Sportreport

Noch einmal herzlich willkommen zu einer verkürzten Ausgabe des Sportreports. Am Mikrofon begrüßt Sie Lothar Martin.

Die hinterhältigen Terrorangriffe von Extremisten in den USA haben allen Lebensbereichen einen gewissen Schock versetzt, nichts ist mehr so ungetrübt wie vorher. Auch der Sport blieb davon nicht unberührt. Er bedeutet - sowohl aktiv als auch passiv - für die Menschen in aller Welt vor allem Spaß und Unterhaltung. Schöne Unterhaltung. Man hat für ihn jedoch nur Zeit und Muße, wenn die Welt sicher ist. Und wie sich am Dienstag gezeigt hat, ist sie es nach wie vor nicht. Deshalb war es in der Tat mehr als unverständlich, dass am Dienstag auch in Tschechien nach dem Bekanntwerden der Ereignisse in New York, Washington und Pittsburgh noch nationaler und internationaler Sport auf der obersten Niveauebene betrieben wurde. Vornehmlich die Vertreter der Europäischen Fußball-Union (UEFA) müssen sich den harten Vorwurf gefallen lassen, pomadig und unsensibel reagiert zu haben, indem man die für Dienstag angesetzten Spiele in der Champions League und im UEFA Cup durchführen ließ und nicht absagte.

Eines dieser Spiele war die UEFA-Cup-Partie zwischen der Prager Mannschaft Viktoria Zizkov und dem österreichischen Meister FC Tirol Innsbruck. Die Begegnung war eigentlich nebensächlich geworden und wurde dennoch ausgetragen. Doch der allgemeinen Situation entsprechend war sie relativ emotions- und farblos und endete auch noch torlos vor der Geisterkulisse von nur 1300 Zuschauern. Die informierten Prager hatten wohl weitaus anderes im Kopf, als zum Fußball zu gehen. Nach dem Spiel bestätigte auch der Trainer der Innsbrucker, Kurt Jara, dass den Spielern seiner Mannschaft eigentlich ganz andere Dinge als Fußball im Kopf herum geisterten.


Am Mittwoch setzte die UEFA endlich alle für diesen und den nächsten Tag vorgesehenen Begegnungen in den von ihr veranstalteten Wettbewerben ab. Volles Verständnis, ja sogar Erleichterung war denn auch von den Vertretern tschechischen Teams zu hören, die ansonsten im Einsatz gewesen wären. "Die Entscheidung der UEFA respektieren wir voll und ganz. Das, was in den Vereinigten Staaten geschehen ist, ist eine weltweite Katastrophe. Der Fußball ist in diesem Moment total nebensächlich," erklärte der Klubchef des tschechischen UEFA-Cupvertreters Sigma Olomouc, Jirí Kubícek, gegenüber der Nachrichtenagentur CTK. Eine nahezu gleichlautende Meinung vertraten auch die Verantwortlichen der anderen tschechischen Klubs. Der Trainer von Marila Príbram, Jirí Kotrba, sprach überdies davon, dass er am Dienstag wechselweise bei den Fernsehübertragungen vom Fußballspiel Zizkov gegen Innsbruck zur Berichterstattung über die tragischen Ereignisse hin und her gezappt habe. "Auf den Fußball konnte ich mich überhaupt nicht konzentrieren," schilderte Kotrba seine Eindrücke.

Tief und prägend werden auch die Eindrücke und Empfindungen gewesen sein, die der tschechische Rennfahrer Tomás Enge diese Woche erlebt haben dürfte. Noch am Montag wurde auf einer feierlichen Pressekonferenz im Garten der Prager Villa seines Managers Antonín Charouz verkündet, dass Enge der erste tschechische Pilot in der Formel 1 sein wird, da sich der französische Rennstall Prost-Acer seine Dienste für den WM-Lauf am Sonntag in Monza gesichert hatte. Doch nur einen Tag später, an seinem 25. Geburtstag, wurde auch Enge von den Ereignissen in Amerika eingeholt. Ob der Grand Prix von Italien nun stattfindet oder nicht, sein Debüt hätte sich der aus Liberec/Reichenberg stammende Enge sicher anders vorgestellt. Nichtsdestotrotz glaubt er an seine Chance für eine zukünftige Formel-1-Karriere. Dabei verriet er bei der Pressekonferenz in Prag, welchen Vorbildern er gern nacheifern möchte: "Ich denke, was die Schnelligkeit auf der Strecke anbelangt, sicher Michael Schumacher, was die wilde Unbekümmertheit anbelangt, so ein wenig Juan Pablo Montoya, und was die Ausgeglichenheit anbelangt sowie den Fahrer, der nicht nur mich, sondern die Mehrheit aller Experten überrascht hat in dieser Saison, dann Kimi Räikkönen."

Zum Abschluss unserer heutigen Sendung leider noch ein traurige Nachricht: nach langer schwerer Krankheit ist am Donnerstag in London der ehemalige tschechoslowakische Tennisspieler Jaroslav Drobný gestorben. Der dreifache Sieger eines Grand-Slam-Turniers war 1954 der erste Tscheche, der Wimbledon gewann. Drobný wurde 79 Jahre alt.