Nachrichten Samstag, 02. Oktober, 1999
Zunächst die Nachrichten:
Schröder verspricht Tschechien Hilfe bei EU-Kandidatur
Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder hat Tschechien größtmögliche Hilfe bei der angestrebten EU-Mitgliedschaft des Landes zugesichert. Deutschland sei "hilfreich, wo immer es geht, damit Tschechien im Jahre 2003 den Beitritt schafft", sagte Schröder am Donnerstag nach einem Treffen mit Präsident Vaclav Havel in Prag. Das tschechische Staatsoberhaupt bedankte sich bei Schröder für die dauerhafte deutsche Unterstützung des tschechischen EU-Beitrittswunsches. Gleichzeitig bezeichnete Havel die deutsch-tschechischen Beziehungen als ungewöhnlich gut. Das Treffen zwischen beiden Staatsmännern war nur ein Bestandteil des ersten offiziellen Besuches von Bundeskanzler Schröder am Donnerstag in Prag. Ausführlicher berichten wir darüber in unserem anschließenden Beitragsblock.
"Mladá fronta Dnes": Deutsch-tschechischer Frühling nicht zu Ende
Zum Besuch des deutschen Bundeskanzlers Gerhard Schröder in Prag schrieb die liberale Tageszeitung "Mladá fronta Dnes" am Freitag unter anderem: "Es sieht so aus, als ob der deutsch-tschechische Frühling, der mit dem Besuch des tschechischen Ministerpräsidenten Milos Zeman Anfang März in Bonn begonnen hat, auch mit dem Umzug der Bundesregierung nach Berlin nicht endet. Im Gegenteil: Während in Bonn wahrscheinlich ein endgültiger Punkt unter die Vergangenheit gesetzt wurde, waren in Prag Töne zu hören, die für die Zukunft vielversprechend sind. Das Versprechen, Tschechien auf dem Weg in die EU zu unterstützen, bestätigt den neuen außenpolitischen Kurs Deutschlands. Ein Kurs, der unlängst mit dem deutschen Engagement auf dem Balkan begann und über den Bundeskanzler Gerhard Schröder sagte, dass Berlin für Osteuropa eine Brücke in die EU werden will - eine Brücke, die im Interesse Deutschlands ist."
Lambsdorff: Knapp fünf Milliarden Mark sind an Entschädigung vorgesehen
Die tschechischen Bürger, die während des Zweiten Weltkriegs zur Zwangsarbeit in deutschen Unternehmen verdammt waren, werden den Worten von Tschechiens Außenminister Jan Kavan zufolge voraussichtlich im kommenden Jahr entschädigt werden. Dies sagte Kavan am Freitag in Prag nach seinem Treffen mit seinerzeit vom Nationalsozialismus verfolgten Bürgern, die er zuvor über die Prager Verhandlungen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder und dessen Bevollmächtigten informiert hatte. Der Vorschlag der deutschen Seite zur Entschädigung ehemaliger NS- Zwangsarbeiter liegt nach Angaben des Sonderbeauftragten der Bundesregierung, Otto Graf Lambsdorff, unter fünf Milliarden Mark. Anders lautende Presseberichte entsprächen ebenso wenig den Tatsachen wie die genannte Zahl von 900 000 Anspruchsberechtigten, sagte Lambsdorff der tschechischen Tageszeitung "Pravo", nachzulesen in der Freitag-Ausgabe. Der Vorschlag über die Höhe der Entschädigungssumme soll an diesem Montag in Washington unterbreitet werden.
