Havels Abschiedsreigen führt auch nach Brno

Vaclav Havel und Dagmar Havlova (Foto: CTK)

Die tschechische Innenpolitik hat mit dem bevorstehenden Ende der Amtszeit von Präsident Vaclav Havel zurzeit einen eindeutigen Themenschwerpunkt. Tagtäglich wird über Havels Zeit als Staatsoberhaupt, über die anstehenden Wahlen und über mögliche Nachfolger diskutiert. Und freilich hat auch der Präsident selbst gerade in den letzten Tagen einen übervollen Terminkalender. Nachdem sich Havel am Dienstag von den in Prag tätigen ausländischen Botschaftern verabschiedet hatte, sah das Programm für Mittwoch einen Abschiedsbesuch in Brno / Brünn vor. Gerald Schubert berichtet:

V. Havel mit den Repräsentanten des Verfassungsgerichts  (Foto: CTK)
Es gibt wohl mehrere Gründe, warum Präsident Vaclav Havel persönlich nach Brünn kommt, um sich offiziell von Funktionsträgern aus Politik und öffentlicher Verwaltung zu verabschieden. Die mährische Metropole ist immerhin die zweitgrößte Stadt der Tschechischen Republik. Außerdem haben hier auch einige gesamtstaatliche Verwaltungseinrichtungen - vorrangig aus dem Justizbereich - ihren Hauptsitz, so zum Beispiel das Verfassungsgericht, das Verwaltungsgericht und der Oberste Gerichtshof. Treffen mit den dortigen Repräsentanten standen daher ebenso auf dem Programm wie ein gemeinsames Mittagessen mit der obersten Staatsanwältin Marie Benesova, dem Chef des Amtes zum Schutz des wirtschaftlichen Wettbewerbs, Josef Bednar, und dem Ombudsmann Otakar Motejl. Gerade letzterer war übrigens noch vor kurzer Zeit als relativ aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge Havels im Gespräch gewesen. Seine Chancen sind allerdings durch ein parteiinternes Referendum der Sozialdemokraten gesunken, in denen Motejl sich nur an dritter Stelle platzieren konnte.

Auch der Brünner Bürgermeister Petr Duchon sowie der Landeshauptmann des südmährischen Landkreises, Stanislav Juranek, haben sich auf einen Abschiedsbesuch Havels vorbereitet. Letzterer merkte dazu an:

"Ich persönlich weiß es zu schätzen, dass wir der erste Landkreis waren, den Havel besucht hat, seit Landkreise überhaupt existieren. Und wie es aussieht werden wir auch der letzte sein. Jedenfalls will ich mich im Namen unseres Landkreises und auch in meinem eigenen Namen vom Präsidenten verabschieden und mich für das Entgegenkommen zu bedanken, das er in Fragen der regionalen Verwaltung stets gezeigt hat."

Vaclav Havel und Dagmar Havlova  (Foto: CTK)
Übrigens: Was das vorhin erwähnte Verfassungsgericht betrifft, so ist es für eine definitive Verabschiedung Vaclav Havels eigentlich noch zu früh. Denn nachdem einer der Verfassungsrichter im vorigen Monat verstorben ist, gibt es für Havel noch die Möglichkeit, dessen Nachfolger zu ernennen und damit ein letztes Mal in die Zusammensetzung jenes - auch für die Legislatur mitentscheidenden - Gremiums einzugreifen. Die Personalentscheidungen des Präsidenten waren von dessen politischen Gegnern immer wieder kritisiert worden. Dem Senat, der der Ernennung noch zustimmen muss, hat Havel diesmal Jiri Mucha vorgeschlagen, den ehemaligen tschechischen Botschafter beim Europarat in Strassburg.