Nachrichten Freitag, 05. November, 1999

Abgeordnetenhaus billigt Gesetze über Ombudsman und Eisenbahnen

Das tschechischeAbgeordnetenhaus hat am Donnerstag trotz des Widerstands der Abgeordneten von ODS und Freiheitsunion das Gesetz über den öffentlichen Rechtshüter, den Ombudsman, gebilligt. Für die Gesetzesvorlage stimmten 101 der 178 anwesenden Abgeordneten, 70 stimmten dagegen. Des weiteren verabschiedete das parlamentarische Unterhaus die Regierungsvorlage zur Gesetzesnovelle über die Eisenbahnen, die eine gewisse Dezentralisierung bei der Finanzierung des Eisenbahntransports vorsieht. Die Behandlung des Verfassungsgesetzes über ein Referendum zum beabsichtigten EU-Beitritt der Tschechischen Republik hingegen wurde auf einen späteren, unbestimmten Zeitpunkt verschoben.

Dvorak: ODS-Chef Klaus soll konservativer Koalition den Vorzug geben

Die führenden Parteifunktionäre der stärksten Oppositionspartei in Tschechien, der ODS, sollten den Vorsitzenden ihrer Partei Vaclav Klaus dahingehend bewegen, alsbald sehr ernsthaft mit den Verhandlungen über eine Koalition der konservativen Parteien im Lande der ODS, der Freiheitsunion und der Christdemokratischen Volksunion (KDU-CSL) zu beginnen, urteilte am Mittwoch in Prag der ehemalige ODS-Vizevorsitzende Bohdan Dvorak. Eine Reihe von ODS-Abgeordneten vertrete diese Meinung bereits öffentlich, sagte Dvorak dazu am Mittwoch in einer Sendung des Radiosenders Frequenz 1.

Damit widersprach er den bisherigen Versuchen der ODS-Führung, die auf die Bildung einer sog. Superkoalition bestehend aus allen Parlamentsparteien mit Ausnahme der Kommunisten ausgerichtet sind und für die man eine Sitzung am Runden Tisch für den kommenden Mittwoch vorgesehen hat. Doch sowohl die regierenden Sozialdemokraten als auch die kleinen Parteien Freiheitsunion und KDU-CSL ließen bislang offen, ob sie dieser Einladung Folge leisten werden. Der Vorsitzende der Christdemokraten Jan Kasal äußerte in diesem Zusammenhang, dass es überflüssig sei, sich wegen einer Sache zusammen zu setzen, zu der Vertreter der einzelnen Parteien bereits mehrfach ablehnend Stellung genommen hätten.

Gesundheitsminister David wird Rücktritt nahe gelegt

Der Druck auf den tschechischen Gesundheitsminister Ivan David wächst. Die Abgeordneten der konservativen Parteien haben am Donnerstag mehrheitlich verkündet, dass sie einer wesentlichen Novelle zum Gesetz über die öffentliche Krankenversicherung nur dann zustimmen werden, wenn der Minister zuvor seinen Hut im Kabinett genommen habe. Premier Zeman wollte auf die Frage der Nachrichtenagentur CTK, ob er Minister David den Rücktritt nahe legen werde, bisher noch keinen Kommentar abgeben, sondern bat um Geduld bis kommenden Dienstag, wenn das entsprechende Gesetz im Parlament behandelt und er auch die Frage entsprechend beantworten werde.

Tschechische Parlamentarier kritisieren geplante CDU/CSU-Resolution

Mehrere Abgeordnete des tschechischen Parlaments haben am Mittwoch die geplante Resolution der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu den Benes-Dekreten kritisiert. Der Vorsitzende des auswärtigen Ausschusses, Lubomir Zaoralek, bezeichnete das Vorhaben als Torpedierung der deutsch-tschechischen Aussöhnungserklärung von 1997. Der Vorschlag ist unglücklich, ungut und seine Annahme im Bundestag unwahrscheinlich", betonte der Sozialdemokrat. Nach Ansicht des Vorsitzenden des Ausschusses für europäische Integration, Jaroslav Zverina, kann Tschechien die Anordnungen nicht einfach streichen. Die Dekrete sind ein Ergebnis des Zweiten Weltkrieges, sagte das Mitglied der konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS). Auch der Christdemokrat Pavel Tollner lehnte das Vorhaben der deutschen Oppositionsparteien ab. Nichtsdestoweniger erwarte ich über die Dekrete eine innenpolitische Diskussion, die ich als Teil unserer Vergangenheitsbewältigung bezeichnen würde, sagte der KDU-CSL-Politiker der tschechischen Nachrichtenagentur CTK.

Die von der Exilregierung Edvard Benes verfügten Dekrete sollen demnächst in einem Studienprojekt des deutsch-tschechischen Zukunftsfonds behandelt werden, sagte Geschäftsführer Tomas Kafka am Mittwoch in Prag. An der Arbeit Die von 1938 1948 angewendeten tschechoslowakischen Rechtsnormen und die Deutschen im Vergleich zu anderen europäischen Ländern arbeiteten auch der Direktor des Instituts für Zeitgeschichte in München, Horst Möller, sowie der Rektor der Prager Karlsuniversität, Karel Maly, mit, sagte Kafka.

