Nachrichten Samstag, 16. Dezember, 2000
Von Martina Schneibergova
Tschechische Politiker gratulieren George W. Bush
Das tschechische Außenministerium hat die Hoffnung geäußert, dass die neue US-Administration an die sehr festen gegenseitigen Beziehungen anknüpfen wird, die in der Zeit der Präsidentschaft von Bill Clinton herrschten. Das Außenministerium würdigte in seiner der Nachrichtenagentur ctk übermittelten Erklärung auch die Haltung von US-Vizepräsident Al Gore, den Rechtsstreit mit dem Republikaner George W. Bush nicht länger fortzuführen. Präsident Vaclav Havel, Premier Milos Zeman und Außenminister Jan Kavan haben George Bush bereits Glückwunschtelegramme übermittelt. Mehr über die tschechischen Reaktionen auf die Präsidentschaftswahlen in den USA bringen wir im Tagesecho im Anschluss an die Nachrichten.
Klestil wird mit Havel zusammentreffen
Der österreichische Bundespräsident Thomas Klestil wird am kommenden Mittwoch Prag besuchen, um Gespräche mit seinem tschechischen Amtskollegen Vaclav Havel zu führen. Darüber informierte am Freitag in Prag Präsidentensprecher Ladislav Spacek. Er schloss nicht aus, dass beide Staatspräsidenten über das südböhmische Atomkraftwerk Temelin sprechen werden. Klestil sollte Prag bereits am 28. November besuchen, Präsident Havel erkrankte jedoch an einer Lungenentzündung und musste sein Arbeitsprogramm stornieren.
Ungleichgewicht im Europaparlament?
Die Vorsitzenden der Parlamentsausschüsse zur Assoziierung der Tschechischen Republik, Ungarns und Rumäniens haben am Donnerstag in Strassburg die ungenügende Anzahl der künftigen Vertretung dieser drei Kandidatenländer im Europaparlament und im EU-Ministerrat kritisiert, auf die sich der EU-Gipfel in Nizza geeinigt hat. "Wir sind dadurch sehr beunruhigt, dass der neue Vertrag von Nizza mit einem starken Ungleichgewicht zwischen einigen Ländern rechnet, was deren Vertretung im Ministerrat und im Europaparlament anbelangt, heißt es in der Erklärung, die von den Vorsitzenden der Parlamentsausschüsse zur Assoziierung der drei erwähnten Länder verfasst wurde.
Die Tschechische Republik kann jedoch versuchen, eine stärkere Vertretung im Europaparlament auszuhandeln. Nach Meinung der Experten in Brüssel kann sie es entweder während der Beitrittsgespräche oder sofort versuchen.
Französische Abgeordnete verließ den Saal nach Zahradils Erklärungen
Die französische Abgeordnete des Europaparlaments für die Grünen, Danielle Auroi, hat am Donnerstag während der Beratungen zwischen EU und dem Parlamentsauschuss zur Assoziierung der Tschechischen Republik in Strassburg den Saal verlassen. Sie fühlte sich durch die Erklärungen des tschechischen Co- Präsidenten des Ausschusses Jan Zahradil gekränkt. Die Abgeordnete erklärte, dass sie anstelle einer Antwort auf ihre Frage nach dem AKW Temelin von Zahradil angegriffen worden sei mit den Worten, dass sie Französin sei und dass Frankreich viel Kernenergie produziere. Auroi kritisierte in ihren Ausführungen die Tatsache, dass das Europaparlament von der tschechischen Regierung nicht die Informationen über das AKW Temelin erhalten hat, die es vor der Inbetriebnahme des AKWs in seiner Resolution vom 8. September verlangt habe.
Österreichische Atomkraftgegner werden bis Ende Januar keine Grenzblockade organisieren
Vertreter der österreichischen politischen Parteien und der Atomkraftgegner haben sich am Freitag in Linz darauf geeinigt, dass sie bis Ende Januar 2001 tschechisch-österreichische Grenzübergänge nicht blockieren werden. Dies erklärte Josef Pühringer von der Oberösterreichischen Plattform gegen Atomgefahr. An diesem Samstag wird jedoch noch eine Protestversammlung in Wullowitz stattfinden, um die Forderungen der Atomkraftgegner bezüglich des südböhmischen AKWs Temelin zu unterstützen.
Sitler: 34.000 Opfer des Nazi-Regimes haben bislang eine Entschädigung beantragt
Ehemalige Zwangsarbeiter und andere Opfer des Nazi-Regimes können eine Entschädigung vom Fonds der deutschen Stiftung "Erinnerung, Verantwortung. Zukunft" bis zum 11. April 2001 beantragen. Bislang haben es ca. 34.000 Menschen gemacht. Dies erklärte der Sonderbotschafter für die Entschädigung tschechischer Nazi-Opfer, Jiri Sitler, am Freitag in Prag.
