EMBRYONENSCHUTZ

Begriffe wie "therapeutisches Klonen", "Embryonenschutz", "Forschung mit Stammzellen" sind in Deutschland seit Monaten in aller Munde: Experten und Bürger äußern ihre Meinung zu einem der heikelsten Gebiete in der modernen Biologie. Anders in Tschechien: Dort hat bisher kein Politiker eine klare Stellung zu diesem Thema genommen und die meisten Bürger haben vom therapeutischen Klonen noch nie etwas gehört. Näheres von Daniela Kralova.

Mit ethischen Fragen, die aufgrund neuer Technologien auftauchen, setzt sich die tschechische Öffentlichkeit nur selten oder oberflächlich auseinander. Das ist im Falle der Debatte um den Embryonenschutz auch nicht anders. Die wissenschaftliche Kommunität in Tschechien begreift dennoch, dass die hiesige Gesellschaft um diese Fragen nicht herumkommt, wenn sich Tschechien auf dem Feld verschiedener Wissenschaften behaupten möchte. Deshalb veranstaltete die Karlsuniversität in Prag eine Konferenz zum Thema "Moderne Biologie", zu der sie eine Reihe von Experten aus Deutschland einlud.

Wir fragten einen der Organisatoren der Konferenz, den Dekan der medizinischen Fakultät Professor Michal Andel, wieso nach ihm die tschechische Öffentlichkeit an den Fragen der Wissenschaftsethik weniger Interesse zeigt als zum Beispiel die deutsche:

"Ich glaube, dass jedes Thema, das mit einem möglichen Missbrauch von Genetik und Biologie zusammenhängt, in Deutschland sehr lebendig ist. Dort führte ein solcher Missbrauch während des 2. Weltkriegs zu "Monstertaten". Bei uns ist so etwas nie passiert und deshalb wurde diese Problematik in der Vergangenheit nicht diskutiert. Unsere Öffentlichkeit verbindet es eher mit einer Hoffnung: Die Stammzellenforschung könnte in der Zukunft der Heilung mancher Krankheiten wie Parkinson oder Diabetes helfen."

Aber nicht nur die Tatsache, dass Tschechien keine eigene Erfahrung mir Missbrauch von Wissenschaften erfahren hat, erzeugte dieses vage und eher einseitige Interesse der Öffentlichkeit an der genetischen Biologie. Die öffentliche Meinung bestimmen bekanntlich im großen Maße die Massenmedien. Über ihre Rolle beim Informieren über diese Problematik spricht Professor Andel:

"Sie informieren darüber natürlich mit ziemlich viel Sensationslust. Das haben wir schon vor ein paar Jahren gesehen, als das Schaf Dolly präsentiert wurde, und das sehen wir jetzt, wenn über die möglichen Konsequenzen des therapeutischen Klonens berichtet wird. Diese Problematik hat zugegebenermaßen zwar auch einen Sensationsaspekt, sie hat aber auch andere Aspekte, wie zum Beispiel die medizinische Praxis, Hoffnungen oder aber auch Risiken, die die Stammzellenforschung und das therapeutische Klonen mit sich bringen. Was wir vor allem durch die Medien erfahren, sind oft polare Meinungen: Entweder eine strikte Ablehnung oder ein starkes Befürworten der Forschung. Eine freie und offene Diskussion ist relativ rar."

Der Mangel an einer breiten öffentlichen Debatte ist für Professor Andel auch ein ausreichender Grund dafür, dass die Forschung an menschlichen Embryos oder embryonalen Stammzellen in Tschechien verboten werden sollte. Denn dieses Thema ist ihm zufolge zu wichtig dafür, dass es nur die Wissenschaftsgemeinde entschieden sollte.

Autor: Daniela Kralova
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