Haben sich die Medaillenträume der tschechischen Mannschaft erfüllt?
Ahoi und herzlich willkommen zum Sportreport von Radio Prag. Am Mikrofon begrüßt Sie Lothar Martin.
Als wir Ihnen vor zwei Wochen eine Übersicht gaben, wie viele Sportler die Tschechische Republik bei den XIX. Olympischen Winterspielen in Salt Lake City vertreten, da stellten wir Ihnen auch die größten Medaillenhoffnungen des Landes vor. Heute, nach dem elften Wettkampftag bei den Spielen, können wir bereits eine erste Bilanz darüber ziehen, inwieweit sich die Medaillenträume der tschechischen Mannschaft erfüllt haben. Denn bis auf die Eishockeyspieler, die nach Redaktionsschluss gegen Russland um den Einzug ins Halbfinale kämpften, haben die tschechischen Athleten, denen man eine Medaille zutraute, ihre Wettkämpfe bereits abgeschlossen. Mit welchem Erfolg, das verraten wir Ihnen in den nachfolgenden Minuten.
Darüber hinaus werfen wir noch einen Blick auf Europas Fußballfelder, sprich: in die Champions League. Denn in deren Zwischenrunde ist auch noch der tschechische Meister Sparta Prag vertreten, der sich am Dienstagabend anschickte, im Heimspiel gegen Panathinaikos Athen seine gute Ausgangsposition nach den ersten beiden Partien auszubauen. Ob dies gelang, darüber informieren wir Sie im zweiten Teil des Sportreports. Also bleiben Sie dran.
Als der olympische Wettkampfplan bekannt wurde, da kreuzten sich die tschechischen Sportexperten und -journalisten den 19. Februar gleich dick im Kalender an. Denn nach den bisher vorliegenden Weltcupergebnissen in dieser Saison sollten an diesem Tag gleich zwei Medaillenträume reifen: der über die 1,5-km-Sprintstrecke im Skilanglauf der Damen, bei der Katerina Neumannová die Favoritenrolle zufiel, und jener im Trickski-Springen der Männer, wo man Ales Valenta Chancen zubilligte. Letztere Hoffnung erfüllte sich über alle Erwartungen hinaus, jene im Skilanglauf hingegen zerplatzte wie eine Seifenblase.
Ales Valenta hat noch keinen einzigen Weltcup-Wettbewerb in der Freestyle-Konkurrenz der Skiakrobaten gewonnen. Stets reichte es lediglich zu zweiten, dritten oder vierten Plätzen. Doch am Tag X, bei den Olympischen Spielen in Salt Lake City, landete er den ganz großen Triumph. Und das deshalb, weil er alles riskierte, die Höchstschwierigkeit meisterte und somit alles gewann. Im zweiten Durchgang des Finalwettkampfes vollführte er nämlich einen waghalsigen Sprung, einen, wie ihn bisher noch keiner zeigte: einen dreifachen Salto mit fünffacher Schraube! Dieses Kunststück hatte Valenta erstmals beim Weltcup am 28. Januar im kanadischen Whistler gezeigt, doch da war es ihm nicht sonderlich gelungen, weshalb er noch auf den 15. Rang zurückgefallen war. Nichtsdestotrotz zog er seine Trumpfkarte im olympischen Finale erneut und für seinen Mut wurde Valenta belohnt. Vielleicht auch deshalb, weil seine Taktik voll aufging. Seinen eigenen Worten zufolge wollte er sich nämlich als Achter für den Finalwettbewerb qualifizieren, nach Durchgang 1 an fünfter Stelle liegen und danach mit seinem Supersprung angreifen, um die Konkurrenz unter Druck zu setzen. Am Ende konnte er freudig konstatieren, dass dieser Plan bis ins Detail genau aufging. Daher bedeutete es für ihn kein Risiko, diesen Sprung im zweiten Finaldurchgang anzugehen - im Gegenteil: "Selbstverständlich musste ich an mich glauben und aufs Ganze gehen. Das war halt ein Sprung, der entweder sitzt oder in die Hose geht. Aber im Finale kann man nicht auf Sicherheit springen, auf gar keinen Fall!" Seine ersten Gefühle nach der Landung hat Valenta so beschrieben: "Ich glaube, als ich gelandet bin und die Punktewertung sah, da habe ich mir schon eine Medaille ausgerechnet. Mir war es zunächst egal, welche. Mit der Goldmedaille liebäugelte ich allerdings kaum, denn ich rechnete noch stark mit dem Amerikaner Bergoust. Als dieser dann auch Nerven zeigte, war die Freude riesengroß."Noch Minuten nach der Entscheidung, die im Vorfeld der Spiele als erste ausverkauft war, wollte der 29-jährige Valenta noch immer nicht ganz wahrhaben, was er da gerade vollbracht hatte. "Ich kann es immer noch nicht fassen, ich bin so überglücklich. Aber das richtige Gefühl eines Olympiasiegers kommt sicher noch später in mir auf."
