Mit der "Metro" in die U-Bahn/ Vorstellung von Prags auflagenstärkster Tageszeitung
"Im Spiegel der Medien", meine Damen und Herren, stellen wir Ihnen heute eine Zeitung vor, die täglich Tausenden Pragern auf dem Weg zur Arbeit als Lektüre dient und die mit einer Auflage von 200.000 Exemplaren, welche Tag für Tag kostenlos unter die Leute gebracht werden, die meistgelesene Prager Zeitung ist.
Die Metro - für viele der 1,2 Mio Prager das schnellste Verkehrsmittel auf dem täglichen Weg zur Arbeit. Sitzplätze gibt es zu den Stoßzeiten selten - aber es gibt kostenlose Lektüre: Jeden Morgen, 5x die Woche, zwischen 6.30 und 8.00 gelangt die Zeitung Metro an die Prager U-Bahnhöfe und liegt dort entweder in Korbständer zur Selbstbedienung aus oder wird den Fahrgästen bei Bedarf von Boten direkt in die Hand gedrückt. Wer zu spät kommt, hat Pech und geht leer aus, die 200.000 Exemplare werden Tag für Tag problemlos unter die Leute gebracht und laut Meinungsumfragen würde auch eine doppelt so hohe Auflage weggehen wie warme Semmeln. Vaclav Bendl, Chefredakteur von Metro:
"Wir wollen eine Zeitung sein, die man innerhalb von 20 Minuten durchlesen kann. Das ist ein Blatt für den Weg zur Arbeit - wenn man es in 5 Minuten durchhätte, wäre das schlecht, wenn man eine Stunde dafür bräuchte, ebenfalls."
Nach diesem Kriterium richte sich auch die inhaltliche Gestaltung der Zeitung, so Bendl:
"Priorität haben bei uns in erster Linie Informationen, an zweiter Stelle steht Unterhaltung. Wir drucken kurze Nachrichten ab, attraktive Fotos, aber wir wollen in keinem Fall eine Boulevardzeitung sein, das vermeiden wir sowohl bei den Texten als auch bei den Bildern. Wir bemühen uns, ein angenehmes und freundliches Blatt zu sein, das unparteiisch, treffend, zuverlässig und schnell informiert."
Die Zeitung Metro ist keine Prager Erfindung. Als internationales Unternehmen mit Hauptsitz in London und Luxemburg verfolgt sie ein weltweites Konzept und erscheint mittlerweile in 25 Großstädten Europas, Asiens und Amerikas. Das Prinzip ist überall dasselbe: die Zeitung trägt sich zu 100% aus Inseraten und will eine möglichst hohe Zahl von Lesern durch zuverlässige, schnelle und kostenlose Information erreichen. Auch was die inhaltliche Gestaltung anbelangt, gibt es regelmäßige Absprachen zwischen den 25 Metro-Redaktionen, deren Chefredakteure in täglichem Kontakt miteinander stehen:
"Seit etwa 1 1/2 Jahren gibt es eine Art Datenbank, in die wir Artikel einstellen bzw. aus der wir regelmäßig Artikel anderer Redaktionen abrufen. Für diese Artikel-Datenbank gibt es einen gesonderten Administrator. Und im Rahmen dieses Dienstes, den wir "Metro world news" nennen, tauschen die einzelnen Redaktionen regelmäßig Artikel aus. Manche Beiträge werden von fast allen Metro-Redaktionen genommen. Oder aber wir sprechen uns mit den jeweiligen Kollegen in den jeweiligen Redaktionen ab und tauschen gezielt einzelne Artikel aus. Kürzlich hatten wir beispielsweise einen Beitrag über den Hockey-Spieler Dominik Hasek, der ist auf ziemlich großes Interesse gestoßen. Dieser Austausch findet täglich statt und neben der tschechischen Nachrichtenagentur CTK ist diese Artikel-Datenbank unsere zweitwichtigste Informationsquelle."
Neben den Gemeinsamkeiten gibt es aber auch Unterschiede zwischen den Metro-Ausgaben in den einzelnen Ländern, insbesondere im Anzeigen-Geschäft. Etwa 50% jeder Metro-Ausgabe besteht aus Reklame und Kleinanzeigen unterschiedlicher Art, wobei diese sich - von Land zu Land verschieden - jeweils an der Hauptleserschicht orientieren. Vaclav Bendl:
"Natürlich finden Sie bei uns in Prag keine Inserate von Volvo oder Mercedes, also Reklame für die Oberschicht. Dennoch gibt es für unsere Inserenten genügend Möglichkeiten, die Leser zu erreichen. Denn unser großer Vorteil ist der, dass wir imstande sind, mit unserer Zeitung - der auflagen stärksten in Prag - binnen."
Den typischen Metro-Leser beschreibt Vaclav Bendl dabei so:
"Unser typischer Leser entspricht dem typischen Prager. Sowohl, was die Zahl der Leser im Rentenalter oder der Anteil von jungen Menschen oder Frauen betrifft - in allen Fällen spiegelt es quasi identisch die demographischen Daten der Stadt Prag wider."
Worin sich der durchschnittliche Prager Metro-Leser von den Lesern in den anderen 24 Städten unterscheide? Nach einigem Überlegen fällt Chefredakteur Vaclav Bendl eine Besonderheit der Prager Stammleser ein:
"Der Unterschied ist der, dass sich bei uns mehr Leser für Sport interessieren als in anderen Ländern - Spanien, Italien und Griechenland einmal ausgenommen. Unterhaltung und Show-Business hingegen sind für unsere Leser nicht so attraktiv. Wir sind ein kleines Land und haben im Gegensatz zu den anderen Ländern, in denen Metro erscheint, wenige Stars im Bereich der Pop-Musik oder wenig welt bekannte Schauspieler. Im Sport hingegen ist das anders. Sehr wenig Interesse haben unsere Leser an speziellen Seiten für Frauen, an Computer-Themen, an moderner Technik etc. Ob das nur eine Frage der Zeit ist, wird sich herausstellen. Derweil geben wir denjenigen Themen den Vorrang, von denen wir wissen, dass sie unsere Leser interessieren."
Für diesen Sommer plant die Prager Metro-Redaktion erstmals zwei Sonder-Ausgaben für Touristen, die während der Hochsaison bekanntlich einen unübersehbaren Teil der Prager Metro-Fahrgäste ausmachen.
"Wir wollen den Touristen Informationen bieten, die bei ihrem ersten Prag-Besuch nützlich für sie sein können: Interessante Plätze, Restaurants, Souvenirläden. Und natürlich wollen wir den Touristen Ratschläge geben, die wichtig sind für jemanden, der Tschechien nicht kennt. Angefangen von den mittlerweile schon berühmt-berüchtigten Taxifahrern bis hin zu den Möglichkeiten ärztlicher Versorgung. Die erste dieser Sonder-Ausgaben soll Anfang August herauskommen - vorausgesetzt, wir werden in der Lage sein, sie zu finanzieren."