Nachrichten Samstag, 16. September, 2000
Die von der Europäischen Union kritisierte langsame Reform der tschechischen Justiz stellt ein brennendes Problem dar. Sie war das Hauptthema der Gespräche, die Präsident Vaclav Havel am Freitag mit den führenden Vertretern des Parlaments führte. "Es wird eine ernsthafte Angelegenheit für uns alle sein," kommentierte der Vorsitzende des Abgeordnetenhauses Vaclav Klaus die Tatsache, dass die Verwirklichung der Justizreform langsam vorangeht, weil das Parlament die entsprechenden Gesetzentwürfe nicht gebilligt hat. Die Gesetzentwürfe, die von Justizminister Otakar Motejl vorgelegt wurden, wurden von den Abgeordneten nicht verabschiedet. Auch am Freitag wurden weitere zwei Gesetzentwürfe des Justizministers zur Justizreform abgelehnt.
Präsident Havel wird eine Debatte zwischen den Befürwortern und Gegnern des IWF organisieren
Der tschechische Staatspräsident Vaclav Havel wird am 23. September auf der Prager Burg eine Debatte mit dem Titel "Praga-dialogi locus" organisieren, die sich auf die Hauptprobleme der gegenwärtigen Zivilisation beziehen wird. Der Präsident bot 300 Vertretern von Regierungen, des Internationalen Währungsfonds, der Weltbank, von weltweit wirkenden Finanzinstitutionen, nichtregierungsgebundenen Organisationen und unabhängigen Experten die Teilnahme an der Diskussion an. Darüber informierte Präsidentensprecher Ladislav Spacek. Die Debatte wird nach Meinung des Präsidenten eine Einleitung der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank darstellen. Vaclav Havel wird neben der Teilnahme an der Debatte "Praga-dialogi locus" dann am 26. September die Eröffnungsrede auf der Jahrestagung der beiden Finanzinstitutionen halten.
Gegner der Globalisierung bereiten sich auf Demos vor
Die Gegner der Globalisierung haben am Donnerstag in einem Dorf in Mittelböhmen ein Vorbereitungscamp errichtet. In der Umgebung des Hauses, dessen Adresse die Organisatoren des Camps nicht veröffentlichen wollen, werden sich tschechische sowie ausländische Aktivisten auf Demonstrationen gegen den Internationalen Währungsfonds und die Weltbank vorbereiten. Nach Schätzungen der Initiative gegen ökonomische Globalisierung werden bis zu 20.000 Gegner der Politik der beiden internationalen Finanzinstitutionen in Prag zusammentreffen. Die Initiative bereitet eine Diskussion mit dem Titel "Kontrasummit 2000" und zwei Protestmärsche durch Prag vor.
Abgeordnetenhaus billigte Geld für Holocaust-Opfer
Das Abgeordnetenhaus hat am Freitag die Überführung von 300 Mio. Kronen - etwa 17 Mio. Mark - vom Fonds des nationalen Besitztums in den Stiftungsfonds für die Holocaust-Opfer bewilligt. Einem entsprechenden Antrag der Regierung stimmten alle Mitglieder des Abgeordnetenhauses zu. Die Initiative soll tschechischen Holocaust-Überlebenden zu Gute kommen, die für Enteignungen aus den Jahren 1938 bis 1945 nicht entschädigt werden konnten. Außerdem sollen Bildungsmaßnahmen der jüdischen Gemeinde sowie Projekte zur würdigen Erinnerung an die Opfer des Holocaust unterstützt werden. Der tschechische Vizepremier Pavel Rychetsky stellte nach der Abstimmung fest, Tschechien sei das erste Land in der Region, dem es gelungen ist, diese nicht leichte Aufgabe wirkliche würdig zu bewältigen.
AKW Temelin darf die letzte Phase der Tests starten
Die staatliche Aufsichtsbehörde für nukleare Sicherheit hat am Donnerstag dem Atomkraftwerk Temelin erlaubt, von der sog. "Phase vier" zur "Phase drei" mit Temperaturen über 260 grad Celsius zu übergehen. Nach Worten des Sprechers der Behörde Pavel Pittermann begann damit im AKW Temelin die letzte Phase der Tests vor der Aktivierung der Brennstäbe.
Tschechische und österreichische Experten berieten über Temelin
Tschechische und österreichische Experten sind am Donnerstag im Institut für die Nuklearphysik in Rez bei Prag zur zweiten Runde der Verhandlungen über das AKW Temelin zusammengetroffen. Der Inhalt der Gespräche sei - so der Sprecher der staatlichen Aufsichtsbehörde für nukleare Sicherheit Pittermann - sehr fachlich gewesen.
Österreichische Gegner des AKW Temelin blockieren wieder die Grenzübergänge
Ungefähr 1000 oberösterreichische Gegner des AKWs Temelin haben am Freitag kurz nach 15 Uhr den österreichisch-tschechischen Grenzübergang Wullowitz-Dolni Dvoriste blockiert. Zur selben Zeit blockierten die ökologischen Aktivisten auch weitere sieben österreichisch-tschechische Grenzübergänge. Das Ziel dieser bereits dritten Blockade ist es, zu erreichen, dass das AKW Temelin vor der Inbetriebnahme nach europäischen Normen getestet wird, was seine Auswirkungen auf die Umwelt anbelangt. Den Protestaktionen schlossen sich bayrische Naturfreunde an, die eine Demonstration für den kommenden Sonntag in Philipsreut/Strazny planen.
Kavan: Eine tschechisch-österreichische Konferenz wird vorbereitet
Der tschechische Vizeaußenminister Pavel Telicka könnte bald mit seinem österreichischen Amtskollegen zusammentreffen, um ein Expertentreffen zu besprechen, bei dem eine Konferenz über tschechisch-österreichische Beziehungen vorbereitet werden soll. Darüber informierte der tschechische Außenminister Jan Kavan, der an der UNO-Vollversammlung in New York teilnimmt, am Donnerstag die Nachrichtenagentur ctk.
Tschechische Spediteure haben die geplante Blockade abgeblasen
Die tschechischen Spediteure, die für den Freitag eine Blockade wichtiger Verkehrsadern rund um Prag, Brno/Brünn, Olomouc/Olmütz, Hradec Kralove/ Königgrätz und Breclav/Lundenburg geplant hatten, haben ihr Vorhaben wieder abgeblasen. "Premier Milos Zeman ist auf eine unserer Forderungen eingegangen und hat uns Verhandlungen betreffs der Mineralölpreise zugesagt. Deshalb treten wir von unserem Vorhaben, am Freitag mehrere Straßenblockaden zu errichten, zurück," sagte der Vertreter der privaten Spediteure, Milivoj Lupac, am Donnerstag gegenüber der Nachrichtenagentur ctk.