Österreichs Kanzler Klima forderte erneut das Aus für Atommeiler Temelin
Den schweren Störfall am Donnerstag im japanischen Werk für Urananreicherung in Tokaimura, bei dem mehrere zig Menschen verstrahlt wurden, davon einige sehr schwer, hat man in Österreich als eindeutige Bestätigung für die Richtigkeit der konsequenten Abkehr gegenüber der Atomenergie wahrgenommen. Vor diesem Hintergrund hat der österreichische Kanzler und Vorsitzende der SPÖ, Viktor Klima, im österreichischen Fernsehen vor der Rekordeinschaltquote von 1,4 Millionen Fernsehzuschauern erneut verkündet, dass seiner Meinung nach der Beitritt der Tschechischen Republik in die EU mit einem Kernkraftwerk Temelin nicht möglich sei. Er bestätigte jedoch auch, dass die antiatomare Politik seiner Regierung nicht nur gegen tschechische und slowakische Kernkraftwerkbetreiber, sondern auch gegen den Atommeiler im slowenischen Krsk gerichtet sei, da alle diese Werke anhand amerikanischer Technologien errichtet worden seien. Ausarbeitung einer Fachstudie über Benes-Dekrete beschlossen
Das Tschechisch-deutsche Gesprächsforum hat dieser Tage beschlossen, eine fachliche Studie über die Rechtsnormen in den Jahren kurz vor und nach dem Zweiten Weltkrieg ausarbeiten zu lassen. Zu diesen Normen gehören auch die Benes-Dekrete, auf deren Grundlage die in der ehemaligen Tschechoslowakei lebenden Sudetendeutschen nach dem Krieg vertrieben wurden. Das Projekt mit dem Arbeitstitel "Die tschechoslowakischen Rechtsnormen in den Jahren 1938 - 1948 im Kontext zur Gesetzgebung der europäischen Länder im gleichen Zeitraum" wurde vom Verwaltungsrat des tschechisch-deutschen Zukunftsfonds vorläufig bewilligt und werde auch durch ihn finanziert, teilte der Co-Präsident des Gesprächsforums für die tschechische Seite, Pavel Tigrid, am Donnerstag gegenüber der Nachrichtenagentur CTK mit.
Havel und Zeman gratulieren Günter Grass zum Literatur-Nobelpreis
Die tschechischen Staatsmänner, Präsident Vaclav Havel und Premier Milos Zeman, haben am Donnerstag den deutschen Schriftsteller Günter Grass zum Nobelpreis für Literatur beglückwünscht. Vaclav Havel erklärte in seinem Glückwunschschreiben unter anderem, er freue sich über die Verleihung des Nobelpreises an Günter Grass und ebenso freue er sich auf die Zeit, wenn er nicht mehr Staatspräsident sein werde und alle Bücher von Grass werde lesen können. Regierungschef Zeman stellte in seinem Brief fest, man sei hierzulande stolz darauf, dass die höchste literarische Anerkennung einem langjährigen Freund der tschechischen Nation zuteil geworden ist, der seine Freundschaft selbst in schwersten Zeiten wie der Okkupierung der Tschechoslowakei 1968 durch die Armeen der Warschauer Paktstaaten bewiesen habe. Zeman lud Günter Grass zugleich zu einem Besuch nach Tschechien ein.
Erstmals wird Preis der Dagmar und Vaclav-Havel-Stiftung verliehen
Dem in den Vereinigten Staaten lebenden österreichischen Neurochirurgen Karl Pribram wird als erster herausragender Persönlichkeit auf dem Gebiet der Wissenschaften der Preis der Dagmar und Vaclav-Havel-Stiftung Vize 97 verliehen. Der Achtzigjährige hat sich insbesondere durch die Ausarbeitung einer holografischen Theorie des menschlichen Gehirns verdient gemacht. Der Preis der Stiftung Vize 97, der alljährlich an einen großen Denker verliehen werden soll, wird Pribram am kommenden Dienstag in Prag überreicht.
Kardinal Vlk zur Bischofssynode zum Vatikan abgereist
Das Oberhaupt der tschechischen katholischen Kirche, Kardinal Miloslav Vlk, ist am Donnerstag nach Rom gereist, wo er im Vatikan an einer dreiwöchigen Bischofssynode über Europa teilnimmt. Das Hauptthema der Tagung lautet: "Jesus Christus, lebendig in der heutigen Kirche - eine Inspirationsquelle für das Europa des 3. Jahrtausends".
Und hier die aktuelle Wettervorhersage:
Am Samstag wird das Wetter in der Tschechischen Republik durch den Zustrom wärmerer Luftmassen von Südwesten her beeinflusst. Es wird heiter bis bewölkt sein, vereinzelt ist mit Schauern zu rechnen, vor allem in der Nordhälfte des Landes. Morgens gelegentlich Frühnebel. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen Werte zwischen 17 und 22 Grad Celsius und in Höhenlagen über 1000 Meter bis zu 15 Grad Celsius. Die weiteren Aussichten: Am Sonntag keine Wetterveränderungen, in der Nacht zum Montag aber kommt es zu einer Abkühlung. Es bleibt heiter bis bewölkt, montags ist mit Schauern zu rechnen. Die Nachttemperaturen bewegen sich zwischen 12 und 8 Grad, die Tageshöchstwerte liegen zwischen 17 und 22 Grad am Sonntag und zwischen 14 und 18 Grad Celsius am Montag.
Das waren die Meldungen. Durch unser weiteres Programm begleitet sie nun Marcela Pozarek.