Nachrichten Samstag, 31. Oktober, 1998

Radio Prag - Nachrichten - 30.10.98 - 17 Uhr

Herylich willkommen, liebe Hörerinnen und Hörer, zum Programm von Radio Prag in deutscher Sprache. In der folgenden halben Stunde hören Sie im Anschlu3 an die Nachrichten wie gewohnt unseren Beitragsblock mit Berichten zum aktuellen Zeitgeschehen in der Tschechischen Republik. Danach senden wir eine neue Ausgabe unseres Sportreports. Am Mikrophon begrü3t Sie Lothar Martin. Ich wünsche Ihnen einen ungestörten Empfang.

Zunächst die Nachrichten:

AFFÄRE ZILK

Eine ressortübergreifende Expertenkommission des tschechischen Auswärtigen Amtes und des Innenministeriums in Prag wird sich ab Montag mit der Geheimdienstakte des früheren Bürgermeisters von Wien, Helmut Zilk, befassen. Der heute 71jährige war möglicherweise ohne sein Wissen von 1965 bis 1967 beim tschechoslowakischen Geheimdienst (StB) als "vertraulicher Kontakt" geführt worden. In spätestens 14 Tagen soll die Kommission eine umfassende Analyse von dem Dokument vorlegen, sagte Au3enminister Jan Kavan am Freitag. Einen ersten vorläufigen Bericht über die Zwischenergebnisse der Kommission wird Innenminister Vaclav Grulich persönlich dem tschechischen Präsidenten Vaclav Havel bereits am kommenden Donnerstag vorlegen. Dies gab Grulich am Freitag in einem Gespräch für den Tschechischen Rundfunk bekannt.

Über die Aufhebung der Immunität des tschechischen Senators Vaclav Benda (ODS), der wegen seines Vorgehens in der Affäre Zilk bei einem entsprechenden Antrag des Gerichts der eventuellen Strafverfolgung ausgesetzt würde, müssten der Mandats- und Immunitätsausschuss des Senats und danach die Senatssitzung entscheiden. Dies teilte der ehemalige Vorsitzende und jetziges Mitglied des erwähnten Ausschusses Ludek Zahradnícek (US) am Freitag der Nachrichtenagentur CTK mit. Wie die Agentur weiter ausführte, hatte der Advokat Kolja Kubícek aus Prag zuvor den 52jährigen Benda wegen Geheimnisverrats und übler Nachrede angezeigt. Benda beharrt auf einer vorsätzlichen Zusammenarbeit Zilks mit dem StB, da er für seine Tätigkeit entlohnt worden sei. Der österreichische Politiker wies bisher alle Vorwürfe strikt zurück. In der fraglichen Zeit hatte Zilk als Mitarbeiter des österreichischen Fernsehens Sendungen aus Prag und Wien produziert.

ABGEORNETENHAUS STIMMTE FÜR AUFHEBUNG DES 14. GEHALTS

Das tschechische Abgeordnetenhaus hat am Freitag mit grosser Stimmenmehrheit dass vom Senat vorgelegte Gesetz verabschiedet, welches vorsieht, dass das diesjährige 14. Gehalt für Vertreter der Staatsmacht aufgehoben wird. Dem Gesetz zufolge werden in diesem Jahr die Bezüge aller Abgeordneten, Senatoren, Richter, staatlichen Vertreter und Mitglieder des Präsidiums der Kommission für Wertpapiere um ein Monatsgehalt gekürzt. Mit dieser Entscheidung werden 230 Millionen Kronen im Staatshaushalt eingespart. Das Abgeordnetenhaus billigte ferner den Regierungsvorschlag zur Gesetzesnovelle über den Staatshaushalt 1998. Die Novelle sieht vor, dass den Ministerien und Bezirksämtern ermöglicht wird, nicht ausgeschöpfte Staatsfinanzen des zurückliegenden Jahres zur Beseitigung der Folgen des diesjährigen Hochwassers zu nutzen.

