"Mit Dampfschiff durch Prag" - Ausstellung über die Geschichte der Prager Dampfschifffahrt
Zu Prag gehört untrennbar die Moldau, und zu dieser wiederum Schiffe und Flöße. Flöße kann man heutzutage in der tschechischen Hauptstadt nicht mehr erleben, aber von Schiffen verschiedener Art wimmelt es in der Sommersaison an der Moldau schon. Mit Dampfschiffen kann man jedoch nicht nur Rundfahrten durch Prag, sondern auch Ausflüge in die Prager Umgebung unternehmen. Wann versuchten die aufgeklärten Prager zum ersten Mal mit Dampfschiffen durch die Moldaumetropole zu reisen, und wie sahen damals diese ersten Moldaukreuzer aus? Auf diese sowie auf viele andere Fragen kann man Antwort in einer einzigartigen Ausstellung finden, die zur Zeit unter dem Titel "Mit dem Dampfschiff durch Prag" im Prager Nationalmuseum stattfindet. Die Ausstellung wurde im Rahmen des Projektes "Prag - europäische Kulturstadt 2000" zusammengestellt und wird bis zum 1. Oktober dieses Jahres dauern.
Aus historischen Quellen weiß man, dass es unter der Herrschaft Johanns von Luxemburg - um das Jahr 1320 - eine Verordnung gegeben hat, die den Personentransport auf Flößen in Prag betraf. Einer Aufzeichnung aus dem Jahr 1470 zufolge soll diese Art der Fortbewegung viel sicherer gewesen sein, als das Reisen auf den Straßen, wo sich zu der Zeit allerlei Diebesvolk herumgetrieben hat.
Die ersten Versuche, Moldau schiffbar zu machen, sind mit dem Jahr 1366 verbunden - also mit dem Herrscher Karl IV. Dieser ließ alle Schleusen mit Floßtüren ausstatten. Unter den Habsburgern - seit dem 16. Jahrhundert wurde auf dem Flussweg - also an der Moldau - Salz aus Österreich transportiert. Im 18. Jahrhundert wurde an der Moldau vor allem Holz befördert.
Wann tauchten jedoch in der Moldaumetropole die ersten richtigen Dampfschiffe auf? Mit ein wenig Großzügigkeit kann man für die erste Dampfschifffahrt an der Moldau den Versuch halten, bei dem der Mechaniker Josef Bozek am 1. Juni 1817 bei der Kaisermühle im Königlichen Wildgehege das - Zitat "erste Dampfschiff, das stromaufwärts fahren kann" vorführte. Er nahm damals neun Passagiere mit.
Der plötzliche Sturm zwang Bozek jedoch, die Fahrt vorzeitig abzubrechen, wobei einige Reisende vor Angst ins Wasser sprangen. Niemand ertrank zwar, aber das Publikum, das auf dem Ufer das Spektakel beobachtete, flüchtete, von Panik ergriffen. Da sich damals viele Zuschauer versammelten, wurde auch verhältnismäßig viel Geld für den Eintritt kassiert. Die entstandene Panik nutzte ein unbekannter Dieb und klaute die Kasse mit dem Geld. Der unglückliche Bozek hielt es nicht mehr aus und hatte sein Schiff samt Dampfmaschine zerschlagen.
Das erste echte Dampfschiff, das auf der Moldau auftauchte, hieß "Bohemia". Es wurde in der Fabrik Rustonka in Karlin konstruiert und am 1. Mai 1841 feierlich auf der Rohan-Insel vor Stapel gelassen. Es handelte sich um ein großes Ereignis, das wieder zahlreiche Zuschauer anlockte. Das Dampfschiff war jedoch nicht für die Prager Dampfschifffahrt bestimmt. Es fuhr nur zur Schleuse im heutigen Stadtteil Liben, dort kehrte es um Richtung Obristvi an der Elbe und von dort aus setzte es die Fahrt weiter nach Dresden fort. Seitdem wurde das Schiff an der Elbe benutzt.
16 Jahre sind seit diesem Ereignis vergangen. Anfang des Jahres 1857 wurde ein Dampfschiff Namens "Stanislaus" in Deutschland gekauft, das bis zu dieser Zeit seinen Hauptanlegeplatz am Neckar hatte. Stanislaus sollte der Prager Personen-Schifffahrt dienen. Das Schiff befand sich jedoch offensichtlich in einem erbärmlichen Zustand, und seine Reparatur dauerte mehr als vier Monate. Danach wurde es nach dem damaligen Statthalter "Mecsery" benannt. Am 28. Juli 1857 wurde die regelmäßige Schifffahrt aus Prag nach Stechovice eröffnet. Jedoch schon unweit von Chuchle lief das Schiff auf Sand. Die Passagiere, unter denen Ehrengäste waren, mussten aussteigen und zu Fuß oder mit kleinen Booten zurück nach Hause reisen.
