Nachrichten Montag, 23. November, 1998
Senatswahlen: Erfolg für Viererkoalition, Verluste für CSSD und ODS
Mit einer Überraschung ist am Samstag die zweite Runde der Wahlen zur oberen Kammer des tschechischen Parlaments, dem Senat, ausgegangen. Klarer Wahlsieger wurde die sogenannte Viererkoalition, ein Wahlbündnis von vier kleineren konservativen Parteien. Deutliche Verluste trug die sozialdemokratische CSSD davon, und auch die bürgerlich- demokratische Partei ODS von Expremier Vaclav Klaus musste leichte Einbussen hinnehmen. Insgesamt wurde ein Drittel der Abgeordneten des Senats neu gewählt. Die Viererkoalition errang die Mehrheit in dreizehn von siebenundzwanzig Wahlkreisen, die ODS erhielt neun Senatssitze, die Sozialdemokraten drei und auch die kommunistische Partei gewann überraschend in zwei der Wahlkreise. Die Wahlbeteiligung war mit nur 20,7 Prozent die niedrigste bei Wahlen in Tschechien seit dem Regimewechsel von 1989. In ersten Reaktionen auf das Wahlergebnis gestand der Vorsitzende der sozialdemokratischen Partei CSSD und tschechische Premier Milos Zeman die Wahlniederlage seiner Partei ein und kündigte personelle Konsequenzen an. Vertreter von Christdemokraten und Freiheitsunion, der beiden stärkeren Parteien im Wahlbündnis Viererkoalition, sahen in dem Wahlergebnis vor allem eine Ablehnung der Zusammenarbeit der beiden grossen Parteien CSSD und ODS durch die Wähler. Unmittelbare Folge der Senatswahlen wird eine Auswechslung des Senatsvorsitzenden sein. Auf die Ablösung des bisherigen Vorsitzenden Petr Pithart hatten sich Sozialdemokraten und ODS bereits nach den Parlamentswahlen im Juni geeinigt. Die Sozialdemokraten hatten damals der Besetzung dieses Postens durch einen Kandidaten der ODS zugestimmt.
Möglicherweise Regierungsumbildung
Premier Milos Zeman und Vizepremier Pavel Rychetsky schliessen eine Regierungsumbildung unter Beteiligung der christdemokratischen Partei KDU-CSL nicht aus. Zeman sagte in einer Diskussionsrunde im privaten Fernsehsender NOVA am SOnntag, seine Partei müsse jederzeit mit einer Aufkündigung des Oppositionsvertrages durch die ODS rechnen. In diesem Vertrag war eine Tolerierung der sozialdemokratischen Minderheitsregierung durch die bürgerlich-demokratische Partei ODS geregelt worden. Auch Rychetsky schloss im tschechischen Fernsehen eine Regierungsumbildung mit dem Ziel, eine Regierung auf Basis einer parlamentarischen Mehrheit zu bilden, nicht aus. Rein rechnerisch hätten jedoch Christ- und Sozialdemokraten keine Mehrheit im Abgeordnetenhaus, sodass sie auf die Unterstützung weiterer Parteien angewiesen wären.
Treffen Dostal-Vlk am Montag
Zu einem Treffen auf Schloss Lany bei Prag werden am Montag Kulturminister Pavel Dostal und Kardinal Miloslav Vlk, der Primas der katholischen Kirche Tschechiens, auf Vermittlung von Präsident Vaclav Havel zusammenkommen. Letzte Woche war es nach einer Kritik Vlks an der tschechischen Regierung zu heftigen Wortgefechten zwischen Vertretern der katholischen Kirche und der Regierung gekommen. Premier Zeman hatte zudem eine Entschuldigung von Vlk für dessen kritische Äusserungen verlangt. Auf dem Treffen soll es um die Bestellung einer Regierungskommission gehen, die sich mit dem Verhältnis von Staat und Kirche in Tschechien beschäftigen soll.
Treffen der Mitteleuropäischen Initiative in Zagreb
Der tschechischen Premier Milos Zeman hat am Samstag an einem Treffen der Mitteleuropäischen Initiative in Zagreb teilgenommen. Der Zusammenschluss von sechzehn mitteleuorpäischen Staaten kündigte in einer gemeinsamen Erklärung nach dem Treffen an, die europäische Stabilität weiter ausbauen zu wollen und die politische und wirtschafltiche Zusamenarbeit der Mitgliedsstaaten in Zukunft zu intensivieren. In den bilateralen Verhandlungen der tschechischen Delegation war es Zeman zufolge um konkrete Einzelfragen wie etwa die Entsendung italienischer Berater im Kampf gegen die Mafia in Tschechien oder das Problem der illegalen Migration rumänischer Bürger über das Territorium der Tschechischen Republik gegangen.
Abschliessend die Wettervorhersage von Montag bis Mittwoch: Ab Montag Zufuhr wärmerer Luft auf das Gebiet der Tschechischen Republik. Heiter bis wolkig, vereinzelt Schneeschauer. Nachtemperaturen minus ein bis minus fünf Grad Celsius, Tageshöchstwerte null bis plus vier Grad.
Das waren die Nachrichten.