Nachrichten Freitag, 24. November, 2000

Von Martina Schneibergova

Zeman wird mit Schüssel am 12. Dezember zusammentreffen

Die Premierminister der Tschechischen Republik und Österreichs Milos Zeman und Wolfgang Schüssel werden am Dezember in der Nähe von Wien zusammentreffen. Dies erklärte der tschechische Außenminister am Donnerstag im französischen Sochaux, wo er an der Konferenz der EU-Mitgliedsstaaten und der Beitrittskandidaten über die EU-Reformen teilnimmt. Der Minister brachte die Hoffnung zum Ausdruck, dass bei dem Treffen ein Fortschritt im Rahmen der bilateralen Gespräche erreicht wird. Kavan wird nächste Woche in Wien mit seiner österreichischen Amtskollegin Benita Ferrero-Waldner zusammentreffen.

Präsident Havel wird einen neuen Gouverneur der Zentralbank ernennen

Der tschechische Staatspräsident Vaclav Havel wird am Freitag den Namen des neuen Gouverneurs der Tschechischen Nationalbank bekannt geben. Außerdem sollen bis dahin die Mitglieder des Aufsichtsrates der Zentralbank benannt werden. Darüber informierte Präsidentensprecher Ladislav Spacek. Den Informationen der Nachrichtenagentur ctk zufolge sollte der Präsident den Namen des Nachfolgers von Josef Tosovsky, der zum 1. Dezember zurücktrat, bereits am Donnerstag veröffentlichen. Weiteren Informationen der ctk zufolge soll der bisherige Vizegouverneur Zdenek Tuma neuer Leiter der Zentralbank werden. In den Aufsichtsrat wolle Havel demnach Michaela Erbenova und Jan Frait berufen. Erbenova arbeitete früher als Beraterin des Expremiers Vaclav Klaus und des Ex-Finanzministers Ivan Pilip. Jan Frait ist als Pädagoge an der Hochschule für den Bergbau in Ostrava tätig.

Gouverneur Tosovsky plädiert für eine einheitliche Zusammensetzung des Aufsichtsrates

Der bisherige Gouverneur der Tschechischen Nationalbank Josef Tosovsky hat für eine einheitliche Zusammensetzung des Aufsichtsrates plädiert. Er würde es für sehr unglücklich halten, wenn die Mitglieder des Aufsichtsrates der Zentralbank politisch widersprüchliche Meinungen hätten, ließ Tosovsky erklären. Nach Angaben eines Sprechers bringt Tosovsky die Hoffnung zum Ausdruck, dass es dem Staatspräsidenten gelingen wird, moralisch reife und politisch nicht kontroverse Persönlichkeiten zu ernennen. Tosovsky traf mit Präsident Havel am Mittwoch zusammen.

EU-Kommission kritisiert das Gesetz über die tschechische Zentralbank

Der Chefunterhändler der Europäischen Union für die Tschechische Republik Rutger Wissels hat am Mittwoch in Prag seine Beunruhigung durch den Gesetzentwurf über die Tschechische Nationalbank zum Ausdruck gebracht. Darüber informierte der tschechische Staatssekretär für europäische Angelegenheiten Pavel Telicka nach seinem Treffen mit Wissels. Die EU- Kommission erwarte - so Telicka - eine Änderung des Entwurfes. Telicka hatte Wissels um eine Analyse und einen Vergleich der tschechischen Legislative mit den Gesetzen über Zentralbank in den EU-Ländern ersucht. Die EU- Kommission brachte in der Vergangenheit Befürchtungen zum Ausdruck, dass der Gesetzentwurf die Unabhängigkeit der Zentralbank schwächen könnte, und wies darauf hin, dass dies dem Vertrag über die EU widerspreche.

