Nachrichten Donnerstag, 18. November, 1999

HAVEL EHRT EHEMALIGE STAATSMÄNNER MIT DEM ORDEN DES WEIßEN LÖWEN

An zehnten Jahrestag der Novemberereignisse von 1989 hat der tschechische Präsident Vaclav Havel am Mittwoch auf der Prager Burg an mehrere internationale Politiker für ihre Verdienste beim Zusammenbruch des Kommunismus in Mittel- und Osteuropa den "Orden des weißen Löwen", die höchste Auszeichnungen der Tschechischen Republik, verliehen. Mit diesem Orden geehrt wurden George Bush, Michail Gorbatschow, Helmut Kohl, Margaret Thatcher und Lech Walesa, sowie der französische Ex-Präsident Francois Mitterrand in memoriam, dessen Auszeichnung seine Witwe Danielle Mitterrand entgegennahm.

Die staatliche Auszeichnung erhält zudem der ehemalige amerikanische Präsident Ronald Reagan, dem der Orden in den USA vom dortigen tschechischen Botschafter überreicht wird.

GEDENKVERANSTALTUNGEN AM 17. NOVEMBER 1999

Präsident Vaclav Havel, Premier Milos Zeman sowie die Vorsitzenden der beiden Parlamentskammern, Libuse Benesova und Vaclav Klaus, haben am Mittwoch Nachmittag Blumen an der Gedenktafel auf der Prager Narodni Straße gelegt. Sie gedachten damit des 10. Jahrestags des brutalen Polizeieinsatzes gegen die Studentendemonstration, die die gesellschaftlichen Veränderungen in der damaligen Tschechoslowakei ausgelöst hatte.

Der Jahrestag wurde mit zahlreichen Gedenkkundgebungen und weiteren Veranstaltungen in ganz Tschechien begangen.

ENTHÜLLUNG DER CHURCHILL-STATUE

Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der "Samtenen Revolution" hat die Ex- Premierministerin von Großbritannien Margaret Thatcher am MittwochVormittag im Prager Statteil Zizkov eine Statue des ehemaligen britischen Staatsmannes Winston Churchill enthüllt. Die Statue sollte daran erinnern, dass der Preis für die Freiheit hoch sein könne, dass er Blut, Schweiß und Tränen bedeuten könne, sagte Thatcher. Im Anschluss daran kam sie mit dem Vorsitzenden des tschechischen Abgeordnetenhauses Vaclav Klaus zusammen, der Thatchers Verdienst am Zusammenbruch des Kommunismus hervorhob.

Der ehemalige US-Präsident George Bush hat im historischen Sitz der Prager Karsluniversität den Eherndoktortitel für sein Lebenswerk im Bereich der politischen Wissenschaften übernommen.

Der ehemalige deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl wurde vom Prager Oberbürgermeister Jan Kasl empfangen, der ihm die Gedenkmedaille der Stadt und den Symbolischen Schlüssel vom Prager Stadttor übergab.

ZEMAN TRAF MIT GORBATSCHOW ZUSAMMEN

Der letzte oberste Repräsentant der Sowjetunion Michail Gorbatschow hat die Theorie abgelehnt, der zu Folge er vor dem 17. November 89 dem sowjetischen Geheimdienst KGB befohlen habe, einen zum Sturz des Kommunismus in der Tschechoslowakei führendes Komplott zu initiieren. So etwas hätte einen politischen Selbstmord bedeutet, sagte Gorbatschow am Mittwoch, im Rahmen der Konferenz "10 Jahre danach - auf der Schwelle zum neuen Jahrtausend" auf der Prager Burg. Gorbatschow kam kurz auch mit dem tschechischen Premier Milos Zeman zusammen. Die beiden Politiker erörterten die Entwicklung ihrer Länder nach 1989, aber auch die Ursachen des Konflikts in Tschetschenien und die aktuelle politische Lage in Russland.

GEDENKFEIER FÜR JAN OPLETAL

Die Mitglieder des Tschechischen Verbandes der Freiheitskämpfer haben das Andenken des Studenten Jan Opletal geehrt, der vor 60 Jahren Opfer des Nazi- Terrors geworden war. An der Gedenkfeier anlässlich des 17. Novembers 1939 nahm u.a. die Senats-Vorsitzende Libuse Benesova. Der 17. November 1939 und der 17. November 1989 begrenzten jene fünfzig Jahre der Unterjochung und Demütigung des tschechischen Volkes, sagte sie in einer kurzen Rede und verwies darauf, dass Studenten sich immer in den Kampf gegen die Willkür entschlossen gestellt hätten. Eine Gedenkfeier für Jan Opletal fand auch in der mährischen Metropole Brno/Brünn statt.

ERKLÄRUNG DER EHEMALIGEN STUDENTENFÜHRER

Die ehemaligen Studentenführer, die an der Spitze der Revolutionsereignisse vor zehn Jahren standen, haben am Mittwoch die gegenwärtigen führenden Politiker zur Resignation aufgefordert. Die Politik der gegenwärtigen politischen Garnitur devastiere von innen dieses Land und beschädige dessen Bild im Ausland, sagte dazu Martin Mejstrik, einer der Signataren der Erklärung mit dem Namen "Danke, gehen Sie weg".

ENTSCHÄDIGUNG DER ZWANGSARBEITER

Die Verhandlungen über die Entschädigung der Zwangsarbeiter aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs in Bonn wurden ohne konkrete Einigung abgeschlossen. Die Gespräche sollen etwa in drei Wochen fortgesetzt werden. Der Sonderbeauftragte der deutschen Regierung, Otto Graf Lambsdorff, hat jedoch bestätigt, dass die deutsche Seite ihr Angebot weiter erhöht hat. Das Angebot belaufe sich nun auf acht Milliarden Mark, sagte Lamsdorf am Mittwoch vor Journalisten. Der tschechische Diplomat Jiri Sitler betonte am Dienstag, trotz der schleppenden Verhandlungen mit der deutschen Seite, an den ursprünglichen Forderungen festhalten zu wollen. Die Vertreter der Opferverbände hätten von Beginn an einen zweistelligen Milliardenbetrag in D-Mark gefordert, betonte er.

WETTER

Und hier die aktuelle Wettervorhersage: Am Donnerstag bleibt es bewölkt bis bedeckt, örtlich ist mit Schneefällen oder Schneeschauern zu rechnen. Die Nachttemperaturen bewegen sich zwischen -2 und -6 Grad, die Tageshöchstwerte zwischen -2 und plus 2 Grad Celsius.