Theoretisch Information, praktisch Unterhaltung - TV 3 sucht seine Zuschauer
In Spanien gibt es einen Fernsehsender, der heißt TV 3. Das ist ein Unterhaltungssender, der sich nicht gerade durch ein sonderlich anspruchsvolles Programm auszeichnet. Auch Tschechien hat nun sein eigenes, neues TV 3-Programm, das allerdings alles bisher da gewesene auf dem tschechischen Fernsehmarkt besser machen will. Ob und wie TV 3 den tschechischen Fernsehmarkt verändert, das ist unser Thema heute im Medienmagazin. Am Mikrophon ist Danilo Höpfner.
"Wir sind neu, wir sind jung und wir sind dynamisch." So begann die Presseinformation zum Sendestart von TV 3, verbunden mit einer riesigen Werbeshow. Anspruchsvoll und informativ, das waren die Ziele des dritten großen tschechischen Privatsenders, der nun schon anderthalb Monate auf Sendung ist. Spielfilme, Sportsendungen und Wirtschaftmagazine wurden zum Sendestart zu den großen Aushängeschildern des Senders erklärt.
Wie relativ und breit eine Definition von "Informationsfernsehen" bzw. Infotainment sein kann, zeigt ein Blick auf das Sendeschema des Programms, oder noch besser, in das Programm von TV 3. Der Nachmittag besteht aus Serien wie Crash, Königin Margot, Ein Indianer in der Stadt; Talkshows, Sitcoms und jeder Menge Musikclips, von CzechDance und UltraMix zur MusicBox und den Hits von TV3. Spannend, bzw. informativ wird es dann in den Abendstunden. Von 19 bis 20 Uhr ist das Programm vollgepackt mit Informationssendungen. Der "Metropolitni Expres" ist das Herzstück der Information - lokale Berichterstattung aus den tschechischen Grosstädten, aus Prag, Ostrava, Karlovy Vary und Plzen, Brno und Liberec. Im Anschluss folgt der Tagesexpres/ExpresDnes mit dem aktuellen Tagesgeschehen aus allen gesellschaftlichen Bereichen aus dem Inn- und Ausland. Nur 15 Minuten später folgt der "BusinnesExpres" mit den Wirtschaftsnachrichten aus der Heimat und aller Welt. Schließlich folgt noch die Sendung "Studio 3" und auch den Mini Express mit Kurznachrichten gibt es noch.Eigens für dieses konzentrierte Abendpaket von Nachrichten hat TV 3 einen Vertrag mit der größten tschechischen Tageszeitung MF DNES geschlossen, die über eine eigene Bildredaktion Nachrichten aus Tschechien zuliefern wird. Bei so viel Informationsanspruch auf der einen und seichter Unterhaltung auf der anderen Seite drängt sich die Frage auf, ob es die erwünschten Zuschauer des neuen Senders überhaupt gibt. Marktführer TV NOVA, bekannt als tschechische Variante des deutschen RTL-Unterhaltungsdampfers, erreicht mit seinen Infotainment-Nachrichtensendungen, die ebenfalls das regionale überbetonen die höchsten Einschaltquoten im Lande.
Und überhaupt, der hiesige Fernsehmarkt scheint bereits aufgeteilt zu sein. Neben der übermacht von TV NOVA mit rund 50 Prozent Marktanteil blasen auch die beiden öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten und der zweite große Privatsender PRIMA zum Angriff auf den Neuling, nicht zu vergessen die zahlreichen lokalen Privatsender in den Städten, denen TV 3 mit seiner ausgeprägten Lokalberichterstattung ein besonders schmerzhafter Dorn im Auge ist.
"Beim neuen Sender TV 3 wird durch ein neues Format alles moderner und schneller sein. Wir wenden uns an ein spezielles Publikum wenden, das bedeutet an Zuschauer, die etwas jünger sind, besser gebildet und über höhere Einkünfte verfügen. Wir bieten großstädtischen Lifestyle und ich glaube damit werden wir Erfolg haben...," sagt der Generaldirektor Jan Obermann, ehemaliger Leiter des Radiosenders Radio Freies Europa in Prag über sein neues Publikum.
TV3 will an das junge, kaufkräftige Publikum, wie alle anderen übrigens auch. Vor allem der hierzulande so überaus beliebte Sport im Fernsehen dürfte mit Sendungen wie "Auto Motor Klub-Magazin" oder Übertragungen der NHL-Eishockeyspiele für einen gewissen Zuschauer-Wachstums-Kick sorgen.
Vor allem an die Menschen in der Stadt ist da gedacht worden, wie nicht zuletzt die Lokalberichterstattung beweist, die ausschließlich auf das Publikum in den Großstädten abzielt, nicht aber auf Zuschauer im ländlichen Raum. Ohnehin ist TV 3 nur in den Städten, maximal in dessen Umland zu empfangen. Die Leute auf dem Lande sind für TV 3 irrelevant. TV 3 baut damit exakt auch auf die Konzeption seines Vorgängerprogramms Galaxie auf, dessen Programm im Mai zugunsten von TV 3 eingestellt wurde. Wie schon zuvor Galaxie verkauft sich nun auch TV3 in erster Linie als Prager Hauptstadtfernsehen, was man in Ostrava und Brünn sicher nicht sonderlich gern hört.
An den ehrgeizigen Zielen, an die besonders junge und städtische, dazu noch besonders erfolgreiche und reiche Personengruppe zu gelangen, scheiterten schon mehrere Sendungen hierzulande und anderswo. TV NOVA - Geschäftsführer Vladimir Zelezny sagt dem neuen Konkurrenten eine harte Zeit voraus, denn seiner Meinung nach gibt der tschechische TV-Markt nur Platz für "anderthalb private Sender" her. Vielleicht aber wird TV 3 die großen Spring schaffen, was bisher viele bezweifeln. Die Werbezeiten bei TV 3 sind jedenfalls bis Ende des Jahres schon restlos aufgebucht.
Auch ist Generaldirektor Obermann dem Medienwolf Zelezny und anderen Kämpfern auf dem Markt nicht ganz schutzlos ausgesetzt. Wie tschechische Zeitungen berichten steht der amerikanische Unternehmer Peter Gerwe hinter dem Projekt, weitere Investoren sollen sich in absehbarer Zeit beteiligen.
Nach zwei Monaten Sendung zeigt TV 3, dass man den anfänglich so betonten Anspruch auf dem von Zeleznys TV Nova so stark geprägten Markt nicht hält. Anspruch leistet sich heute nur noch das zweite öffentlich-rechtliche Fernsehen, CT2, und wird dafür vom Zuschauer mit einem minimalen Marktanteil von gerade 3 Prozent bestraft.
Das Programm von TV 3 unterscheidet sich nicht wesentlich von dem seiner privaten Mitbewerber, doch genau darin besteht paradoxer Weise die Chance, zu überleben. PRIMA TV hat sich noch nicht gänzlich im Lande profiliert, auch die Diskussion um stets wechselnde Gesellschafter lassen PRIMA nicht unbedingt als starkes Unternehmen erscheinen. Mit einem konzentrierten Konzept, geduldigen Geldgebern aus den USA und cleveren Marketingstrategien könnte es der Neuling schaffen, Prima tatsächlich aus dem Markt zu drängen.