Kritik an Havel
Jahrelang galt er als die Ikone in der tschechischen Politlandschaft: Staatspräsident Vaclav Havel. Doch nun, da sich seine letzte Amtszeit auf der Prager Burg ihrem Ende neigt, nimmt die Kritik an dem "Dichterpräsidenten" zu. Olaf Barth berichtet.
Doch nicht nur von Seiten seines Erzkontrahenten wird Havel kritisiert. Der stellvertretende Vorsitzende der ODS, Ivan Langer, hatte das z.T. langwierige präsidiale Amnestieverfahren beanstandet. Das Zögern des Präsidenten bei der Erteilung oder Nichterteilung von Begnadigungen habe in einem Einzelfall gar zur Verschleppung des Verfahrens geführt, äußerte Langer. In einer Debatte des Abgeordnetenhauses schlossen sich zahlreiche Mandatsträger dieser Kritik an. Zu den Angriffen gegen seine Person erklärte Vaclav Havel gegenüber dem Tschechischen Rundfunk:
"Wir treten in die Phase des Wahlkampfes ein. In dieser Zeit nehmen die Spannungen auf der politischen Bühne im allgemeinen zu. Warum ausgerechnet ich im Brennpunkt der Auseinandersetzungen stehe, ist mir allerdings nicht klar, da ich zum einen keiner Partei angehöre und mein Mandat zudem schon bald endet."
Weiteres Aufsehen erregte der von der Tageszeitung Mlada fronta DNES an die Öffentlichkeit gezerrte Skandal um die Geheimdienstvergangenheit zweier Mitglieder der Präsidentengarde. Havel weist jedoch darauf hin, dass die Betroffenen bereits im vergangenen Jahr aus dem Dienst entlassen wurden, nachdem sie die Sicherheitsüberprüfung nicht bestanden hatten. Die Tatsache, dass die Angelegenheit ausgerechnet jetzt publiziert werde, sei laut Havel aber kein Zufall.
Doch auch die Gewerkschaften mäkeln derzeit am Präsidenten rum: Havels Veto gegen das vom Parlament verabschiedete Gesetz über die Finanzierung inm Sozial-und Gesundheitswesen gefährde die Alters- und Gesundheitsversorgung der Bergleute, meint deren Gewerkschaftsführer Cyril Zapletal und erläutert:
"Der Präsident hat damit die soziale und ökonomische Situation von mehr als 60 000 Menschen gefährdet. Denn nun gibt es keine Möglichkeit mehr die Gelder aus dem Staatshaushalt zur Verfügung zu stellen und das ist etwas, was der Präsident nicht versteht. Ich persönlich denke, dass seine diesbezügliche Entscheidung falsch ist, weil sie die Menschen ihrer Absicherung beraubt."
Jede Menge Kritik also, mit der sich das tschechische Staatsoberhaupt derzeit herumschlagen muss.