Nachrichten Samstag, 16. Oktober, 1999

Nachrichten 16.10.99 Headlines:

Radio Prag Nachrichten 15.10.1999

Willkommen zu den Sendungen von Radio Prag, am Mikrophon begrüsst Sie MS. Zuerst bringen wir die Nachrichten, dann folgen Beiträge zum aktuellen Zeitgeschehen und der regelmässige Sportreport. Wir beginnen mit den Nachrichten:

Kavan - EU

In der ersten Hälfte des Jahres 2000 wird darüber entschieden, ob die Tschechische Republik imstande sein wird, alle von der EU-Kommission gestellten Bedingungen zu erfüllen und der EU im Jahre 2003 beizutreten. Dies erklärte der tschechische Außenminister Jan Kavan am Freitag auf einer Pressekonferenz. Seinen Worten zufolge sei die Tschechische Republik momentan auch dank den vergangenen Regierungen beispielsweise um zwei, drei Jahre nach Ungarn zurückgeblieben. Der Außenminister erklärte, die Europäische Union räumte in der letzten Zeit selbst ein, daß die Tschechische Republik bei der Übernahme der europäischen Legislative jetzt ein schnelleres Tempo angesetzt habe. "Wenn wir dieses Tempo beibehalten, bzw. in bestimmten Bereichen noch beschleunigen, und wenn es im Parlament gelingen wird, einige für die EU bedeutende Gesetze zu billigen und wenn es gelingen wird, an die Kollegen von anderen Parteien um Toleranz und Zusammenarbeit zu appelieren, bin ich davon überzeugt, dass wir immernoch die Chance haben, unter den ersten Staaten zu sein, die der EU beitreten werden, betonte Jan Kavan. Ausführlicher befassen wir uns mit diesem Thema im aktuellen Block im Anschluss an die Nachrichten.

EU - Staatsdienst

Die Tschechische Republik sollte bis Ende des Jahres 2000 das Gesetz über den Staatsdienst billigen und einführen. Dies fordert die EU-Kommission in ihrer "Beitrittspartnerschaft des Jahres 1999", die sie am vergangenen Mittwoch gemeinsam mit dem bewertenden Bericht gebilligt hatte. Diese Forderung wurde als eine der 30 kurzfristigen Prioritäten formuliert, deren Erfüllung von der Tschechischen Republik innerhalb von einem Jahr erwartet wird.

ODS - Koalition

Die schlechte politische Lage im Land können nach Meinung der Demokratischen Bürgerpartei-ODS weder die Minderheitsregierung noch vorgezogene Parlamentswahlen lösen. Aus diesem Grund ist die ODS davon überzeugt, dass die beste Lösung eine Regierungskoalition aller Parlamentsparteien außer Kommunisten wäre. Der ODS-Chef Vaclav Klaus zitierte am Freitag die Erklärung des Gremiums der ODS, in der es heisst, die beste Lösung sei die sog. "supergroße" Koalition aller im Abgeordnetenhaus vertretenen nicht kommunistischen Parteien.

Klaus - Vierkoalition

Der ODS-Chef Vaclav Klaus ist am Freitag nachmittag mit den Vorsitzenden der Christdemokratischen Volksunion-KDU-CSL, der Freiheitsunion-US, der Demokratischen Bürgerallianz-ODA und der Demokratischen Union-DEU zusammengetroffen. Das Treffen, bei dem sich die Parteien gegenseitig über die gegenwärtige politische Lage informierten, wurde Klaus von den Parteien der Vierkoalition angeboten. Der Chef der Christdemokraten Jan Kasal stellte in diesem Zusammenhang fest, die Vierkoalition interessiere sich für die authentische Meinung der ODS über die jetzige Lage im Land. Die Erklärung, in der die ODS die CSSD unter Berufung auf den Oppositionsvertrag am vergangenen Freitag zu Verhandlungen aufgefordert habe, halte die Vierkoalition für wahrscheinlich ernst gemeint, sagte Kasal. Die Parteien der Vierkoalition bestehen auch weiterhin auf der Kündigung des zwischen der ODS und der CSSD geschlossenen Oppositionsvertrags. Damit bedingen sie weitere Verhandlungen über die Bildung einer Mehrheitsregierung. Die ODS beabsichtigt jedoch nicht, den Oppositionsvertrag zu kündigen, bevor ein Abkommen über die Lösung der Lage im Land, die sie für ernst hält, geschlossen wird.

