Nachrichten Sonntag, 29. Oktober, 2000

Von Lothar Martin

Tschechien feierte Nationalfeiertag zum Gründungsjahrestag der CSR

In Tschechien und der Slowakei wurde am Samstag der Nationalfeiertag begangen, der mit dem vor 82 Jahren gegründeten selbständigen tschechoslowakischen Staat verknüft ist. Höhepunkt und traditioneller Bestandteil der Feierlichkeiten war die durch Staatspräsident Vaclav Havel vorgenommene Verleihung von staatlichen Auszeichnungen an herausragende Persönlichkeiten der Gegenwart und Vergangenheit. In diesem Jahr wurde diese Ehrung über 40 verdienstvollen Persönlichkeiten, darunter Prof. Hans Dieter Zimmermann von der TU Berlin, zuteil. Die Mehrzahl der Ausgezeichneten war zuvor von Senatspräsidentin Libuse Benesova im tschechischen Senat empfangen worden.

Ebenso traditionell für den Staatsfeiertag ist, dass die Bürger des Landes und ihre Gäste an diesem Tag wieder von der Möglichkeit Gebrauch machen konnten, für die Öffentlichkeit ansonsten geschlossene Gebäude wie das Abgeordnetenhaus, den Senat und das Regierungsamt zu besichtigen.

Präsident Havel wohnte Vereidigung von Jungsoldaten bei

Zum Nationalfeiertag haben rund 600 Jungsoldaten in Anwesenheit von Staatspräsident Vaclav Havel auf dem zentralen Platz vor der Prager Burg ihren militärischen Eid abgelegt. Rund 200 Brünner Bürger wiederum haben auf dem Komensky-Platz der mährischen Messestadt an der Gedenkveranstaltung aus Anlass des 82. Jahrestages der Gründung der Tschechoslowakei teilgenommen.

Tschechische Links- und Rechtsradikale demonstrierten zum Feiertag

Ca. 60 junge Anhänger der anarchistischen Bewegung haben zum Nationalfeiertag am Samstag in der Prager Innenstadt gegen den sich äußernden Rechtsextremismus in der Tschechischen Republik demonstriert. Zur gleichen Zeit führten rund 150 Anhänger der nationalistischen Heimatfront in der tschechischen Hauptstadt eine Kundgebung durch, die mit einem anschließenden Marsch zum Friedhof in Prag-Vysehrad beendet wurde. Beide Gruppen wurden von der Polizei begleitend überwacht und voneinander getrennt gehalten. Auch im Zentrum der nordmährischen Bergarbeiterstadt Ostrava/Ostrau versammelten sich mehr als 100 Anhänger der Heimatfront zu einer Kundgebung.

Freiheitskämpfer-Chef Cermin übte Kritik an Tschechiens Weg nach 1989

Der Vorsitzende des Tschechischen Freiheitskämpfer-Verbandes Jakub Cermin hat während einer Festveranstaltung zum Nationalfeiertag den nach der "Samtenen Revolution" im November 1989 von der Tschechischen Republik eingeschlagenen Weg zur Demokratie kritisiert. "Ich bin unglücklich, wenn ich feststellen muss, dass wir bei der Umgestaltung unserer Gesellschaft nach 1989 Experimente gewagt haben und anstatt des klassischen, weil beglaubigten Herangehens der Weg von nicht beglaubigten Schritten zur Lenkung des Staates eingeschlagen wurde," sagte Cermin.

Klaus: Widerstand Österreichs gegen Temelin ist künstliche Kampagne

Die österreichischen Forderungen nach einer Überprüfung der Sicherheit des Atomkraftwerkes Temelin sind nach Ansicht des tschechischen Abgeordneten- und ODS-Chefs Vaclav Klaus eine künstliche, beabsichtige und stellvertretende politische Kampagne, die mit der Qualität des AKW´s Temelin überhaupt nichts gemeinsam habe. Klaus erwiderte dies am Samstag auf die Frage der Nachrichtenagentur CTK, wie er die fortschreitenden Demonstrationen der österreichischen Kernkraftgegner an der österreichisch-tschechischen Grenze sowie das bevorstehende Treffen der Ministerpräsidenten Wolfgang Schüssel und Milos Zeman am Dienstag in Brno/Brünn wahrnehme. Demgegenüber hat die Umweltorganisation Greenpeace nach dem zwischenzeitlichen Ausfall von vier Hauptzirkulationspumpen im umstrittenen Atommeiler eine komplett neue Prüfung der Anlage gefordert. Die tschechischen Betreiber des AKW´s stuften den "Vorfall" als unerheblich ein.

Gross und Hardrath verhandelten über Zusammenarbeit der Polizei

Die Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen den Polizeieinheiten der Tschechischen Republik und des Freistaates Sachsen stand im Mittelpunkt der Gespräche, die der tschechische Innenminister Stanislav Gross und sein sächsischer Amtskollege Klaus Hardrath am Freitag in Prag führten. Als weitere Aspekte der Gespräche wurde über die Zusammenarbeit der Polizeikräfte beim Schutz der Staatsgrenze und bei der Beseitigung der Auswirkungen von Naturkatastrophen wie Waldbränden und Hochwassern diskutiert. Als ein großes und dauerhaftes Problem wird die Kinder-Prostitution im Grenzgebiet angesehen, gegen die man gemeinsam vorgehen will, hieß es.