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Havel für gemeinsamen Präsidentschaftskandidaten der Parteien oder Direktwahl des Präsidenten

Nachdem am Freitag in Tschechien zum zweiten Mal die Wahl eines neuen Präsidenten gescheitert war, hat sich Amtsinhaber Vaclav Havel dafür ausgesprochen, dass die politischen Parteien sich entweder im Voraus auf einen gemeinsamen Präsidentschaftskandidaten einigen oder aber das Staatsoberhaupt direkt vom tschechischen Volk gewählt wird. Die Patt-Situation im tschechischen Parlament lege diese beiden Varianten nahe, hieß es am Freitagabend aus der Präsidentenkanzlei in Prag. Keiner der bisherigen Kandidaten konnte am Freitag in drei Wahlgängen die erforderliche Stimmenmehrheit beider Parlamentskammern auf sich vereinen. Dem langjährigen Vorsitzenden der demokratischen Bürgerpartei (ODS), Vaclav Klaus, fehlten im dritten Wahlgang 14 Stimmen zum Wahlsieg. Damit es zur Direktwahl des Präsidenten durch das Volk kommen kann, müsste zunächst die Verfassung geändert werden. Dies würde bedeuten, dass Tschechien einige Monate ohne Staatsoberhaupt wäre.

Spidla: Hauptgrund für Scheitern der Präsidentschaftswahl war falsche Strategie

Der Hauptgrund für das Scheitern der Präsidentschaftswahl war nach Ansicht von Premierminister Vladimir Spidla eine ungeeignete Strategie. Dies sagte Spidla am Samstag vor einem Treffen mit Delegierten der Prager Bezirksorganisation der Sozialdemokraten (CSSD). Die Partei habe einen Fehler gemacht, indem sie einen Kandidaten aus ihrem innersten Kern, den ehemaligen Parteivorsitzenden Milos Zeman, nominiert habe. Er fühle sich für die Konzeption der Parteipolitik politisch verantwortlich, werde sich jedoch auf dem CSSD-Parteitag Ende März in jedem Fall wieder als Parteivorsitzender zur Wahl stellen, so Spidla. Neben der Prager CSSD traten am Samstag auch weitere Bezirksorganisationen der Sozialdemokraten zusammen, um sich auf den Parteitag im März vorzubereiten.

Spidla trifft sich nächste Woche mit politischen Parteien zu Beratungen über Präsidentenwahl

Um über eine Lösung der nach der erfolglosen Präsidentenwahl am Freitag entstandenen Patt-Situation im Parlament zu beraten, will Premier Vladimir Spidla möglicherweise bereits Anfang kommender Woche Vertreter aller politischen Gruppierungen zusammenrufen. Die nächste Wahl müsse erfolgreich sein, oder es werde eine Direktwahl geben, sagte Spidla am Freitagabend vor Journalisten.

Svoboda schließt erneut "Null-Variante" für Temelin aus

Der tschechische Außenminister und Vorsitzende der Christdemokraten (KDU-CSL), Cyril Svoboda, hat am Samstag erneut eine sog. "Null-Variante" für das umstrittene südböhmische Kernkraftwerk Temelin ausgeschlossen. Dies meldete die österreichische Nachrichtenagentur APA unter Berufung auf den oberösterreichischen Landtags-Abgeordneten Josef Stockinger. Hinsichtlich der sog. Benes-Dekrete habe der tschechische Außenminister hingegen die Bereitschaft geäußert, über eine versöhnliche Deklaration zu verhandeln, hieß es. Svoboda traf sich am Samstag gemeinsam mit weiteren Vertretern der Christdemokraten im südböhmischen Ceské Budejovice/ Budweis mit Vertretern der oberösterreichischen Volkspartei und betonte u.a., dass die Tschechische Republik hinter den Temelin-Abkommen von Melk und Brüssel stände.

Erste Anzeige wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz

In Tschechien ist am Freitag die erste Klage wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz abgelehnt worden. Eine Prager Straßenbahnfahrerin hatte Strafanzeige gegen ihren Vorgesetzen erstattet, nachdem er die 27-Jährige "unsittlich an sich gedrückt" habe, berichteten Rundfunksender in Prag. Eine Richterin habe diese Handlungsweise am Freitag zwar als "Beweis schlechter Manieren" gerügt, der Klägerin aber in der Sache nicht Recht gegeben, hieß es.