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Terrorangriffe auf die USA
Wie das Außenministerium bekannt gab, hat man bis 0:00 Uhr in der Nacht zu Donnerstag 30 in den USA vermisste tschechische Bürger registriert. Vladimir Krnavek von der eingerichteten Hotline unter der sich Tschechen über den Verbleib ihrer Angehörigen und Freunde in den USA informieren können, merkte aber an, dass er im Falle einiger Vermisstenanzeigen skeptisch sei, da es sich um Personen handele, zu denen die Anrufer teilweise seit 20 Jahren keinen Kontakt mehr hätten.
Der Generalkonsul in New York, Petr Gandalovic, teilte mit, er wisse über zehn Tschechen, die sich zur Zeit des Anschlages in New York aufgehalten und sich bisher nicht bei ihren Angehörigen gemeldet hätten. Er forderte alle Bürger, deren Angehörige sich noch nicht aus den USA gemeldet haben, auf, sich an die Hotline des Außenministeriums zu wenden.
Wie der tschechische Konsul bereits am Mittwoch geäußert hatte, hätten sich bisher nur vereinzelt Tschechische Bürger mit der Bitte um Hilfe an das Konsulat ihres Landes in New York gewendet Alle Tschechen, die Probleme mit dem Rückflug hätten, würden dies wohl in Eigenregie lösen, vermutete Gandalovic und erklärte weiter, das Konsulat telefoniere weiterhin die Krankenhäuser ab, um etwaige Tschechen unter den Verletzten ausfindig zu machen.
Allerdings verwies er darauf, dass man frühestens in ein paar Wochen sicher wisse, ob sich auch Tschechen unter den Trümmern des World Trade Centers befinden.
Aus dem tschechischen Außenministerium hieß es am Mittwochnachmittag, die Situation in den beiden Städten sei insgesamt noch zu unübersichtlich.
Nach Angaben der Agentur Czechtrade hätten sich zur Zeit der Angriffe auf das World Trade Center keine tschechischen Beschäftigten dort aufgehalten. Höchstwahrscheinlich seien auch die Angestellten anderer tschechischer Firmen in den USA nicht zu Schaden gekommen, hieß es weiter. Die Agentur habe dies aus Gesprächen mit den in den USA ansässigen tschechischen Unternehmen erfahren, teilte ein Sprecher mit.
Auch über die Menschen, die in den entführten Flugzeugen umkamen, liegen dem Außenministerium noch keine Informationen vor.
Auch Vertreter des größten tschechischen USA-Reiseanbieters, America Tours, bestätigten, dass alle ihre Kunden, die sich derzeit in den USA aufhalten, wohl auf seien.
Die gestrige Entscheidung des NATO-Rates, unter bestimmten Bedingungen erstmals den Artikel Fünf des Washingtoner Vertrages anzuwenden - also den gemeinsamen Verteidigungsfall auszurufen - bezeichnete Verteidigungsminister Jaroslav Tvrdik als Ausdruck der Solidarität innerhalb der Allianz. Allerdings möchte er, so Tvrdik, im Moment nicht von einem Kriegskonflikt sprechen, denn bisher gäbe es noch zu wenig bestätigte Informationen. Der Verteidigungsfall würde dann eintreten, wenn klar ist, dass es sich um einen externen Angriff handelte.
Auf dem Prager Wenzelsplatz legten am Mittwochabend einige hundert Bürger Blumen und Kerzen nieder. Tschechische Politiker und Künstler hatten zu einer Solidaritätskundgebung mit den Opfern der Terrorangriffe aufgerufen. Innenminister Stanislav Gross hatte die tschechischen Bürger zuvor aufgefordert, nicht an der Demonstration teilzunehmen. Er habe zwar große Achtung vor zwischenmenschlicher Solidarität, aber angesichts der derzeitigen Präventionsmaßnahmen und der Bemühungen alle Risiken zu reduzieren, wäre es besser, von einer solchen Kundgebung abzusehen, führte Gross aus.
Staatspräsident Vaclav Havel erklärte am Mittwoch gegenüber Journalisten, die Lehren aus den Terroranschlägen in den USA müssten auch in der Sicherheitsstrategie der Tschechischen Republik Berücksichtigung finden. Das habe er auch dem Staatlichen Sicherheitsrat auf dessen Sitzung am Mittwoch mitgeteilt. Havel bezeichnete den Angriff als Warnung für die Zivilisation. Noch nie hätten Fanatiker und Fundamentalisten solche verheerenden Möglichkeiten besessen wie heute. Des weiteren zeigte er sich beeindruckt von der Solidaritätswelle, die die Anschläge in den USA innerhalb der tschechischen Bevölkerung ausgelöst hätten.
