Nachrichten

Havels Neujahrsansprache

Staatspräsident Vaclav Havel hat in seiner heutigen Neujahrsansprache vor allem auf die, den tschechischen Bürgern im neuen Jahr bevorstehenden Herausforderungen und Aufgaben hingewiesen. Er bezeichnete das Jahr 2002 als ein Jahr des Umbruchs. Erst jetzt, rund 12 Jahre nach dem Fall des Kommunismus, werde man über den künftigen Charakter des Staates und seiner Gesellschaft entscheiden, meinte Havel. Neben der Lösung von globalen Problemen gehe es darum, mitzubestimmen, wer und was im öffentlichen Leben und damit schließlich auch im Leben eines jeden Einzelnen demnächst vorherrschen soll:

Wird man eine tatsächlich offene Bürgergesellschaft haben , die jedem ermöglicht, seinen eigenen Weg zu gehen oder Wird immer die selbe Bruderschaft die politische, ökonomische und mediale Macht in ihren Händen halten? Beide Möglichkeiten seien derzeit gleichermaßen gegeben, befindet der Präsident und führt aus: "Unter uns leben sogenannte Normalisatoren, die die Fäden der Macht gerne in den Händen halten wollen, sei es in den Konzernen, in den Medien oder in den Volksvertretungen. Aber es gibt auch Hunderttausende jener Bürger, die trotz aller bürokratischer Hindernisse seriöse Unternehmen führen, die ihre Unternehmungen als ein Schaffen bestimmter Werte verstehen oder eben jene, die als Angestellte nur auf eine Weise arbeiten, nämlich auf die bestmögliche." Diese und all jene Soldaten, Richter, Gewerkschafter - tapfere Bürger, wie Havel sie nennt - sollten sich darüber klar werden, wie sie dem aufkommenden Mafiatum und den mafiaartigen Erscheinungsformen des Kapitalismus die Stirn bieten wollen und wie man die Macht des Rechts und des Bürgers und seiner Verbände stärken könnte. Man müsse aber auch überlegen, wie man die allgemeine Ehrfurcht vor der moralischen und rechtlichen Ordnung stärken könne, ohne dass man weitere Tonnen von Paragraphen benötigt, die letzten Endes nicht nur nicht respektiert werden, sondern in denen sich auch kaum ein Mensch auskennt.

In einem weiteren Teil seiner Rede, widmete sich der Präsident dem Thema der europäischen Integration und der tschechischen Rolle in diesem Prozess. "Europa war immer ein einziger großer, wenn auch sehr kompliziert strukturierter politischer Körper. Seine innere Ordnung wurde jedoch immer den Schwächeren durch die Stärkeren aufgezwungen. Und wenn sich die Schwächeren in einer würdigen Position zu behaupten vermochten, dann oft nur zu dem Preis unendlicher Opfer. Die 50 Jahre der europäischen Integration gelten als historisch erster Versuch, Europa eine gerechte Gestalt zu verleihen - in vollem Respekt für alle, die sich daran beteiligen. Mit ihren Auswirkungen kommt diese Integration allen Europäern zugute und ihr ist es zu verdanken, dass auf unserem Kontinent schon so lange Frieden herrscht. Es besteht die reale Chance, dass entsprechende Verhandlungen in diesem Jahr beendet werden und der Vertrag über den Beitritt Tschechiens zur EU vorbereitet oder sogar unterzeichnet wird. Auch diese Chance gilt als Bestätigung dafür, dass es sich diesmal um ein Jahr des Umbruchs handeln wird."

Für die Tschechen sei dies eine Chance, so Havel weiter, zum ersten Mal in ihrer Geschichte zu einem festen Bestandteil eines solidarischen und tatsächlich auch demokratischen Bündnisses zu werden. Seiner Meinung nach kann man verschiedene Meinungen über eine optimale Gestaltung Europas vertreten. Sollte man aber hierzulande den verlaufenden Integrationsprozess problematisieren bzw. hinauszögern wollen, dann würde man - so Havel wörtlich - "unser eigenes Schicksal sowie das unserer Nachfahren aufs Spiel setzen."

Ruhige Silvesterfeiern in Prag

Zum Jahreswechsel 2001/2002 mussten die Prager Bürger diesmal ohne ein großes offiziell organisiertes Feuerwerk auskommen. Doch sowohl die Verantwortlichen verschiedener Stadtteile als auch die Prager selbst sorgten dafür, dass der Nachthimmel über der Hauptstadt hell und bunt erleuchtet war.

Viel ruhiger als in den vergangenen Jahren sei es gewesen, meldeten Polizei, Prager Feuerwehr und Sanitätsdienste einhellig. Zu den schwersten Fällen, die die Sanitäter zu behandeln hatten, gehörten einige leichtere Verletzungen als Folge des falschen Umgangs mit Feuerwerkskörpern sowie vereinzelte Alkoholvergiftungen. Lediglich auf dem Altstädter Ring, wo ca. 15 000 Menschen das neue Jahr begrüßten, musste die Polizei eingreifen als zwei Ausländer den dort aufgestellten Weihnachtsbaum erklommen hatten.

Kalamitätszustand in vielen tschechischen Kreisen ausgerufen

Schwere Schneeverwehungen sind der Grund dafür, dass in vielen Kreisen Tschechiens am Mittwochmorgen erneut der Kalamitätszustand ausgerufen wurde. Das bedeutet, dass in diesen Bereichen selbst die Hauptverkehrsverbindungen nur mit Winterausrüstung befahrbar und viele kleinere Straßen gesperrt sind. Betroffen sind vor allem die schlesisch-mährischen Kreise sowie die Gebirgsregionen - aber auch in Mittelböhmen wurde die Warnung herausgegeben.

Zeman für gemeinsame EU-Sicherheits- und Sozialpolitik

Unterschiedliche Meinungen zur europäischen Sicherheits- und Sozialpolitik vertraten in einer Neujahrs-Gesprächsrunde bei Privatfernsehsender Nova Premier Milos Zeman und Abgeordnetenhausvorsitzender Vaclav Klaus.

Während sich der Regierungschef für eine gemeinsame europäische Sicherheits- und Sozialpolitik stark macht, äußerte Klaus, es bedürfe keiner zweiten NATO. Zeman betonte jedoch, dass es seiner Meinung nach nützlich wäre, wenn die NATO auf zwei Pfeilern ruhen würde - einem amerikanischen und einem europäischen. Der Premier sprach sich auch für eine gemeinsame europäische Außenpolitik aus.

Autor: Olaf Barth
abspielen