Galeriebesuch in Südmähren

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Liebe Hörerinnen und Hörer im heutigen Kulturspiegel entführen wir Sie in die südöstliche Ecke Tschechiens, nach Uherske Hradiste. Wir machen aber keine klassische Stadtbesichtigung, sondern möchten Sie zu zwei ganz unterschiedlichen Galeriebesuchen einladen. Das Programm zusammengestellt hat Marcela Pozarek.

Die königliche Stadt Uherske Hradiste wurde im Jahre 1257 durch Premysl Otakar II gegründet mit dem Ziel die südöstliche Grenze des tschechischen Königsreichs zu befestigen. Das Gebäude, welches wir als erstes besuchen wollen wurde im 18. Jahrhundert als kaiserliches militärisches Waffendepot erbaut. Heute ist darin die Galerie des Mährisch-Slowakischen Museum untergebracht. In dieser Galerie kann man noch bis zum 19. November eine aussergewöhnliche Fotografieausstellung des deutschen Fotografen Erwin Raupp besichtigen. Die Kuratorin der Ausstellung Marie Martykanova führte uns durch die Exposition und erläuterte uns zu Beginn gleich einmal, wie es Erwin Raupp vor gut 100 Jahren nach Südostmähren verschlagen hatte:

"Am Anfang dieser mährischen Reise stand ein sehr merkwürdiges Ereignis. Erwin Raupp bekam Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland den Auftrag in der Niederlausitz Trachten zu fotografieren. In Bautzen hat man einige Jahre später ein Museum für sorbische Kultur eröffnet und Erwin Raupp konnte dort seine Fotografien ausstellen. Der damalige Museumsleiter teilte ihm mit, dass es in Mitteleuropa eine Ecke gibt, wo Traditionen und Gewohnheiten der Landbevölkerung in einer sehr reinen Form erhalten sind. Das hat Raupp interessiert, er hat dem hiesigen Kunstsammler Frantisek Kretz geschrieben, der die Region Mährische Slowakei aus volkskundlicher Sicht bestens kannte und so kam Raupp aus Neugier im Jahre 1904 hierher. Von dieser Reise sind 46 Fotografien erhalten geblieben, nach dem Tod des Kunstsammlers Kretz hat das mährisch-slowakische Museum dieses Konvolut erhalten."

Die Fotografien hat man während all der Jahre eher als Begleitmaterial für volkskundliche Ausstellungen verwendet, später aber ihren künstlerischen Wert erkannt und die Fotografien in die Kunstsammlung aufgenommen. Somit ist es das erste Mal in Mähren überhaupt, dass man zur Zeit das Werk von Erwin Raupp betrachten kann, auch wenn Details über Raupps Mährenaufenthalt nicht bekannt sind.

"Wir wissen nicht genau wie lange sich Raupp hier aufhielt, aber es muss im Sommer gewesen sein, denn er hat Fotos gemacht von der Kyrill- und Method -Wallfahrt auf den Velehrad. Neben Velehrad hat er auch Uhersky Brod besucht und ist bis nach Südmähren gereist, wo er beispielsweise Lanzhof besuchte. Man kann also sagen, dass er die Mährische Slowakei sehr gut kennen lernte."

Worin besteht der besondere Wert von Raupps Momentaufnahmen des Lebens in Südmähren. Die Kuratorin Marie Martykanova:

"Das Mährisch Slowakische Museum konzentriert sich hauptsächlich auf Volkskunde und Raupps Bilder passen da sehr gut in diese Linie. Erstaunlich ist zudem, wie es Raupp gelungen ist - der ja die Gegend hier überhaupt nicht kannte - nicht nur die Realität festzuhalten, aber vor allem die Atmosphäre dieser Zeit. Der Sammler Frantisek Kretz hat ihm hier alles gezeigt, was typisch und einmalig an dieser Gegend ist. Raupp hat in seinen Aufzeichnungen festgehalten, dass er ohne einen solchen Ortskundigen verloren gewesen wäre."