Oberbürgermeister von Jerusalem bei Vaclav Havel

Der Oberbürgermeister von Jerusalem Ehud Olmert sieht die Hoffnung einer Versöhnung zwischen Israelis und Palästinensern in Nahost darin, dass die Palästinenser demokratische Prinzipien akzeptieren werden. Dies erklärte Olmert am Donnerstag während seines Treffens mit Präsident Vaclav Havel. Olmert erinnerte daran, dass es direkt in Jerusalem zu keinen Zusammenstößen kam, obwohl dort eine große palästinensische Gemeinschaft lebe. Er meinte, dass die Palästinenser in Jerusalem sich schon an das Leben im demokratischen System gewöhnt haben. Vaclav Havel sprach mit Olmert auch über den geplanten Besuch des portugiesischen Ex-Präsidenten Mario Soares im Nahen Osten. Havel informierte Olmert über die Initiative der diesjährigen Konferenz Forum 2000, die sich entschloss, Soares nach Israel zu entsenden, um die Lage zu beobachten und die Meinung der Konferenzteilnehmer über das Geschehen in der Region zu übermitteln.

Kavan traf mit Moscovici zusammen

Der tschechische Außenminister Jan Kavan nimmt seit Mittwoch an dem Außenministertreffen der sog. Europäischen Konferenz im französischen Sochaux teil. Das Hauptthema des Treffens ist die Reform der europäischen Institutionen. Kavan traf am Mittwochabend zu einem kurzen inoffiziellen Gespräch mit dem französischen Staatsminister für europäische Angelegenheiten Pierre Moscovici zusammen. Dieser erklärte Anfang dieser Woche, dass die Konferenz in Sochaux die Beitrittskandidaten über den Verlauf der institutionellen Reform informieren soll. Die Europäische Konferenz wurde auf dem EU-Gipfel im Dezember 1997 als ein Forum für politische Diskussion zwischen den EU-Mitgliedsstaaten und den Beitrittskandidaten errichtet.

CSSD-Chef Zeman schreibt den Misserfolg in den Senatswahlen einer höheren Macht zu

Der tschechische Premier und CSSD-Chef Milos Zeman sieht das Tolerierungsabkommen zwischen seiner Partei und der oppositionellen Demokratischen Bürgerpartei ODS nicht gefährdet. Zeman erklärte gegenüber Journalisten, der Misserfolg der Sozialdemokraten in den Senatswahlen schreibe er einer "höheren Macht" zu. Dies ermögliche nicht, die Vereinbarung der CSSD und der ODS einzuhalten, nach der ein Senator der ODS an der Spitze des Senats stehen sollte. Das Tolerierungsabkommen ermöglicht Zeman seit zwei Jahren, an der Spitze einer Minderheitsregierung zu stehen.

Österreichische Atomkraftgegner protestierten in Drasenhofen gegen das AKW Temelin

Ungefähr 20 österreichische Atomkraftgegner haben am Doneerstag auf dem Grenzübergang Drasenhofen-Mikulov gegen den weiteren Betrieb des südböhmischen Atomkraftwerks Temelin protestiert. Die Protestaktion verursachte jedoch keine Verkehrsbehinderungen. Die Protestierenden betonten, dass der Widerstand gegen das Atomkraftwerk Temelin vor allem in Tschechien anwachsen sollte, da durch den Betrieb des Kraftwerks hauptsächlich tschechische Bürger betroffen sind. Einerseits mussten sie die hohen Baukosten tragen und andererseits sollen sie nun den Export des Stroms, der sonst auf den Weltmärkten nicht zu verkaufen wäre, aus ihren Steuern fördern, stellten die österreichischen Atomkraftgegner fest. Sie brachten die Hoffnung zum Ausdruck, dass die EU-Behörden den Dumpingexport des Stroms aus der Tschechischen Republik überprüfen werden und dass es der Wolfgang-Schüssel- Regierung gelingen wird, das Problem des AKWs Temelin vor internationalen Organen zu erörtern.

Botschafter in Sofia Havlin wird vermutlich abberufen

Die Tschechische Republik wird ihren Botschafter in Bulgarien, Ondrej Havlin, wegen schwerer diplomatischer Vergehen vermutlich abberufen. Havlin habe - den tschechischen Tageszeitungen zufolge - mehrfach den Protest der Außenministeriums in Sofia provoziert. Der Botschafter habe Bulgarien in Festreden vorgeworfen, im Zweiten Weltkrieg mit deutschen Nazis kolaboriert zu haben und noch lange unreif für eine Mitgliedschaft in der EU und der NATO zu sein. Der tschechische Außenminister Jan Kavan leitete in Absprache mit Präsident Vaclav Havel das Verfahren zur Ablösung des Botschafters in Sofia ein.