Tschechien hat Europäische Sozialcharta offiziell ratifiziert

Die Tschechische Republik hat am Mittwoch die Europäische Sozialcharta des Europarates offiziell ratifiziert. Die Ratifizierung wurde in Strasbourg mit der Übergabe der Ratifizierungsurkunde durch den tschechischen Botschafter beim Europarat, Jiri Mucha, an den Generalsekretär der Institution, Walter Schwimmer, besiegelt. Die Sozialcharta, deren Ratifizierung durch das tschechische Abgeordnetenhaus am 8. Juli d. J. beschlossen wurde, tritt damit für die Tschechische Republik ab dem 3. Dezember in Kraft.

EU-Kommissar Verheugen kritisiert erneut Aussiger Mauer

Der für die EU-Erweiterung verantwortliche deutsche Kommissar der Europäischen Kommission, Günter Verheugen, hat sich am Donnerstag erneut sehr kritisch zur sog. Aussiger Mauer geäußert, bei der in der nordböhmischen Stadt Usti nad Labem vorwiegend von Roma bewohnte Wohnblocks in der Maticni-Straße von den Familienhäusern der anderen Anwohner durch einen Betonzaun voneinander getrennt wurden. Verheugen sagte in den Haag vor dem Hintergrund des 10. Jahrestages des Falls der Berliner Mauer über die EU- Erweiterung u.a. wörtlich: "Ost und West sind schon nicht mehr durch den Eisernen Vorhang voneinander getrennt. Diesen Vorhang symbolisierte die Berliner Mauer, die fast vor genau 10 Jahren zum Einsturz gebracht wurde. Daher wollen wir in Europa schon keine Mauer mehr, weder zwischen den Ländern in Ost und West, noch innerhalb eines Landes, noch zwischen den Stadtteilen einer Stadt, noch in einer einzigen Straße. (Zitatende)

Österreichs Bundesratsvorsitzender Weiss beendete Besuch in Tschechien

Der Vorsitzende des österreichischen Bundesrates Jürgen Weiss und der Brünner Oberbürgermeister Petr Duchon erörteten während ihres Treffens am Donnerstag in Brünn Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Tschechien und Österreich. Weiss erinnerte dabei an die intensiven Kontakte zwischen Wien und Brünn, die in der historischen Tradition und der regionalen Nähe beider Städte ihren Ursprung haben.

Mit seinem Besuch im Brünner Rathaus beendete Jürgen Weiss zugleich seinen dreitägigen Besuch in der Tschechischen Republik. Während seiner Prager Gespräche hatte Weiss gegenüber dem tschechischen Vizepremier und Minister für Arbeit und Soziales, Vladimir Spidla, versichert, dass Österreich die EU-Kandidatur der Tschechischen Republik unterstützen werde. Man respektiere dabei das Jahr 2003 als das entscheidende für die Erweiterung der Europäischen Union um die derzeitigen Kandidatenländer, verlautbarte Weiss.

Länder der Wisegrader Gruppe verstärken militärische Zusammenarbeit

Die drei neuen NATO-Mitglieder Polen, Ungarn und Tschechien haben am Donnerstag in der südostpolnischen Stadt Premysl ihre Bereitschaft erklärt, der Slowakei bei der Integration in das Bündnis zu helfen. Die Verteidigungsminister des so genannten Goldenen Dreiecks erörterten mit ihrem slowakischen Amtskollegen Pavol Kanis Möglichkeiten der militärischen Zusammenarbeit. Am Vortag hatten die Vertreter der drei NATO-Staaten den Worten des tschechischen Verteidigungsministers Vladimir Vetchy zufolge beschlossen, ihre militärische Zusammenarbeit, und zwar vornehmlich im Bereich der Rüstungsindustrie, zu verstärken. Polen, Ungarn und Tschechien waren erst im März dem westlichen Bündnis beigetreten. Sie pflegen seitdem einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch und treffen sich alle sechs Monate. Das nächste Treffen sei im kommenden Jahr in der ungarischen Hauptstadt Budapest geplant, meldete die Nachrichtenagentur PAP.

Tschechische und slowakische Christen intensivieren Zusammenarbeit

Ein gemeinsames Projekt der Zusammenarbeit im Bereich der Koexistenz mit den Roma wird von den tschechischen und slowakischen Christen vorbereitet. Dies ging aus einem Treffen der ökumenischen Räte der beiden Republiken am Donnerstag in Prag hervor. Die Christen in der Slowakei halten ihren Beitrag zur Lösung der Koexistenz mit den Roma-Bürgern für eine der erstrangigen Aufgaben bei der Arbeit der Kirche in der Gesellschaft. Der Sprecher der evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder, Miroslav Broz, erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur CTK, die erwähnte Zusammenarbeit werde schon jetzt auf der Ebene der einzelnen Pfarreien entwickelt.

Und hier die aktuelle Wettervorhersage:

Am Freitag zieht das Hochdruckgebiet über Mitteleuropa ostwärts in Richtung Ukraine ab und wird nach und nach durch einen Tiefdruckausläufer, der von den britischen Inseln her aufs Festland vordringt, abgelöst. In Tschechien wird es nach Auflösung örtlicher Nebelfelder tagsüber heiter bis bewölkt sein. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen Werte zwischen 7 und 11 Grad Celsius. Die weiteren Aussichten: Am Samstag und Sonntag keine wesentlichen Wetterveränderungen. Es bleibt heiter bis bewölkt, vereinzelt ist mit leichten Niederschlägen zu rechnen. Die Nachttemperaturen bewegen sich um den Gefrierpunkt, die Tageshöchstwerte liegen zwischen 7 und 11 Grad Celsius.