Ales Valenta ist nach Skispringer Jirí Raska, Eiskunstläufer Ondrej Nepela und der Eishockey-Nationalmannschaft erst der vierte tschechische bzw. tschechoslowakische Wintersportler, der bei Olympia Gold gewann. Valenta stammt aus Sumperk/Mährisch-Schönberg, wo er derzeit damit beschäftigt ist, sein Sprungzentrum Acrobat Park aufzubauen. Zu den Hobbys des noch ledigen Vollprofis gehören Musik und das Fotografieren.
Wo Licht ist, ist bekanntlich auch Schatten. Dabei wollte Katerina Neumannová, die erfahrene Skilangläuferin aus Písek in Südböhmen, bei dieser Olympiade endlich aus dem Schatten der anderen ganz großen Läuferinnen heraustreten. Doch es langte wieder "nur", wenn man das überhaupt so sagen darf, zu einer Bronzemedaille. Diese holte sie gleich im Auftaktrennen der Spiele, über die 15-km-Distanz im freien Stil. Mit diesem Faustpfand im Rücken wollte sie auch in der Kombination von 5km klassisch und 5 km Skating sowie vor allem auf der 1,5-km-Sprintstrecke auftrumpfen. Doch in der erstgenannten Entscheidung verfehlte sie die erhoffte Medaille auf der Ziellinie um eine ganze Zehntelsekunde, und das ausgerechnet an ihrem 29. Geburtstag! Im Sprint wiederum hatte sie verwachst, weshalb sie im Viertelfinale entnervt und ohne Chance auf der Zielgeraden aufgab. Am Ende blieb ihr der nur wenig zufriedenstellende 9. Platz. Denn Rennausgang schilderte sie wie folgt: "Ich kann nicht beurteilen, warum es nicht lief bei mir. Seit dem Morgen hat sich der Schnee immer mehr erwärmt und ist weicher geworden, was mir nicht liegt. Ich habe alles versucht, was in meinen Kräften stand, doch ich hatte keine Chance. Die anderen waren einfach besser."Ja, die Anerkennung der Leistungen anderer, das zeichnet große Sportler aus, zu denen Katerina Neumannová fraglos gehört. Auf den ganz großen Erfolg muss die sympathische Skidame allerdings noch warten. Vielleicht probiert sie es in vier Jahren in Turin - dann als 33-jährige - ja auf ein Neues.
Auf ein Neues ging es auch für die Fußballer von Sparta Prag in der Champions League. Oder besser gesagt: Um die Bewahrung ihrer guten Ausgangsposition in der Zwischenrunde, in der sie nach dem 1:0-Sieg in Porto auf Platz 2 in der Gruppe C gelegen hatten. Aber die im letzten Herbst so herzerfrischend auftrumpfende Sparta-Elf gibt es anscheinend nicht mehr. Mit Martin Hasek zu Austria Wien und Vladimír Labant zu West Ham United verließen zwei wichtige Stützen in der Winterpause den Verein und konnten nicht gleichwertig ersetzt werden. Zudem ging der tschechische Meister mit einer Reihe von Verletzten und alles andere als in guter Form in die Frühjahrsserie. Deswegen kam das Champions-League-Heimspiel gegen Panathinaikos Athen leider ungelegen und wurde prompt verloren. Mein Kommentar zum Spiel fiel daher auch nicht gerade begeisternd aus:
Es blieb am Ende bei der verdienten 0:2-Niederlage, die auch Sparta-Trainer Jaroslav Hrebík nicht beschönigen wollte. Auf der Pressekonferenz war ihm nicht nur die Enttäuschung darüber anzumerken, sondern auch ein Schuss von Resignation, nachdem er zuvor 90 Minuten lang miterleben musste, wie sein im Herbst prima ineinandergreifendes Ensemble in all seine Einzelteile zerfiel und dieser Zustand wahrscheinlich nicht so schnell zu beheben ist. Der tschechische Fußball ist demnach wieder um eine Hoffnung ärmer.
Doch so ist der Sport - es geht hoch und runter. Für uns aber geht die heutige Sendung schon wieder zu Ende.