Nach einer Reparatur wurde die Eröffnungsfahrt wiederholt. Bei diesem zweiten Versuch erreichte das Schiff zwar Zbraslav/Königsaal - heute gehört es zum fünften Stadtbezirk - aber mit einem Loch im Boden. Die Passagiere, um wenigstens teilweise das Programm einzuhalten, setzten die Fahrt in Booten Richtung Vrane fort und danach kehrten sie zu Fuß nach Prag zurück. Damit endete die Moldau-Karriere des Dampfschiffes Mecsery. Die Eröffnung der Prager Dampfschifffahrt wurde um weitere acht Jahre verschoben.
Endlich kam der 25. August 1865. Schon in frühen Morgenstunden konnte man den Raddampfer mit dem Namen "Prag" bewundern, der in der Fabrik Rustonka in Karlin konstruiert wurde. Das Schiff wartete unweit der Ziegelfabrik Doubek neben dem Wasserturm - ungefähr dort, wo sich heute die Galerie Manes befindet. An der Eröffnugnsfahrt nach Stechovice sollten Ehrengäste teilnehmen. Den Zeitungsberichten zufolge hatte sich damals in der Nähe des Anlegeplatzes eine unübersichtliche Menschenmenge versammelt, die die Ankunft der Gäste und die Vorbereitungen der Fahrt laut kommentierten.
Um genau 9 Uhr ging der Dampfer vor Stapel. Er war fünf Meter breit und mehr als 40 Meter lang. Der Himmel war blau, der Wasserstand sehr günstig. Die Fahrt des Dampfers Prag wurde auch von vielen Menschen in kleinen Booten beobachtet, viele Ruderer versuchten, mit dem Dampfer wenigstens einige Minuten lang Schritt zu halten. Als der Dampfer Chuchle erreichte, wurde den Gästen Erfrischung serviert - das Menü bestand damals aus einem Bouillon, Kaviar, Sardinen, Schinken, Hühnchen, Pilsner Bier und Bordeaux-Wein. Bei Zbraslav hielt der Dampfer - dort wurde er von einem Chor begrüßt. In Vrane erwarteten Trompeter und Trommler das moderne Schiff. Nach 4 Stunden und drei Minuten erreichte der Dampfer Stechovice. Dort gab es wieder Grußworte und offizielle Ansprachen.
Die Rückreise legte der Dampfer ohne Zwischenlandungen in zwei Stunden und vier Minuten zurück. Endlich war also die Eröffnungsfahrt gelungen. Es war unter anderem ein Verdienst von Frantisek Dittrich, der in Podskali Holz verkaufte und später Prager Oberbürgermeister wurde. Am nächsten Tag wurde dann der fahrplanmäßige Schiffsverkehr aufgenommen. Es handelte sich damals noch nicht um Vergnügungsfahrten, sondern um Beförderungsfahrten im Rahmen eines normalen Personenverkehrs. Dittrich verdanken die Prager also die Gründung der Böhmischen Moldau-Dampfschifffahrt-Aktiengesellschaft.
"Prazska paroplavebni spolecnost" zu deutsch etwa "Prager Dampfschifffahrt-Gesellschaft" heißt die Aktiengesellschaft, die heute Fahrten mit historischen Dampfer- und Motorschiffen auf der Moldau anbietet. Den Interessenten stehen historische Dampfer Namens Vysehrad und Vltava sowie Motorschiffe Luznice, Hamburg, Berounka, Odra und Visla zur Verfügung. Der Hauptanlegeplatz der Prager Dampfschifffahrt befindet sich am Rasin-Ufer, zwischen den Palacky- und Jirasek-Brücken - unweit der Metro-Station Karlsplatz.
Beliebt sind längere oder kürzere Rundfahrten durch Prag, aber auch Fahrten vom Hauptanlegeplatz in den Stadteil Troja, wo sich ein gleichnamiges Schloss und auch der Prager Tiergarten befinden. Mit einem historischen Radschaufeldampfer kann man aber auch z.B. eine Fahrt bis nach Melnik - bis zu dem Zusammenfluss der Moldau und der Elbe - unternehmen. Dies ist jedoch schon ein neues Kapitel in der Geschichte der Prager Dampfschifffahrt.
Über die Anfänge der Prager Dampfschifffahrt kann man mehr in der bereits erwähnten Ausstellung erfahren, die zur Zeit im Nationalmuseum am Wenzelsplatz stattfindet.