EU LEHNTE ZUSAMMENARBEIT IN TEMELIN-KOMMISSION AB

Die Europäische Union hat ihre Beteiligung an der Kommission, die den Bau und die Sicherheitsvorkehrungen des Atomkraftwerkes Temelin begutachten soll, abgelehnt. Dies geht aus einem Schreiben des Vorsitzenden der Europäischen Kommission Jacques Santer, das am Freitag beim tschechischen Regierungsamt in Prag einging, hervor. Die Nachrichtenagentur CTK wurde darüber durch Zdenek Hrubý, dem Koordinator zur Begutachtung des Meilers Temelins, in Kenntnis gesetzt.

CERNY ZUR DEUTSCHEN AUSSENPOLITIK

"Ich bin überzeugt davon, dass die neue Bundesregierung die Politik der vorangegangenen Regierung fortsetzen wird, insbesondere was den Prozess der Erweiterung der Europäischen Union nach Osten hin anbelangt," sagte der tschechische Botschafter in der Bundesrepublik Deutschland, Frantisek Cerný, am Freitag in einem Gespräch für den Deutschlandfunk. Er ergänzte, dass die Tschechische Republik die Befürchtungen, die in Polen im Zusammenhang mit dem Regierungswechsel in Deutschland auftraten, nicht teile. "Die Tschechische Republik erwarte im Gegenteil vielmehr eine neue Dimension und eine neue Intensität der Beziehungen zu Deutschland," äusserte Botschafter Cerny wörtlich gegenüber dem Deutschlandfunk.

ABSAGE DES STAATSBESUCHS VON VACLAV HAVEL IN SÜDAFRIKA

Der tschechische Staatspräsident Vaclav Havel hat aus gesundheitlichen Gründen seinen für kommende Woche geplanten Besuch in Südafrika abgesagt. Die Ärzte des chronisch lungenkranken Havel hatten ihm von dem anstrengenden Flug dringend abgeraten. Mit einer ablehnenden Haltung reagierte man in der Südafrikanischen Republik auf die Absage des Staatsbesuchs von Vaclav Havel. Dies schrieben die Tageszeitungen "Zemské noviny" und "Slovo" in ihren Freitagsausgaben unter Berufung auf eine nicht genannte diplomatische Quelle. Darüber hinaus fügten sie an, dass die Südafrikanische Republik deshalb den Besuch des "Ersatzmannes" in Person von Aussenminister Jan Kavan abgesagt habe.

BEGINN DER SENDUNGEN VON RFE/RL IN DEN IRAN UND DEN IRAK

Radio Freies Europa/Radio Liberty haben am Freitag nachmittag ihre regelmässigen Sendungen in den Iran und den Irak begonnen. Die Redaktionen für beide neuen Sendungen haben ihren Sitz in Prag, die Sender allerdings sind ausserhalb des Gebietes der Republik stationiert, sagte der administrative Direktor von RFE/RL Jan Obrman am Freitag auf Anfrage der Nachrichtenagentur CTK.

Und abschlie3end der aktuelle Wetterbericht:

Am Samstag beeinflusst ein Kaltluftausläufer von West/Nordwest das Wetter in der Tschechischen Republik. Es wird überwiegend bewölkt sein, örtlich treten Regen oder Schauer auf, die in höheren Regionen in Schnee übergehen. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen Werte zwischen 5 und 9 Grad Celsius. Die weiteren Aussichten: Am Sonntag und Montag keine wesentlichen Wetterveränderungen, zum Teil wird es aber etwas wärmer. Die Tageshöchsttemperaturen bewegen sich zwischen 8 und 12 Grad am Sonntag und zwischen 6 und 10 Grad Celsius am Montag.

Das waren die Meldungen. Durch unser weiteres Programm begleitet Sie nun mein Kollegen Daniel Steinmetz.