Nachrichten Samstag, 05. Dezember, 1998

Havel-Roma

Die Sitution in Usti nad Labem habe sich gebessert, erklärte der tschechische Staatspräsident Vaclav Havel am Freitag während seines Kurzbesuches in der nordböhmischen Grenzstadt. Havel wollte sich persönlich ein Bild von der Situation des Zusammenlebens der Bevölkerung mit der Roma-Kommunität machen. Die Stadt war durch die geplante Grenzmauer zwischen einem von Roma und Nichtroma bewohntem Wohnviertel in die internationale Kritik geraten.

Am Montag trifft sich Havel mit Regierungschef Milos Zeman und weiteren Regierungsmitgliedern, um Massnahmen gegen den existierenden Rassismus und Fremdenhass in Tschechien zu besprechen.

Tschechisch-deutsches Gesprächsforum in Dresden

In Dresden hat am Freitag die erste Sitzung des tschechisch- deutschen Gesprächsforums begonnen, das letztes Jahr in Ergebnis der bilateralen Versöhnungserklärung entstanden war und dem je 20 Mitglieder auf tschechischer und deutscher Seite angehören. An der Eröffnung der zweitägigen Konferenz nahmen der tschechische und der deutsche Präsident, Vaclav Havel und Roman Herzog, teil. Beide Politiker einigten sich darauf, dass der Zukunftsfonds, das Gesprächsforum und die Versöhnungserklärung eine Chance für die gemeinsame Zukunft und den Dialog zwischen beiden Völkern darstellen, der mehr als 40 Jahre lang nicht möglich gewesen war. Mit dem tschechischen sozialdemokratischen Abgeordneten Vladimir Lastuvka war auch die tschechische Seite erstmals vollständig mit 20 Mitgliedern im Gesprächsforum vertreten.

Verkehrsverbindung zwischen Tschechien und Sachsen

Verhandlungen über die Strassen und- Eisenbahnverbindung zwischen Tschechien und Sachsen hat am Freitag der tschechische Verkehrsminister Antonin Peltram aufgenommen. Einleitend traf er sich mit dem sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf sowie Arbeitsminister Schommer. Auf dem Programm stand die Besichtigung der Bauarbeiten auf der A17, die an der tschechischen Grenze an die Autobahn D8 anschliessen soll. Erörtert werden sollen ausserdem die Eisenbahnverbindungen im Erzgebirge und eventuell der Elbschiffverkehr. Der Autobahnabschnitt auf tschechischer Seite ist zum Zankapfel zwischen dem tschechischen Verkehrs- und dem Umweltministerium geworden, das gegen die von der Regierung vorgeschlagene Autobahnführung durch das dortige Naturschutzgebiet ist.

Verbrauchersteuer steht erneut zur Debatte

Der tschechische Finanzminister Ivo Svoboda ist entschlossen, dem Parlament kommende Woche einen novellierten Entwurf für das Gesetz über die Verbrauchersteuer vorzulegen. Der letzte war diese Woche in dritter Lesung vom Parlament abgelehnt worden.

Tschechische Armee rüstet ab

Die tschechische Armee plant den Grossverkauf von Panzern des Typs T-55 nach Georgien. Zuvor werde man jedoch sämtliche aussenpolitische Aspekte erwägen, was Angelegenheit des Aussenministerium sein soll, erklärte Petr Necas vom Verteidigungsausschuss der Abgeordnetenkammer. Die Panzer sollen der georgischen Polizei dienen.

Zilk rehabilitiert

Das gegen den ehemaligen Oberbürgermeister von Wien, Helmut Zilk, geführte Material der Staatssicherheitspolizei der Tschechoslowakei ist nach Worten des tschechischen Botschafters in Wien, Jiri Grusa, ohne jede Relevanz. Zilk wurde mit den Ergebnissen einer eigens gebildeten Kommission des tschechischen Innenministeriums bekanntgemacht und wird kommenden Dienstag nach Prag fahren. Dort trifft sich Zilk mit Präsident Havel, der die für Zilk geplante Staatsauszeichnung im Oktober auf Grund der Verdächtigung der Mitarbeit mit der Stasi zurückgezogen hatte. Weitere Treffen mit Regierungschef Milos Zeman und Parlamentschef Vaclav Klaus sind geplant. In einer Note an den österreichischen Botschafter in Prag, Peter Niesner, erklärte der tschechische Aussenminister Jan Kavan sein Bedauern über diesen Vorfall. Niesner dagegen fand anerkennende Worte für das Vorgehen der tschechischen Regierung, vor allem des Aussenministeriums und sagte, dass der Vorfall keinen Einfluss nehme auf die bisher guten Beziehungen zwischen beiden Ländern.