Sich in der Ausstellung von 36 präsentierten Bildern zu verlieren droht jedoch nicht:

"Die Ausstellung besteht aus verschiedenen Themenkreisen. Am Anfang steht diese Wallfahrt auf den Velehrad, da ist diese feierliche religiöse Stimmung festgehalten. Dann folgen Bilder aus dem Alltagsleben, wie ein Pferdemarkt z.B. Wir haben auch Genrebilder ausgestellt, mit Abbildungen von Kindern. Ein selbstständiger Teil der Ausstellung bilden die Porträtstudien, er hat unter der armen Bevölkerung Menschen ausgesucht, die als Charaktere interessant sind.

Zu der Zeit hat man auf dem Land noch traditionelle Trachten getragen. Während der Woche trug man Arbeitskleider und für die Festtage hat man die reich geschmückten Trachten angezogen. Das lässt sich sehr gut auf diesen Fotografien nachvollziehen."

Von der Galerie des mährisch-slowakischen Museum begeben wir uns in die Privatgalerie Zeman, die dem Künstler Borek Zeman gehört. Wir haben hatten die Gelegenheit in den Galerieräumen sowohl das Werk von Zeman zu betrachten, also auch mit dem Künstler selbst zu sprechen und wollten von ihm wissen, ob er sich als eingefleischter Südmähre fühle.

"Das in keinem Fall, den einerseits kommt mein Vater aus Brünn, meine Mutter aus der Walachei und die Grosseltern kommen aus Böhmen. Zu Hause haben wir immer die Hochsprache gesprochen und wann immer ich irgendeinen Dialekt höre, dann denke ich, dass man da einfach nicht unterscheiden sollte, von wo jemand kommt."

Von der Sprache nun aber gleich zur Kunst, wie kam Zeman zu seinem Metier, was stand an erster Stelle:

"Natürlich die Familientradition. Mein Vater war Sonntagsmaler und in meinem Kinderzimmer hing eine Rembrandtkopie, sein Selbstporträt und das hat mich auf gewisse Weise geprägt. Ich habe an der Kunstakademie in Prag Bildhauerei studiert, wollte aber immer Maler sein. Dieses malerische Interesse verwirklichte ich, in dem ich Bronzereliefs anfertigte, dass ist ja eigentlich plastische Malerei. Ich bin heute ein passionierter Liebhaber der figuralen Malerei und wenn Sie hier meine Arbeiten betrachten, sehen Sie dass es egal ist, wie und womit man arbeitet. Ich male wie ich es empfinde und tendiere eher zum expressiven Realismus. Am meisten inspirieren mich Dinge, die mich umgeben, meine Frau, meine Kinder, meine Familie und heute natürlich auch diese Region hier. Südmähren, die Weinberge und die Menschen."

Also, ist der Künstler doch auf spezielle Weise mit dieser Region verbunden.:

"Ja, weil ich hier lebe und die Gegend wahrnehme. Es ist hier ja wärmer, dann gibt es da den Wein, ich liebe die Natur sehr. Aber ich mag beispielsweise auch Südböhmen."

Falls Sie, liebe Hörerinnen und Hörer Borek Zemans Werk interessieren sollte müssen Sie nicht unbedingt nach Südmähren fahren, er stellt nämlich von Zeit zu Zeit auch in Deutschland aus, in Nordrhein- Westfalen. Er hat schon vor der wende in Westdeutschland ein Skulptur aus Lavabasalt mit dem Titel "Mutter der Erde" gezeigt, in diesem Jahr wird er kurz vor Weihnachten in der Stadt Daun in einer Volksbank- Filiale ausstellen und einer seiner deutschen Kollegen, Peter Mütler aus Meien wird wiederum in Zemans Galerie in Uherske Hradiste seine Eisenobjekte präsentieren. Wie Sie also hören konnten, haben sowohl Erwin Raupp als auch Borek Zeman nicht nur einen starken Bezug zur südmährischen Region- auch die Beziehung zu Deutschland fehlt bei ihnen nicht.

Autor: Marcela Pozarek
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