Enteignungen während des Nationalsozialismus: Neues Prager Büro hilft bei Entschädigungsanträgen

Jene Menschen in Tschechien, die zur Zeit der nationalsozialistischen Bestatzung um ihr Eigentum gebracht wurden und mit ihren Anträgen auf Entschädigung bisher erfolglos geblieben sind, können nun fachlich versierte Hilfe bekommen. Am Mittwoch nämlich wurde in Prag ein Büro eröffnet, das abgelehnte Anträge unter die Lupe nimmt und bei den Berufungen Unterstützung leistet. Hören Sie näheres von Gerald Schubert:

Die "Internationale Organisation für Migration" (IOM) regelt im Rahmen des deutschen Gesetzes zur Entschädigung der Opfer des Nazismus jene Entschädigungsanträge, die mit Enteignungen während der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft zusammenhängen. Bis Ende 2001 konnten die Ansprüche geltend gemacht werden, seit Januar dieses Jahres werden nun die Bewertungen vorgenommen und die ersten Bescheide verschickt. Kurz einige Zahlen zur Verdeutlichung der Größenordnung: Knapp 29.000 Anträge aus 67 Ländern hat IOM erhalten, davon kamen fast 5.000 aus Tschechien. Von diesen wurden bis jetzt etwas mehr als 1100 bearbeitet. Bilanz: 252 positive Entscheidungen, 863 negative.

Damit liegt die bisherige Ablehnungsquote ziemlich genau bei der Schätzung des Tschechischen "Rates für Opfer des Nazismus", der am Mittwoch in Prag ein Büro als Anlaufstelle für all jene eröffnet hat, deren Anträge negativ beschieden wurden. Vizevorsitzender Tomas Jelinek meinte nämlich, man gehe davon aus, dass dies in zirka 80 Prozent der Fälle so sein werde. Oft jedoch zu unrecht. So sei es etwa nötig zu beweisen, dass man dereinst unter direkter Beteiligung deutscher Firmen um sein Eigentum gebracht wurde. Was allerdings "direkte Beteiligung" sei, das könne niemand so genau sagen, meint Jelinek. Aber:

"In der Vergangenheit konnten wir zum Beispiel bereits belegen, dass Juwelen und Gold aus jüdischem Besitz in Zusammenarbeit mit deutschen Firmen konfisziert wurden, die dann von der Weiterverarbeitung dieser Dinge profitiert haben. Ähnliche Beispiele sind auch im Falle von Kunstsammlungen dokumentiert, wo wir wissen, dass sich zum Beispiel Auktionshäuser in München dem Verkauf von wertvollen Kunstgegenständen gewidmet haben."

Wie kann der Rat für Opfer des Nazismus jenen Personen, die sich nun an das neu errichtete Büro wenden, konkret unter die Arme greifen? Jelinek:

"Wir können den Antragstellern schon dadurch helfen, dass wir alle relevanten Studien kennen. Auf ihrer Grundlage kennen wir im Falle der größeren Unternehmen meist auch deren Umfeld und die Verbindungen zu deutschen Firmen."

Wie die Leiterin des Informationsbüros, Jitka Egermajerova betont, will man jedoch ganz konkret dort einhaken, wo die einzelnen Ansuchen aufgrund fehlender Unterlagen zurückgewiesen wurden:

"Wie ich bereits gesehen habe, wird in den Entscheidungen sehr detailliert begründet, warum ein Antrag abgelehnt wurde. Mit diesen Angaben können wir nun feststellen, was dem Antragsteller alles gefehlt hat, und ihm helfen, die entsprechenden Materialien zusammenzusuchen. Oder wir können eine Studie ausfindig machen, auf deren Grundlage wir dann Berufung einlegen können."

Sechs Monate lang haben die betroffenen Menschen nun Zeit, sich mit Fragen rund um ihre Berufungsanträge an das neue Prager Büro zu wenden.