Nachrichten Mittwoch, 09. Dezember, 1998
Am Freitag Treffen der politischen Spitzen zur Wirtschaftslage
Zu einem letzte Woche vom Chef der bürgerlich-demokratischen Partei ODS und Expremier Vaclav Klaus vorgeschlagenen Treffen, an dem neben ihm auch Premier Milos Zeman, Notenbankchef Josef Tosovsky und der Vorsitzende des tschechischen Gewerkschaftsverbandes Richard Falbr teilnehmen werden, wird es am Freitag dieser Woche kommen. Thema der Zusammenkunft ist die schlechte ökonomische Lage in Tschechien und mögliche Wege aus der Krise.
Arbeitslosigkeit in Tschechien erneut gestiegen
Im Monat November ist die Arbeitslosigkeit in der Tschechischen Republik erneut angestiegen. Wie das Arbeits- und Sozialministerium am Dienstag bekanntgab, stieg die Arbeitslosenquote im Vergleich zum Vormonat von 6,8 auf 7,0 Prozent. Ein Jahr zuvor hatte die Erwerbslosenqoten noch 4,9 Prozent betragen. Insgesamt sind in Tschechien 362.795 Menschen als arbeitslos registriert, wobei die regionale Verteilung der Arbeitslosigkeit starke Unterschiede aufweist. Eine traditionell niedrige Arbeitslosenquote hat mit 2,23 Prozent die Hautpstadt Prag, während die nordböhmischen Städte wie Most, Chomutov und Teplice mit bis zu 15 Prozent an der Spitze der Arbeitslosenstatistik liegen.
Helmut Zilk trifft mit Havel zusammen
Der ehemalige Wiener Oberbürgermeister Helmut Zilk, der aufgrund des Verdachts einer Zusammenarbeit mit dem tschechoslowakischen Geheimdienst Ende Oktober von einer staatlichen Ordensverliehung wieder ausgeladen wurde, trifft am Dienstag abend in Prag mit Präsident Vaclav Havel zu einem persönlichen Gespräch zusammen. Havel war für sein Vorgehen in der sogenannten Affäre Zilk heftig kritisiert worden, zumal sich der Verdacht gegen Zilk bis heute nicht erhärtet hat. Im Gegensatz zur tschechischen Regierung, die Zilk letzte Woche über das Aussenministerium eine Entschuldigungsnote zukommen liess, beabsichtigt Havel aber nicht, sich bei Zilk zu entschuldigen. Zur Untersuchung der Vorwürfe war zwischenzeitlich eine Regierungskommission eingerichtet worden, deren Arbeit jedoch auch keine Klarheit schaffen konnte, sodass eine weitere Bearbeitung des Falles nur vor einem Gericht erfolgen könnte. Der tschechische Innenminister Grulich erklärte am Dienstag zudem, dass hinter dem Artikel in der österreichischen Zeitschrift Format, in dem Montag die Vorwürfe gegen Zilk erneuert wurden, der gleiche Mensch stehe, der auch schon ein früheres Durchsickern von Geheiminformationen im Fall Zilk verursacht habe.
Inflation in Tschechien sinkt weiter
Die Inflationsrate in der Tschechischen Republik sinkt derzeit weiter. Im Vergleich zum Oktober nahm der Index der Verbraucherpreise um 0,2 Prozent ab, sodass die Inflationsrate auf das ganze Jahr gerechnet 7,5 Prozent beträgt. Analytiker rechnen daher bereits mit weiteren Zinssenkungen durch die tschechische Nationalbank. Diese wiederum erwartet nach den Worten ihres Vizechefs Pavel Kysilka für das Jahr 2000 bereits eine stagnierende Inflation oder sogar eine leichte Deflation.
Verteidigungsminister Vetchy in Budapest
Seinen zweitägigen offiziellen Staatsbesuch in Ungarn hat am Dienstag der tschechische Verteidgungsminister Vladimir Vetchy mit einem Gespräch mit dem ungarischen Präsidenten Arpad Göncz beendet. Zuvor war Vetchy bereits mit seinem ungarischen Amtskollegen Janos Szabo zusammengetroffen. Ziel des Treffens war eine gegenseitige Informierung über den Stand der Vorbereitungen zum NATO-Beitritt beider Länder, der spätestens im April nächsten Jahres erfolgen wird. Die Verteidgungsminister erklärten auch, sie wollten die Aufnahme auch der Slowakei in die NATO unterstützen, die in der ersten Welle der Osterweiterung der nordatlantischen Allianz nicht vertreten ist.
Wahl der Senatorin Lastovecka ungültig
Die Wahl der ehemaligen Oberbürgermeisterin von Brno/Brünn und Vertreterin der bürgerlich-demokratischen Partei ODS, Dagmar Lastovecka, in den tschechischen Senat wurde am Montag vom obersten Gericht Tschechiens für ungültig erklärt. Nach Ansicht des Gerichts war es in ihrem Wahlbezirk Brno-Stadt zu mehreren Verstössen gegen das Wahlgesetz gekommen, die eine Wahlwiederholung notwendig machten. Die Klage wurde von dem sozialdemokratischen Senatskandidat im gleichen Stimmbezirk eingereicht, der mit einem Unterschied von 243 Stimmen gegen Lastovecka knapp unterlegen war. Das Gericht kritisierte vor allem die laut Wahlgesetz wenige Tage vor der Wahl verbotene Veröffentlichung von Material mit dem Charakter einer Meinungsumfrage in der konservativen Tageszeitung Lidove noviny. Zudem war es der ODS-Kandidatin Lastovecka einen Tag vor der Wahl ermöglicht worden, sich in einem Regionalprogramm des Tschechischen Fernsehens zu präsentieren. Mehr zu diesem Thema in unserem aktuellen Beitragsblock.
Zeman: Skinheads verbieten
Für ein Verbot der rechtsradikalen Skinhead-Bewegung hat am Montag erneut der tschechische Premier Milos Zeman ausgesprochen. Nach einem Gespräch mit Präsident Havel zum Thema Rassismus in Tschechien, an dem auch Justizminiser Otakar Motejl, Innenminister Vaclav Grulich und Vizepremier Pavel Rychetsky teilnahmen, kündigte er an, seine Regierung wolle Rechtsradikale in Zukunft auch vom Geheimdienst beobachten lassen. Zudem sollen spezielle Polizeieinheiten gebildet werden, die sich der Problematik Ausländerfeindlichkeit und Rechtsradikalismus widmen.
Abschliessend die weiteren Wetteraussichten bis Donnerstag: Über das Gebiet der Tschechischen Republik strömt weiter Kaltluft von Nordwesten. Bewölkt bis bedeckt, örtlich Schneefall. Nachttemperaturen minus 4 bis minus 8, Tageshöchstwerte minus 5 bis minus 1 Grad Celsius.
Das waren die Nachrichten von Radio Prag. Weiter geht es mit meinem Kollegen Lothar Martin und dem aktuellen Beitragsblock.