Nachrichten

Polen ratifiziert Lissabon-Vertrag – EU-Spitzen mahnen Tschechien zur Eile

Der polnische Staatspräsident Lech Kaczyński hat Smastagmittag in Warschau den EU-Reformvertrag von Lissabon unterzeichnet. Zu der feierlichen Zeremonie im Warschauer Präsidentenpalast waren auch Kommissionspräsident José Manuel Barroso, der amtierende Ratsvorsitzende, Schwedens Premier Frederik Reinfeldt und der Präsident des Europäischen Parlaments, Jerzy Buzek gekommen. Buzek gab der Hoffnung Ausdruck, dass dieser „für Europa wichtige Vertrag“ in „nicht ferner Zeit“ in allen 27 EU-Ländern ratifiziert werden könne. Reinfeldt betonte, ganz Europa warte nun auf Tschechien. Der Kontinent brauche keine Verspätungen. Tschechiens Premier Jan Fischer und Europaminister Štefan Fülle begrüßten die Ratifizierung des EU-Reformvertrags durch Polen und betonten, auch Prag werde in „absehbarer Zeit“ diesen Schritt unternehmen.

Premier Fischer: Lissabon-Ratifizierung bis Jahresende

Premierminister Jan Fischer hält es trotz der Forderung von Staatspräsident Václav Klaus weiter für möglich, den Ratifizierungsprozess des Lissabon-Vertrags bis zum Jahresende abzuschließen. Die Regierung habe die neue Forderung von Klaus „zur Kenntnis genommen“ und sei bereit, darüber zu verhandeln, so Fischer in einer Pressemitteilung. Gleichzeitig werde sein Kabinett gemeinsam mit den Regierungen der übrigen EU-Mitgliedsstaaten alles dafür tun, dass der Vertrag schnellstmöglich in Kraft treten kann. Ein Neubeginn im Ratifizierungsprozess sei „ausgeschlossen“. Fischer kritisiert Klaus dafür, dass er seine Vorgangsweise nicht vorher mit der Regierung abgestimmt habe.

Experten: EU-Reformvertrag stellt Beneš-Dekrete nicht in Frage

Namhafte Rechtsexperten sind sich einig, dass die von Staatspräsident Václav Klaus befürchtete Aufhebung der Beneš-Dekrete durch die im Lissabon-Vertrag verankerte Europäische Grundrechtecharta nicht möglich sei. Der Verfassungsrechter Jan Kudrna sagte etwa gegenüber dem Tschechischen Rundfunk, eine rückwirkende Änderung oder Aufhebung von rechtskräftigen Gesetzesbeschlüssen und Gerichtsurteilen sei „völlig ausgeschlossen“. Auch Premierminister Jan Fischer versicherte, mehrere juristische Analysen bestätigten, dass der Lissabon-Vertrag die Gültigkeit der Beneš-Dekrete in Tschechien keineswegs in Frage stelle.

Auf Grundlage der vom damaligen Staatspräsidenten Edvard Beneš erlassenen Dekrete waren nach dem Zweiten Weltkrieg die meisten Deutschen in der Tschechoslowakei enteignet und vertrieben worden.

Berlin erwartet rasche Lissabon-Ratifizierung durch Tschechien

Die deutsche Bundesregierung erwartet sich eine rasche Ratifizierung des EU-Reformvertrags durch Tschechien. Der von Václav Klaus befürchtete Einfluss des Lissabon-Vertrags auf die Eigentumsrechte der nach 1945 aus der Tschechoslowakei vertriebenen Deutschen wird von der Bundesregierung heftig bestritten. Es sei nun die Aufgabe der schwedischen Ratspräsidentschaft, mit Tschechien über die geforderten Ausnahmen zu verhandeln. Vor etwaigen Zugeständnissen müsse allerdings sichergestellt werden, dass der tschechische Präsident unmittelbar danach den Reformvertrag tatsächlich ratifiziere, hieß es in Berlin. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier gab am Samstag der Hoffnung Ausdruck, „dass nun zeitnah auch in Tschechien der Weg für den Vertrag frei wird.“

Bernd Posselt: „Klaus spielt zynisches Spiel“ auf dem Rücken der Sudetendeutschen

Der CSU-Europaabgeordnete und Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, kritisiert den vom tschechischen Staatspräsidenten Václav Klaus geforderten Zusatz zum Lissabon-Vertrag. Klaus spiele „ein zynisches Spiel mit dem Schicksal von Millionen Menschen, die um ihre Rechte gebracht, enteignet und oft ermordet“ worden seien. Klaus wisse ganz genau, dass aus der EU-Grundrechtecharta, die integraler Bestandteil des Lissabon-Vertrages ist, keinerlei Eigentumsansprüche der aus der Tschechoslowakei vertriebenen Sudetendeutschen abzuleiten seien. Das tschechische Staatsoberhaupt versuche, aus dem Schicksal unschuldiger Menschen politisches Kapital zu schlagen, so Posselt in einer Pressemitteilung.