Menschenrechtskonferenz in Prag

Die Menschenrechte können nicht unter dem Symbol der Dominanz der euroatlantischen Zivilisation über den Rest der Welt durchgesetzt werden, erklärte am Freitag der stellvertretende Aussenminister Martin Palous zu Beginn der zweitägigen Internationalen Menschenrechtskonferenz in Prag. Exaussenminister und UNO- Sonderberichterstatter für die Einhaltung der Menschenrechte, Jiri Dienstbier, eröffnete am Freitag im Nationalmuseum eine Ausstellung anlässlich des 50. Jahrestages der Annahme der Allgemeinen Menschenrechtskonvention, die bis Anfang Januar läuft.

Überparteilicher nationaler Zusammenschluss zur Lösung der Wirtschaftsprobleme

Der derzeitige Vizechef der tschechischen Christdemokraten Jan Kasal will für den Posten des Vorsitzenden kandidieren. Dies teilte Kasal am Freitag auf einer Pressekonferenz in Brno mit. Kasal hat nach Josef Lux die Parteiführung übernommen, nachdem dieser aus Krankheitsgründen von sämtlichen Posten zurückgetreten war.

In Reaktion auf den Apell von ODS-Chef Vaclav Klaus zur gemeinsamen überparteilichen Lösung der nationalen Wirtschaftsprobleme meinte Kasal, dass die Christdemokraten zum Dialog bereit seien.

Die stellvertretende Parteichefin der Sozialdemokraten vertritt die Ansicht, dass ODS-Chef Klaus mit diesem Apell ein Schuldbekenntnis für den gegenwärtigen schlechten Zustand der Ökonomie abgegeben hat. Gleichzeitig begrüsste sie den Willen zur gemeinsamen Lösung, den sie als ein Zeichen der politischen Reife wertete.

Holocoust-Konferenz in Washington

In Washington verläuft derzeit die mehrtägige internationale Holocoust-Konferenz, an der auch eine mehrköpfige tschechische Delegation teilnimmt. In die Diskussion geraten ist dabei auch ein Rembrandt zugeschriebenes Bild, das sich in Besitz der Tschechischen Nationalgalerie befindet und dessen Herausgabe Frankreich offiziell beantragt hate. In Ergebniss einer vergleichenden Studie bestätigte der Belgier Marc van Dessel, dass es sich dabei um das Original handelt, das sich einst in Besitz des jüdischen Kunstsammlers Schloss van Dessel befunden hatte. In internationalen Sammlungen sollen sich mehrere Exemplare des Bildes "Alter Jude in Fellmütze" befinden, die den Anspruch auf die Echtheit stellen.

Senatswahlen

Der Höchste Gerichtshof der Tschechischen Republik hat bis in der Nacht auf Donnerstag innerhalb der gesetzgebenden Frist von zehn Tagen insgesamt 5 Beschwerden zu den Senatswahlen erhalten, die vor kurzem in Tschechien stattgefunden haben. Nur zwei sind gegen konkrete Personen gerichtet, und zwar gegen den Vorsitzenden der Freiheitsunion Jan Ruml sowie die ehemalige Brünner Oberbürgermeisterin Dagmar Lastovecka von der ODS.

Siemens-CKD

Der Siemens-Konzern will im Konsortium mit dem tschechischen Maschinenbaukonzernt CKD Praha das in Verzug geratene Bau-Projekt des SChnellzuges Pendolino vorantreiben. Dies erklärte heute der Vorstandschef von Siemens Heinrich von Pierer. In die CKD-Holding will Siemens nicht einsteigen. Eine eventuelle strategische Partnerschaft in der Verkehrs-Abteilung der CKD, die sich am Pendolino-Programm beteilige, werde man erst erwägen, wenn der Standpunkt der tschechischen Regierung vorliege. Siemens plane Pierer zufolge keinen Kapitaleinstieg in die nordböhmischen Skoda- Werke. gleichzeitig distanzierte er sich von der Beschuldigung, Siemens verursache den SkodaWerken Schwierigkeiten.

steigende Handelsbilanz zwischen Tschechien und Sachsen

Nach Russland und Frankreich ist der Freistaat Sachsen laut Nachrichtenagentur ctk der drittstärkste Handelspartner der Tschechischen Republik. Im vergangenen Jahr führte Tschechien Waren im Wert von 1,1 Milliarden DM nach Sachsen aus, im ersten Halbjahr dieses Jahres verfünfachte sich die Summe. Umgekehrt wurden Waren im WErt von mehr als 3, 5 Mio DM aus Sachsen nach Tschechien ausgeführt. Aus Tschechien werden überwiegend Eisen- und Holz-, bzw. Zementprodukte, aus Sachsen Automobil- bzw. Elektronikwaren eingeführt.

Jiri Grusa erhält Inter Nationes Preis 1998

Der derzeitige tschechische Botschafter in Österreich, Jirí Grusa, der erhält kommende Woche den Inter Nationes Kulturpreis. Der tschechische Schriftsteller Jiri Grusa war vor Wien langjähriger Botschafter in Bonn, kandidierte für die Oberkammer des tschechischen Parlaments und war 1997 kurzweilig Schulminister. Die Laudatio hält der deutsche Dirigent Gerd Albrecht.

Das waren die Nachrichtenmeldungen.