war und wegen einer Verleumdung in den Kerker auf der Insel If geworfen wurde, ist jedoch Jirí Kájínek ein gefährlicher Verbrecher. In der streng bewachten Festung sollte er eine lebenslängliche Freiheitsstrafe verbüßen, zu der dieser Auftragsmörder wegen eines Doppelmordes 1998 verurteilt worden war. Mehr dazu in einem Beitrag von Markéta Maurová. Es liest Olaf Barth.

Die massiven Fahndungsaktionen, die seit Sonntag Abend laufen und bei denen Spürhunde und Hubschrauber eingesetzt wurden, brachten bisher keinen Erfolg. Der Mörder Kájínek, der zu lebenslanger Haftstrafe verurteilt wurde, ist frei. Am Sonntag Abend gelang es ihm, das Fenstergitter durchzufeilen, mit Hilfe von Leinentüchern seine Zelle zu verlassen und die Festungsmauer sowie den dazugehörigen Graben zu überwinden. Die Schüsse der Wächter verfehlten ihr Ziel. Die Polizei verzichtete schon am Montag auf die Suche in der unmittelbaren Umgebung des Gefängnisses und erweiterte die Fahndungsaktion auf die Regionen Nord-, Südmährens und Ostböhmens. Sondermaßnahmen gelten auch an den Grenzübergängen. Um Mithilfe in dieser Sache wurde auch Interpol gebeten. Kriminalisten, Psychologen und der Richter, der sich mit dem Fall Kájínek befasste, sind jedoch der Meinung, dass der Verbrecher das Gebiet der Tschechischen Republik bereits verlassen hat. Am Montag besuchte Justizminister Pavel Rychetský die Haftanstalt in Mírov. Seiner Meinung nach wurde Kájínek nicht mit der gebotenen Aufmerksamkeit bewacht.

"Meine vorläufige - ich betone es - vorläufige Ansicht ist, dass der Wachdienst gegen seine Pflichten verstoßen hat, besonders in Bezug auf Untersuchungen in Kájíneks Zelle. Er hat nämlich seine Flucht wahrscheinlich seit längerer Zeit vorbereitet."

Die Generaldirektorin der Haftanstalten Kamila Meclová kündigte an, personelle Konsequenzen zu ziehen.

Im Gefängnis in Mírov befinden sich derzeit etwa 400 Häftlinge. Die Festung diente im letzten Jahrhundert als Strafanstalt für Geistliche. Während des Zweiten Weltkriegs wurde sie von der Gestapo genutzt und in den 50er Jahren wurden dort vor allem politische Häftlinge gefangen gehalten. Kájínek zerstörte mit seinem Ausbruch den Mythos, dass es unmöglich ist, daraus zu flüchten. Im Jahre 1976 unternahmen zum letzten Mal drei Häftlinge einen Fluchtversuch, damals jedoch ohne Erfolg.

Autor: Olaf Barth
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