Wiesheu: Zahlreiche deutsche Firmen sind an Investitionen in Tschechien interessiert
Der deutsche Automobilhersteller BMW hat sich bisher nicht entschieden, wo er einen neuen Produktionsbetrieb erbauen wird, für den sich auch die Tschechische Republik interessiert. Darüber informierte der bayrische Wirtschafts- und Verkehrsminister Otto Wiesheu am Freitag auf einer Pressekonferenz in Prag. Die Vertreter der Firma BMW besuchten vor kurzem Ostrava und Frydek-Mistek in Nordmähren, das mittelböhmische Kolin und Pilsen-Nyrany in Westböhmen. An den Gesprächen, die Wiesheu mit dem tschechischen Industrie- und Handelsminister Miroslav Gregr führte, nahmen auch Vertreter der Firmen Grundig, E. ON, und Linde teil. Wiesheu erklärte, es gebe eine Reihe von deutschen Firmen, die in Tschechien investieren möchten.
Spediteure werden nicht protestieren
Die Koalition von vier Verbänden der tschechischen Spediteure wird keine Protestaktionen vorbereiten, um ihren Forderungen nach einer Lösung der Krise im Straßenverkehr Nachdruck zu verleihen. Die Vertreter der Spediteure konnten sich am Freitag mit Verkehrsminister Jaromir Schling darauf verständigen, dass fast alle ihre Forderungen erfüllt werden. Zu den Tarifen der Straßensteuer wird sich der Minister am 20. Januar nächsten Jahres äußern.
Kühnl ist Kandidat der Freiheitsunion für den Posten des Chefs der Viererkoalition
Karel Kühnl ist Kandidat der oppositionellen Freiheitsunion für den Posten des Chefs der Viererkoalition. Darüber entschied die Parteiführung auf einer Tagung am Freitag in Humpolec.
Zantovsky ist Kandidat der ODA für den Posten des Chefs der Viererkoalition
Die Führung der oppositionellen Demokratischen Bürgerallianz-ODA hat auf ihrer Sondersitzung am Donnerstag in Humpolec den Vizevorsitzenden der Partei, Michael Zantovsky, als Kandidaten für den Posten des Chefs der Viererkoalition nominiert. Zantovsky brachte seine Freude über das ihm gegenüber gezeigte Vertrauen zum Ausdruck und erinnerte daran, dass die ODA diese Kandidatur im Rahmen der Viererkoalition nicht überschätze, da sie nicht der größte unter den vier Partnern ist. Er erklärte, es sei gut, wenn alle Parteien der Viererkoalition ihren eigenen Kandidaten haben werden. Über die Besetzung des führenden Postens innerhalb der Viererkoalition wird der politische Rat bis Ende Januar 2001 entscheiden.
Kavan nach einer erfolgreichen Herzoperation
Der tschechische Außenminister Jan Kavan hat sich am Freitag in der Allgemeinen Uni-Klinik in Prag einer erfolgreichen Herzoperation unterzogen. Der Leiter des Chirurgenteams Professor Ivan Vanek erklärte, die Operation habe vier Stunden gedauert und sei ohne Komplikationen verlaufen, der Patient befinde sich momentan auf der Intensivstation.
Eine Demo für Ladronka fand auf dem Altstädter Ring statt
An die 300 Anhänger des Anwesens Ladronka im Prager Stadtteil Brevnov haben am Donnerstag Abend im Stadtzentrum der Hauptstadt demonstriert. Die Protestaktion sollte nach Meinung der Organisatoren daran erinnern, dass das Prager Rathaus am 9. November das Anwesen Ladronka unter Hilfe der Stadtpolizei räumen ließ. Das ehemalige Gut Ladronka wurde von den Squatters sieben Jahre lang bewohnt. Das weitere Schicksal des Objektes ist nicht bekannt.
Kunstwerke aus Winterthur werden in der Nationalgalerie ausgestellt
Graphiken und Aquarellzeichnungen aus den Sammlungen des Kunstmuseums in Winterthur werden seit Donnerstag in den Ausstellungssälen der Nationalgalerie im Kinski-Palais auf dem Altstädter Ring in Prag gezeigt. Die Ausstellung unter dem Titel "Von Edgar Degas bis zu Gerhard Richter" umfasst nahezu 300 Werke von mehr als 100 Künstlern und ist bis zum 25. März 2001 geöffnet. Die Sammlung ist nach Worten des Autors der Ausstellung Dieter Schwarz in den letzten 100 Jahren entstanden. Sie sei zudem vor allem dadurch wertvoll, dass in Winterthur, auch wenn es keine besonders große Stadt ist, in der Vergangenheit viele Kunstsammler gelebt haben, von denen die Mehrheit der Werke stammt.
Vor einem Jahr wurde die erste Nummer der Straßenzeitung "Novy prostor" herausgegeben
Die Wochenzeitung "Novy prostor", die von den Obdachlosen verkauft wird, feierte in diesen Tagen ihren ersten Geburtstag. Wie die Chefredakteurin Jaroslava Fricova erklärte, sei die erste Nummer der Zeitschrift ein Schwarz- weiß-Druck gewesen und in einer Auflage von 8.000 Stück in Rumänien gedruckt worden. In Prag wurde sie von 15 Verkäufern vertrieben. Heute beträgt die Auflage 25.000 Stück. Der Herausgeber ist die gleichnamige Bürgervereinigung Novy Prostor. Die Zeitschrift ist Bestandteil des internationalen Projektes Street Papers, das in Großbritannien entstanden ist. Novy Prostor wird in vier tschechischen Städten von ca. 400 Verkäufern angeboten.