Havel: "Deutsch-tschechischer Präsident"

Vaclav Havel (Foto: CTK)

Václav Havel war im Bereich der deutsch-tschechischen Beziehungen ohne Zweifel sehr aktiv. Er hat versucht, in dieser Frage auf die Meinung der Bürger Einfluss zu nehmen, und tat dies auch oft mit in Tschechien eher unpopulären Aussagen. Unser Mitarbeiter Martin Jezek hat Jan Hon, Mitglied der "Union für gute Nachbarschaft", um eine Beurteilung Havels in dieser Hinsicht gebeten.

Vaclav Havel  (Foto: CTK)
Václav Havel, dessen Amtszeit in wenigen Tagen zu Ende geht, hat zunächst als tschechoslowakischer und dann als tschechischer Präsident die Meinung der Öffentlichkeit in der deutschen Frage stark und positiv beeinflusst. Er war es auch, der sich als erster für das Unrecht der Vertreibung entschuldigt hat. Jan Hon, der lange Zeit Mitglied des Büros des Präsidenten war, erzählt, wo bei Vaclav Havel seiner Meinung nach die Wurzeln für die Beschäftigung mit den deutsch-tschechischen Beziehungen zu suchen sind.

"Über mehrere Jahre hinweg ist diese Frage bereits im Dissidentenmilieu diskutiert worden. Mit den Beziehungen in Deutschland musste man etwas machen. Nicht nur deswegen, weil die diplomatischen Beziehungen problematisch waren. Es war auch wichtig, dass die Gesellschaft in den eigenen historischen Spiegel schauen musste. Nicht nur im Kontext der Reichsdeutschen, sondern auch der ehemaligen deutschen Mitbürger", sagte Jan Hon.

Das Thema der Vertreibung der Sudentendeutschen war während der dreizehnjährigen Amtszeit von Vaclav Havel stets präsent. Havel hatte hier eine idealistische, ja moralistische Ansicht.

"Die Vertreibung sieht er als Unrecht, als moralisch falsche Tat. Faktisch hat sie zunächst nur die deutschen Bürger betroffen, aber im breiteren Sinne war sie für die ganze Gesellschaft negativ. So hat er das verstanden und stets verteidigt", sagte Jan Hon.

Dagmar Havlova und Vaclav Havel  (Foto: CTK)
Gerade dies wurde hierzulande von vielen Menschen kritisiert. Und Havel hat sich auch für die Vertreibung als erster entschuldigt.

"Das war unbestritten ein konstruktiver Schritt. Ein positiver Schritt. Obwohl er bei Politikern und Öffentlichkeit auf Widerstand stieß. Es ist sogar bekannt, dass ein von der Okkupation betroffener deshalb einen Hungerstreik begann. Havel ist aber nur seiner Meinung gefolgt, dass man in Wahrheit leben soll. Das war die Grundlage für seine Ansichten", sagte Jan Hon.