Nachrichten Donnerstag, 05. November, 1998
Neuer Haushaltsentwurf der Regierung
Mit einem neuen Haushaltsentwurf für das Jahr 1999 hat sich am Donnerstag erneut das tschechische Kabinett beschäftigt. Der erste Entwurf fand vor zwei Wochen nicht die nötige Mehrheit im tschechischen Abgeordnetenhaus, sodass die sozialdemokratische Minderheitsregierung gezwungen war, einen Alternativvorschlag auszuarbeiten. Trotz der von den konservativen Oppositionsparteien vorgetragenen Kritik an der Höhe des Haushaltsdefizits von 26,8 Milliarden Kronen ist für die neue Version ein noch höheres Defizit in Höhe von 31 Milliarden Kronen vorgesehen. Dieses wird mit dem Zwang zur Deckung der Einnahmenlücke, die durch die Ablehnung einer ERhöhung der Sozialversicherungsabgaben im Parlament entstanden war, begründet.
Besuch des neuen slowakischen Verteidigungsministers in Prag
Der neue slowakische Verteidungsminister, Pavol Kanis, hat die Bereitschaft seiner Regierung erklärt, die kühlen tschechisch- slowakischen Beziehungen der letzten Jahre zu verbessern. Im Rahmen eines Kruzbesuchs in Prag liess er weiter verlautbaren, dass der Idealzustand erreicht sein wird, wenn beide Länder zu Vollmitgliedern der Eropäischen Union werden. Der tschechische Präsident Vaclav Havel sicherte ihm die Unterstützung Tschechiens bei den Bemühungen der Slowakei um eine Anäherung an die euroatlantischen Strukturen zu. Mit Premier Milos Zeman zeigte sich Kanis einig darüber, die Zusammenarbeit innerhalb der Visegrad-Staaten, zu denen neben Tschechien und der Slowakei auch Ungarn und Polen zählen, wieder zu intensivieren.
Abgeordentenhaus: Kein Referendumsgesetz
Eine Gesetzesinitiative von Sozialdemokraten und Kommunisten zur gesetzlichen Verankerung von Volksabstimmungen hat der Verfassungsausschuss des tschechischen Abgeordnetenhauses am Donnerstag mit der Mehrheit der drei konservativen Parteien abgelehnt. In der tschechischen Verfassung sind Referenden derzeit nicht direkt vorgesehen, es ist jedoch möglich, dieses Legislativinstitut per Gesetz einzuführen.
Iran protestiert gegen Sendebetrieb von RFE/RL in Prag
Mit einem Rückruf des Botschafters in Prag hat die iranische Regierung gegen die Eröffnung des Sendebetriebs von Radio Free Europe in Prag protestiert. Um den von der amerikanischen Regierung finanzierten Sender hatte es in den letzten Wochen ein politisches Tauziehen gegeben, da die tschechische Regierung den Plänen, von Prag aus in den Irak und den Iran zu senden, ursprüglich ablehnend gegenüberstand. Mehr zu diesem Thema in unserem Beitragsblock.
Palous: Dynamik des Integrationsprozesses in die EU wichtiger als Termindebatte
Der stellvertretende tschechische Aussenminister Martin Palous hat am Donnerstag auf einer Sitzung des auswärtigen Ausschusses des tschechischen Abgeordnetenhauses erklärt, der Erhalt der Dynamik des begonnenen Anpassungs- und Integrationsprozesses der Tschechischen Republik in die EU sei wichtiger als die derzeit aktuelle Debatte um den Beitrittstermin. Mit Spannung wurde in diesem Zusammenhang in den letzten Tagen ein Bericht der Europäischen Union über die Fortschritte der Beitrittskandidaten bei ihren Vorbereitungen zur Integration in die EU erwartet. Allgemein wird davon ausgegangen, dass Tschechien sich weitere Kritik an seinem derzeit nach Meinung führender EU-Vertreter zu langsamen Anpassungstempo gefallen lassen muss.
Protestaktionen von Landwirten geplant
Einem Bericht der Tageszeitung Pravo zufolge bereiten tschechische Landwirte Protesaktionen gegen die Einfuhr von subventioniertem Schweinefleisch in die tschechische Republik vor. Mit einem Aufmarsch von Schweinen auf die Autobahn Prag- Brno am Freitag, den 13.11. wollen sie nach Informationen der Pravo ihrem Unmut über die ausländische Billigkonkurrenz Ausdruck verleihen, der sie oft nur schwer standhalten können. Vor allem Schweinefleisch aus EU-Ländern ist oft billiger als solches aus tschechischer Produktion, sodass in letzter Zeit zahlreiche verarbeitende Betriebe ihre Zulieferverträge mit tschechischen Lieferanten aufkündigten.
Das waren die Nachrichten von Radio Prag. Weiter geht es mit meiner Kollegin Jitka Mladkova und dem aktuellen Beitragsblock.