Nachrichten Dienstag, 12. Januar, 1999
Radio Prag - Nachrichten
Reaktionen auf Pilips Anschuldigungen
Auf scharfe kritik ist die Behauptung des Abgeordneten der Freiheitsunion, Ivan Pilip, gestossen, wonach Premier Milos Zeman dem ODS-Vorsitzenden Vaclav Klaus als Gegenleistung für eine weitere neunmonatige Unterstützung der Regierung das Amt des Staatspräsidenten in Aussicht gestellt haben soll. "Pilip lügt", sagte Zeman am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur CTK. Er habe mit Klaus niemals über diese Frage verhandelt und betrachte die ganze Angelegenheit als einen törichten Versuch Pilips, die politische Situation im Lande zu destabilisieren und die Verabschiedung des diesjährigen Staatshaushalts zu verhindern. Rückendeckung erhielt Ivan Pilip von dem ODA-Vorsitzenden Daniel Kroupa, der am Montag gegenüber der CTK behauptete, die Demokratische Bürgerpartei ODS führe schon seit geraumer Zeit eine Kampagne gegen Staatspräsident Vaclav Havel. Ziel der Kampagne sei es - so Kroupa -, Havel zum Rücktritt zu veranlassen und das Amt mit dem bisherigen ODS-Parteichef Vaclav Klaus zu besetzen.
Zeman-Kabinett berät mit CSSD-Fraktion
Das sozialemokratische Regierungskabiett hat am Montag mit der Fraktion der Sozialdemokraten über den Entwurf für den diesjährigen Staatshaushalt beraten. Wichtigster Punkt der heute beginnenden ersten Parlamentssitzung im neuen Jahr wird gerade der Staatshaushalt 1999 sein. Die sozialdemokratische Minderheitsregierung kann sich noch keineswegs sicher sein, die erforderliche Mehrheit im Abgeordnetenhaus zur Durchsetzung ihres Haushaltsentwurfs zu erhalten.
Temelin angeblich sicher
Extrem unwahrscheinlich ist die Möglichkeit, dass aus dem südböhmischen Kernkraftwerk Temelin - sollte es denn fertiggestellt werden - Radioaktivität entweicht und die Gesundheit der Menschen beeinträchtigt. Dies jedenfalls behauptet der Vorsitzende des Staatsamtes für Kernsicherheit, Jan Stuller, in der Montagsausgabe der Tageszeitung Mlada Fronta Dnes. Die Wahrscheinlichkeit, dass Radioaktobität entweiche und jemand infolgedessen tödlich an Krebs erkranke, sei ungefähr genauso gross wie die, dass einem ein Meteorit auf den Kopf falle. Stuller schloss im übrigen aus, dass eine eventuelle Betriebsstörung in Temelin die gleichen Konsequenzen haben werde wie seinerzeit die Havarie in Tschernobyl.
Havel beendet Uralub am Freitag
Wie die Nachrichtenagentur CTK meldet, wird der tschechische Staatspräsident Vaclav Havel am Freitag aus seinem dreiwöchigen Uralub auf den Kanarischen Inseln nach Prag zurückkehren. Havel plant nach den Worten seines Sprechers jeoch nicht, in den Verlauf der Haushaltsdebatte einzugreifen. Der Aufforderung von Parlamentspräsident Vaclav Klaus zum Dialog will Havel allerdings nachkommen. Geplant ist ein gemeinsames Abendessen mit Klaus am kommenden Montag auf der Prager Burg.
Arbeitslosenzahlen
Die Arbeitslosenzahlen in der Tschechischen Republik haben im vergangenen Dezember einen historischen Rekord erreicht. Ende Dezemeber lag die Arbeitslosenquote nach den neuesten Zahlen des tschechischen Arbeitsministeriums bei 7,5% - 0,5% Prozent mehr als noch im November und sogar 2,3 % mehr als noch ein Jahr zuvor. Ende 1998 waren damit 118.000 Menschen mehr ohne Arbeit als im Vorjahreszeitraum. Die wenigsten Arbeitslosen gibt es nach wie vor in Prag mit 2,2 bzw. 2,3 prozent. Rekord hält nach wie das nordböhmische Most/Brüx mit 15,6 Prozent Arbeitslosigkeit, gefolgt von Louny 15,5 und Choumtov/ Komotau 14,8 prozent. Es wird erwartet, dass die Arbeitslosenrate in diesem Jahr die 9- Prozent-Grenze überschreiten und damit das grösste Problem der tschechischen Wirtschaft darstellen wird.
Minuszahlen der tschechischen Industrie
Unerfreuliches meldet auch die tschechische Industrie. Nach Angaben des Tschechischen Staatistischen Amtes ist der Absatz industrieller Produkte im November 98 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3,6 Prozent in ständigen Preisen zurückgegangen. Gleichzueitig stiegen jedoch die Reallöhne um 0,3 und die Nominallöhne um 7,8 Prozent auf nunmehr 13.760 Kronen - umgerechnet rund 800 D-Mark.
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