ODS - CSSD

Die Demokratische Bürgerpartei verlangt von den regierenden Sozialdemokraten, dass sie wenigstens die Hälfte ihrer Minister auswechseln und ein neues Mehrheitskabinett anstelle des bisherigen bilden sollen. Dies folgte aus der Erklärung des Vorsitzenden der Abgeordnetenfraktion der ODS, Vlastimil Tlusty, gegenüber dem privaten TV-Sender Nova. Neben Egon Lansky, über dessen eventuelle Abberufung im Zusammenhang mit der Verspätung der Vorbereitungen Tschechiens auf den EU-Beitritt gesprochen wird, sollten den Informationen des TV-Senders Nova auch weitere, für die ODS kaum annehmbare Minister das Kabinett verlassen. Diese hätten sich dazu jedoch bislang nicht geäussert.

Weltbank - Mertlik

Der Vizepremier und Finanzminister Pavel Mertlik hat am Freitag die Eröffnungsrede auf dem Fachseminar zur Präsentation der Studie der Weltbank über den Stand der Vorbereitungen Tschechiens auf den EU-Beitritt gehalten. Am Seminar nehmen neben den Vertretern der Weltbank u.a. der tschechische Chefunterhändler mit der EU, Pavel Telicka, und der Botschafter der EU in der Tschechischen Republik Ramiro Cibrian teil.

Maticni - Kabinett

Über die Patsituation in der Maticni-Strase im nordböhmischen Usti nad Labem/Aussig an der Elbe wird am Montag das Kabinett beraten. Die Stadt hatte am vergangenen Mittwoch eine Mauer zwischen einem mehrheitlich von Roma bewohnten Viertel und einer Wohnsiedlung bauen lassen, weil sich die Anwohner über "Schmutz und Lärm" beklagt hatten. Premierminister Milos Zeman erklärte, wäre er bei den Bauarbeiten gewesen, hätte er diese blockiert. Der Mauerbau wurde inzwischen auch von dem für die EU-Erweiterung zuständigen Kommissar Günter Verheugen kritisiert. Der Vorsitzende der Vereinigung der Roma in Mähren, Karel Holomek, stellte gegenüber der Nachrichtenagentur CTK am Donnerstag fest, hinter der zugespitzten Lage in der Maticni-Strasse stünde die Unfähigkeit der beteiligten Seiten, miteinander zu sprechen. Er räumte ein, dass nicht alle in der Maticni- Strasse wohnenden Roma die Meinungen der Vertreter der Roma-Initiativen teilen. Nach Meinung von Karel Holomek handelt es sich nicht um eine mit Rassismus verbundene Angelegenheit, sondern um eine bestimmte Art der Intoleranz, die für die ganze tschechische Gesellschaft allgemein gelte. Der Oberbürgermeister von Usti nad Labem, Ladislav Hruska, bezeichnete die Erklärung des EU-Kommissars Günter Verheugen über den Mauerbau als unannehmbar, da sie seiner Meinung nach offensichtlich nicht von sachlicher und legislativer Kenntnis des ganzen Problems ausgehe.

Gegen den Mauerbau in Usti sprach sich am Freitag der Generalsekretär des Europa-Rates Walter Schimmer aus. Während seines Treffens mit dem tschechischen Justizminister Otakar Motejl in Strassbourg forderte Schimmer die tschechische Regierung dazu auf, alles dafür zu unternehmen, dass der Mauer niedergerissen wird.

Soweit die Meldungen, durch das weitere Programm führt Sie jetzt Lothar Martin.