Nachrichten Donnerstag, 28. September, 2000
HAVEL SPRICHT DANK AUS
Staatspräsident Vaclav Havel besuchte zusammen mit Innenminister Gross und Polizeipräsident Kolar am Mittwoch Nachmittag einen der Orte im Stadtteil Nusle wo es am Dienstag zu den härtesten Konfrontationen zwischen Globalisierungsgegnern und Polizisten gekommen war. Havel sagte vor der Presse, die Polizei hätte sich nicht vom agressiven Bazillus erfassen lassen und hätte wie geplant den Ort verteidigt, er bezeichnete die geleistete Arbeit der Polizisten als professionell, wofür ihnen der Dank des gesamten Bevölkerung gebühre.
WEITERE ZUSAMMENSTÖSSE AM MITTWOCH
In Prag ist es am Mittwoch erneut zu Zusammenstössen zwischen Sicherheitskräften und Gegner der Weltwährungskonferenz gekommen. Sondereinheiten der Polizei schritten am Morgen gegen mehrere Demonstranten ein, die den Eingang eines Tagungshotels blockierten. Gleichzeitig kam es am Rande einer genehmigten Kundgebungen mit etwa 3000 Teilnehmern zu Auseinandersetzungen. Bei den Protesten am Dienstag seien mehr als 422 Demonstranten festgenommen worden, darunter 130 Ausländer, sagte eine Behördensprecherin am Mittwoch.
INNENMINISTER ÜBERRASCHTE AGRESSION
Die Brutalität einiger Demonstranten hat die Erwartungen des tschechischen Innenministers Stanislav Gross übertroffen. Der Innenminister äusserte seine Überzeugung, dass die Polizei, deren Nachsicht kritisiert wurde, perfekte Arbeit geleistet habe. In den Prager Strassen wurden rund 11 000 Polizisten eingesetzt, von denen etwa 1300 voll bewaffnet waren.
VERLETZUNGEN AUF BEIDEN SEITEN
Der Nachrichtenagentur CTK zufolge wurden bei Zusammenstössen mehrere Dutzend Personen verletzt. Wie das Gesundheitsministerium informierte, wurden 61 Polizisten, 65 Zivilpersonen und 31 Delegationsteilnehmer ärztlich behandelt.
ANERKENNUNG FÜR TSCHECHISCHE BEHÖRDEN
Der Finanzminister der Republik Südafrika Trevor Andrew Manuel sagte heute zur Eröffnung des zweiten Sitzungstages der Jahresversammlung, dass die Sicherheit der Delegierten sehr gut gewährleistet sei. Manuel bedankte sich bei den tschechischen Behörden, die Polizei sei diskret gewesen und hätte sich gut verhalten. Sie hätten mit ihrem Verhalten die Unterstützung der überwiegenden Mehrheit der Öffentlichkeit gewonnen. Es sei ein wichtiges Signal an die Gewalttäter, dass sie ihr Ziel, die Störung der Beratungen, nicht erreicht hätten, meinte der Konferenzvorsitzende Manuel. Nach den Worten des Sonderbeauftragten der tschechischen Regierung für die Konferenz, Zdenek Hruby, hatten die Behörden während der Ausschreitungen am Dienstag die Lage jederzeit unter Kontrolle. Nach Feststellung der Polizei seien 90 Prozent der Rädelsführer Ausländer gewesen, vor allem aus Italien, Deutschland und Griechenland. Die Polizei erwarte am Mittwoch einen ruhigeren Tag, sei aber auf alle Zwischenfälle eingerichtet. Es seien zusätzlich zu den am Vortag aufgebotenen 11 000 Beamten weitere 1 800 im Einsatz.
KEINE AKTIVISTEN AN DER STAATSGRENZE
Die Polizei gab heute Mittag bekannt, dass an den tschechischen Grenzübergängen zur Zeit keine Globalisierungsgegner seinen, die nach Prag wollten, 1720 Aktivisten hätten das Land bereits verlassen, dabei handelte es sich vor allem um Personen aus Grossbritannien, Frankreich, Deutschland und Italien. Die militanten Mitglieder der italienischen YA BASTA Gruppierung verliessen das tschechische Territorium mit einem Sonderzug um 2Uhr 30 am Mittwoch Morgen.
Eine ausführliche Berichterstattung über den Verlauf der Demonstrationen erwartet Sie selbstverständlich im anschliessenden Tagesecho.
BERSTEINZIMMER IN TSCHECHIEN ?
Wieder auf die Spuren des legendären Bernsteinzimmers im Städtchen Hora Svate Kateriny im nordböhmischen Landkreis Most will sich der deutsche Schatzsucher Helmut Gaensel nach einer zweijährigen Pause begeben, die durch Streitigkeiten mit der Gemeinde verursacht waren. Laut Gaensel würde der Aufschub der Sucharbeiten vor allem der Gemeinde selbst schaden, da diese um die Finanzquelle aus dem Tourismussektor kommt. Das Bersteinzimmer wurde während des 2. Weltkrieges durch Wehrmacht Soldaten in der Nähe von Sankt Petersburg gestohlen, ursprünglich schenkte sie der Preussische Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I dem russischen Zaren Peter dem Grossen. Bis zum Frühjahr 1945 war das Bersteinzimmer im ostpreussischen Königsberg, dem heutigen Kaliningrad versteckt. Heute spekuliert man über den genauen Aufenthaltsort dieser Kammer. Anlässlich des Spatenstichs hatte Gaensel angekündigt, den Stollen im Erzgebirge mit 20 Experten zu untersuchen, sobald alle Genehmigungen vorliegen.
NEUER STAATSFEIERTAG GEDENKT DES HL. WENZELS
Am Donnerstag dem 28. September feiert man in Tschechien einen neuen Staatsfeiertag. An diesem Tag gedenkt man des Todestages des böhmischen Herzogs und Landespatrons dem Hl. Wenzel, Svaty Vaclav. Es handelt sich dabei um einen von drei neuen Feiertagen die das tschechische Parlament in diesem Jahr verabschiedet hat. Am 1. Januar, wird man die Erneuerung der Selbstständigkeit des tschechischen Staates feiern und der 17. November ist der Tages des Kampfes für Freiheit und Demokratie.