Von der tschechischen Präsidentschaftskanzlei liegt bisher noch keine Stellungnahme zu Posselts Äußerungen vor.

Großer Andrang bei Tag der offenen Tür in Prager Regierungsvilla

1400 Menschen haben anlässlich des Tags der offenen Tür am Samstag die Kramář-Villa auf der Prager Kleinseite besucht. Die 1914 im Auftrag des späteren ersten Premierministers der Tschechoslowakei, Karel Kramář erbaute Villa liegt auf einer Anhöhe; von ihren ausgedehnten Gartenanlagen bietet sich eine schöne Aussicht auf die Prager Altstadt und die Burg. Sie ist der offizielle Amtssitz des Premierministers und wird hauptsächlich zum Empfang wichtiger Staatsgäste und für wichtige politische Verhandlungen genutzt. Als letzter Regierungschef hat der von 2002 bis 2004 amtierende Sozialdemokrat Vladimír Špidla die Kramář-Villa auch als Wohnsitz genutzt.

Gasaustritt: Teile der Prager Altstadt und Karlsbrücke stundenlang gesperrt

Ein Gasgebrechen hat am Freitag in der Prager Altstadt für Aufregung gesorgt. Gegen 17:30 wurde bei Bauarbeiten am Altstädter Brückenkopf der Karlsbrücke eine Hauptgasleitung beschädigt; große Mengen Erdgas traten aus. Es bestand akute Explosionsgefahr, einige Passanten und Bauarbeiter klagten zudem über Übelkeit und Atembeschwerden. Die Polizei riegelte die von zahlreichen Touristen frequentierte Umgebung weiträumig ab und evakuierte rund 100 Menschen aus den umliegenden Gebäuden. Auch die gesamte Karlsbrücke musste gesperrt werden. Gaswerke, Feuerwehr, Polizei und Verkehrsbetriebe waren bis in die Nachtstunden im Großeinsatz. Erst gegen 19 Uhr konnte die Gaszufuhr unterbrochen werden. Auf den umliegenden Straßen brach der Verkehr zusammen, auch im Straßenbahnverkehr kam es zu erheblichen Verspätungen.

Die Karlsbrücke und die umliegenden Gassen in der Altstadt sind seit heute Vormittag wieder frei zugänglich, die Kreuzherrengasse (Křížovnická) bleibt aber wegen der Reparaturarbeiten weiterhin gesperrt, die Straßenbahnen werden über die Kleinseite umgeleitet. Nach Angaben der Gaswerke werden die Arbeiten noch mindestens bis Montagfrüh andauern.

Zwei Tote bei Unfall auf Autobahn D1 bei Brünn

Zwei junge Frauen sind am Samstagnachmittag bei einem Unfall auf der Autobahn D1 in der Nähe von Brünn getötet worden. Eine Person wurde mit lebensgefährlichen Verletzungen, eine weitere mit leichten Blessuren in die Universitätsklinik in Brünn gebracht. Ein Lkw und ein Pkw waren kurz nach 15:15 kollidiert; beide Fahrzeuge haben nach Angaben der Polizei slowakische Kennzeichen. Ein drittes Fahrzeug wurde durch umherfliegende Wrackteile beschädigt; zudem stürzte ein Lichtmast um. Richtung Brünn musste die Autobahn komplett gesperrt werden, Richtung Prag war zeitweise nur der Pannenstreifen frei; es bildeten sich kilometerlange Staus. Auch die Ausweichrouten über die Landstraßen waren verstopft.

Treibstoffdiebe bedrohen Lastwagenfahrer mit Messern

Mit Messern bewaffnet haben Samstagmorgen drei Männer einen Lastwagenfahrer zur Herausgabe von Dieselkraftstoff gezwungen. Die Tat ereignete sich nach Angaben der südmährischen Polizei auf einem Parkplatz der Autobahn D1 in der Nähe von Brünn. Nachdem sie etwa 400 Liter Diesel aus dem Tank des Lastwagens abgezapft hatten, ergriffen die Täter mit einem Kastenwagen die Flucht. Die vom überfallenen Chauffeur umgehend alarmierte Polizei konnte die mutmaßlichen Verbrecher wenig später dingfest machen. Sie wurden auf der Autobahnpolizeiwache Domašov in Gewahrsam genommen. Im Falle einer Verurteilung wegen Raubes drohen ihnen bis zu zehn Jahre Haft.

Das Wetter am Sonntag, dem 11. Oktober: bedeckt, Regen, um 15 Grad

Am Sonntag ist es weiterhin bedeckt und immer wieder kann es regnen. Gegen Nachmittag werden die Schauer von Westen her häufiger und es kann örtlich auch ergiebig regnen. Die Höchstwerte erreichen 11 bis 15 Grad Celsius.