In einem Brief an den amerikanischen Botschafter in Tschechien, Craig Stapleton, sprach Parlamentspräsident Vaclav Klaus am Mittwoch von einer Bedrohung der gesamten freien Welt und der demokratischen Gesellschaft. Klaus vertritt wie Havel die Ansicht, die tschechische Sicherheitspolitik müsse aufgrund der Ereignisse von New York und Washington neu überdacht werden.
Der US-Botschafter Craig Stapleton kam am Mittwoch mit dem tschechischen Außenminister Jan Kavan zusammen. Kavan bot den Amerikanern Hilfe bei den Rettungs- und Aufräumarbeiten an. Stapleton lehnte bisher aber jede Hilfe dankend ab, da die USA momentan keine ausländische Hilfe brauche, wie Kavan erklärte. Dennoch sei man auf tschechischer Seite bereit, sofortige Hilfe zu leisten, sobald die USA darum ersuche, fügte der Außenminister an.
Der Ressortübergreifende Krisenstab hat am Mittwoch entschieden, die erste Stufe der Kampfbereitschaft weiterhin aufrecht zu erhalten. Darüber informierten Verteidigungsminister Jaroslav Tvrdik und Innenminister Stanislav Gross.
Einige Dutzend tschechische Bürger legten Blumen und Kerzen vor der amerikanischen Botschaft in Prag nieder, unter ihnen auch Präsident Vaclav Havel. In einer Erklärung des US-Botschafters vom Mittwoch heißt es wörtlich: Präsident Havel und viele tschechische Vertreter haben uns der Sympathie und der Anteilnahme des tschechischen Volkes und seiner Regierung versichert. Wir danken für diese Sympathie- und Unterstützungsbekundungen. Stapleton gab am Abend bekannt, dass die US-Botschaft in Prag am Donnerstag wieder den gewohnten Betrieb aufnehmen werde. Man fühle sich sicher, fügte der Botschafter hinzu. Nach der US-Botschaft, wurde am Mittwoch auch die israelische Botschaft in Prag geschlossen. Botschaftssprecher Oren Anolk erklärte, es handele sich dabei um eine reine Präventivmaßnahme.
Die tschechischen Fluggesellschaften strichen am Mittwoch ihre Flüge in die USA und nach Israel. Ein CSA-Sprecher teilte allerdings am Mittwochabend mit, man rechne für Donnerstag mit der Wiederaufnahme des Flugverkehrs mit den USA. Bei allen CSA-Flügen gelten derzeit erhöhte Sicherheitsmaßnahmen.
Wegen der Terroranschläge in den USA hat auch der irische Premier Bertie Ahern seinen für Donnerstag geplanten Tschechienbesuch abgesagt. Grund ist ein Staatstrauertag, den man in Irland für Freitag ausgerufen hat. Ahern sollte u.a. mit Vaclav Havel und Vizepremier Vladimir Spidla zusammenkommen.
Auch die tschechischen Kirchen haben ihr Mitgefühl und ihre Anteilnahme an den Geschehnissen in New York und Washington zum Ausdruck gebracht. Die Bischöfe Böhmens und Mährens forderten alle Gläubigen auf, für die Opfer der Terroranschläge zu beten. Nicht nur in Prag, sondern auch in Ostrau und weiteren tschechischen Städten wurden die Glocken minutenlang geläutet. Am kommenden Samstag soll im St. Veitsdom in Prag ein ökumenischer Gottesdienst zum Gedenken an die Opfer stattfinden.
Mehr zu den tschechischen Reaktionen auf die Terroranschläge in den USA erfahren Sie in unserer Sonderausgabe des Tagesechos, im Anschluss an die Nachrichten.
Nun zu weiteren Neuigkeiten:
Tschechische Regierung verabschiedet Extremismusbericht
Die tschechische Regierung hat am Mittwoch den von Innenminister Stanislav Gross vorgelegten Extremismusbericht verabschiedet. Darüber informierte Regierungssprecher Libor Roucek. Der Bericht sieht u.a. die Einrichtung einer ständigen Regierungskommission zum Kampf gegen den Extremismus vor. Außerdem soll dem Premier jeden Monat ein Bericht über Straftaten mit extremistischem Hintergrund übergeben werden. Aus dem Bericht des Innenministers geht hervor, dass im Jahr 2000 die Zahl der extremistischen Straftaten gegenüber dem Vorjahr um 15,2% zugenommen hat.
Österreichische Experten: Temelin ist sicher
Das Kernkraftwerk Temelin sei aus technischer Sicht sicher und bereit für den kommerziellen Betrieb. Das geht aus der neuesten Studie hervor, die das Institut für Atomenergie der österreichischen Universitäten in Zusammenarbeit mit der österreichischen Gesellschaft für Kerntechnologie erstellt hat. Ein Sprecher des Institutes sagte gegenüber der tschechischen Nachrichtenagentur CTK, Temelin sei aus sicherheitstechnischer Sicht vergleichbar mit ähnlichen westeuropäischen Einrichtungen.