Gross: Anzahl der Asylbewerber in Tschechien ist rapide angewachsen
Seit Januar dieses Jahres haben in Tschechien schon mehr Ausländer um Asyl angesucht als im gesamten Jahr 2000. Dafür ist die Anzahl der illegalen Grenzübertritte im ersten Halbjahr dieses Jahres um rund zehn Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres zurückgegangen. Dies sind nur zwei Eckdaten, mit denen der tschechische Innenminister Stanislav Gross in seinem Jahresbericht über die legale und illegale Migration, die Integration der Ausländer und Asylanten, die Rückführungsprogramme und die Entwicklungsprojekte auf der Kabinettssitzung am Montag aufwartete. Mit den Details macht Sie Lothar Martin vertraut.
Nahezu 250.000 illegale Übertritte an der tschechischen Grenze wurden in den letzten acht Jahren durch das hiesige Innenministerium verzeichnet. Eine Viertelmillion Menschen also, die sich unerlaubten Zutritt zum Land zwischen Erzgebirge und Beskiden, zwischen Böhmerwald und Riesengebirge verschaffen wollte. Rund 32.700 haben es im Jahr 2000 versucht - eine Zahl, die denen der vorangegangenen Jahre entspricht. Laut Aussage von Innenminister Gross wollten auf dem illegalen Wege vor allem Rumänen, Afghanen, Moldawier und Ukrainer nach Tschechien einreisen. Im bisherigen Verlauf dieses Jahres hat sich diese Situation jedoch ein wenig gebessert, so der Minister: "Im Vergleich mit dem gleichen Zeitraum des Vorjahres haben wir einen ca. zehnprozentigen Rückgang der illegalen Grenzübertritte an unserer Staatsgrenze zu verzeichnen. Das ist vor allem die Konsequenz dessen, dass wir systematische Schritte zur deren Eindämmung in die Wege geleitet haben, wie zum Beispiel die Errichtung operativer Fahndungstrupps der Polizei. Diese sind zunächst verstärkt an der östlichen Grenze zum Einsatz gekommen, gegen Ende des letzten Jahres jedoch ebenso an anderen Abschnitten unserer Staatsgrenze. Dabei haben die Fahndungstrupps eine verhältnismäßig hohe Effektivität erzielt."
Völlig entgegengesetzt zur rückläufigen Tendenz bei den illegalen Grenzübertritten verhält sich jedoch die Entwicklung in der Asyl-Problematik. Wie Gross auf einer Pressekonferenz am Montag in Prag ausführte, ist die Anzahl der Asylbewerber in Tschechien im ersten Halbjahr dieses Jahres rapide angestiegen. "Im gesamten Jahr 2000 beantragten rund 8800 Menschen Asyl, zum jetzigen Zeitpunkt haben wir schon 8900 Asylanträge seit dem Neujahrstag vorliegen," belegte Gross seine Aussage. Der Grund für diesen enormen Zustrom sei seiner Meinung nach die Tatsache, dass die Tschechische Republik immer mehr ein demokratischen Land von gutem Standard und somit zu einem lohnenden Ziel für die Flüchtlinge geworden ist. Laut Gross missbraucht eine Reihe von Ausländern das langwierige Asylverfahren dazu, um sich längere Zeit legal in der Tschechischen Republik aufhalten zu können, auch wenn sie offensichtlich keinen Anspruch auf die Gewährung von Asyl hätten. Diese Situation könne nur durch ein neues Asylgesetz gelöst werden, nach dem zum Beispiel schon in der Abfertigungshalle eines Flughafens ein unberechtigt gestellter Asylantrag abgelehnt werden kann.
Um knappe 28.000 Personen gesunken ist zum Ende vergangenen Jahres die Anzahl der ausländischen Personen, die sich legal im Lande aufhält. Von den rund 201.000 Ausländern mit einer längerfristigen oder dauerhaften Aufenthaltsgenehmigung kam laut dem Bericht mit mehr als 50.000 die größte Gruppe aus der Ukraine, gefolgt von den Bürgern aus der Slowakei mit mehr als 44.000 und den Vietnamesen mit mehr als 17.000 Personen. Unter den in Tschechien lebenden Ausländern wurden letztes Jahr 7261 strafrechtlich verfolgt. Das entspricht einem Anteil von 5,6 Prozent unter den in Tschechien strafrechtlich verfolgten Personen.