Nachrichten Sonntag, 03. September, 2000

Von Lothar Martin

Grenzblockade zwischen Österreich und Tschechien wegen AKW Temelin

Über 2000 österreichische Atomgegner haben am Samstag den österreichisch- tschechischen Grenzübergang Wullowitz/Dolni Dvoriste blockiert, über den die internationale Transitroute zwischen Linz und Prag führt. Dazu waren Bauern der Region mit über 100 Traktoren zum Grenzübergang gezogen, um ihn für mehrere Stunden lahm zu legen. Weitere Protestaktionen gegen die geplante Inbetriebnahme des südböhmischen Kernkraftwerkes Temelin fanden zur gleichen Zeit an der Grenzübergängen Weigetschlag/Studanky und Guglwald/Predni Vyton statt.

In den Grenzblockaden fanden die von Seiten Österreichs erhobenen Sicherheitsbedenken gegen den Atommeiler ihren bisher deutlichsten Ausdruck. Demgegenüber sind die Reaktionen deutscher Politiker zur Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes - wie die Nachrichtenagentur CTK am Freitag berichtete - als sehr zurückhaltend und eher ausweichend einzustufen. Wie CTK weiter ausführte, habe eine Gruppe deutscher Abgeordneter auf der EXPO 2000 in Hannover jedoch geäußert, dass die österreichisch-tschechischen Differenzen wegen Temelin keine Hürde für den angestrebten EU-Beitritt der Tschechischen Republik darstellen. Ähnlich sehen dies die europäischen Gremien. Während die Europäische Kommission den "Fall Temelin" als einen bilateralen Konflikt zwischen den beiden Nachbarländern ansieht, hat das Europäische Parlament einen Vorschlag der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) nach Aufnahme des Problems Temelin auf die Tagesordnung der Plenartagung eindeutig zurück gewiesen.

Sudetendeutsche entschuldigen sich für Nazi-Racheakt 1942 in Lezaky

Worte der Entschuldigung mit der Bitte um Vergebung sind am Freitag zum ersten Male in den Ruinen des von den Nazis vor 58 Jahren niedergebrannten ostböhmischen Dorfes Lezaky bei Chrudim gefallen. Für das deutsche Volk hat sich der Vorsitzende der sudetendeutschen Ackermann-Gemeinde, Franz Olbert, bei des Hinterbliebenen der Opfer des damals durch die Nationalsozialisten verübten Massakers entschuldigt. Die Holocaust-Opfer hätten seine Worte bewegt angenommen, meldete die Nachrichtenagentur CTK. Olbert war mit weiteren Vertretern der katholischen Gemeinschaft der Sudetendeutschen nach Lezaky gereist. Das erste Treffen dieser Art war vom tschechischen Senator Petr Pithart angeregt worden. Lezaky war als Vergeltung für das Attentat auf den "stellvertretenden Reichsprotektor" Reinhard Heydrich am 24. Juni 1942 durch die deutschen Faschisten dem Erdboden gleichgemacht worden. 32 Einwohner des Ortes wurden ermordet und 11 weitere verschleppt.

"Lidove noviny": Unbelehrbare müssen hart bestraft werden

Über das Neonazi-Urteil von Halle schreibt die konservative tschechische Tageszeitung "Lidove noviny" am Samstag: "Das Gericht in Halle fällte auch für deutsche Verhältnisse sein Urteil sehr schnell und hart. Der Richterspruch - einmal lebenslänglich und zwei Mal neun Jahre Haft - ist beispielhaft und soll abschreckende Wirkung haben; gleichzeitig spiegelt sich in ihm die deutsche Erfahrung mit dem Kampf gegen Skinheads und Neonazis wieder. Das Urteil sagt ganz klar: Einige Menschen sind unbelehrbar und müssen für ihre Taten hart bestraft werden."

Tschechien und Israel führen zollfreien Handel mit Industriegütern

Am Freitag ist die zwischen Tschechien und Israel getroffene bilaterale Vereinbarung über den freien Handel endgültig Realität geworden. Danach können sämtliche Industriegüter zwischen beiden Ländern zollfrei ein- und ausgeführt werden. "Das gilt nunmehr auch für Fahrzeuge und elektrotechnische Erzeugnisse, nachdem schon zum 1. Januar dieses Jahres mehrere Zölle aufgehoben worden sind," teilte das tschechische Industrie- und Handelsministerium am Freitag gegenüber der Nachrichtenagentur CTK mit.