Nachrichten Freitag, 02. Oktober, 1998
Aussen- und Verteidigungstreffen Tschechien/Polen
Bei einem Treffen im nordböhmischen Sychrov erklärten die Aussen- und Verteidigungsminister Tschechiens und Polens gestern unter anderem die Absicht, die Slowakei wieder stärker in die regionale Zusammenarbeit zu integrieren. Diese soll vor allem innerhalb der Visegrad-Gruppe, zu der neben Tschechien und Polen auch Ungarn und die Slowakei gehören, erfolgen. In der Slowakei, die nach dem Antritt des als autoritär geltenden Ministerpräsidenten Vladimir Meciar immer mehr in internationale Isolation geraten war, hatte am letzten Wochenende die demokratische Opposition einen Wahlsieg errungen. Polen und Tschechien boten der neuen slowakischen Regierung ebenfalls Hilfe bei der Realisierung wirtschaftlicher und politischer Reformen an. Weiterhin gehen die Aussenamtschefs Polens und Tschechiens davon aus, ihren NATO-Beitritt bereits am 1.1.1999, also vier Monate früher als geplant, vollziehen zu können. Mehr zu den Ergebnissen des gestrigen Arbeitstreffens im aktuellen Beitragsblock.
Havel: Kontinuität in der deutschen Aussenpolitik
Der tschechische Präsident Vaclav Havel rechnet ebenso wie fast alle übrigen tschechischen Spitzenpolitiker mit einer Kontinuität der deutschen Aussenpolitik nach dem Antritt der rot-grünen Regierungskoalition in Deutschland. Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa hob er weiterhin die Rolle des abgewählten Kanzlers Helmut Kohl im europäischen Umgestaltungsprozess nach 1989 hervor. Havel wird morgen die Hauptrede auf der zentralen Feier zum Tag der deutschen Einheit in Hannover halten.
Defizit der öffentlichen Haushalte bei 41,8 Milliarden Kronen
Einem Bericht der Tageszeitung Pravo zufolge beläuft sich das Defizit der öffentlichen Haushalte in Tschechien dieses Jahr auf 41,8 Milliarden Kronen, also umgerechnet mehr als 2,3 Milliarden DM. Dies entspricht einem Anteil des Defizits der öffentlichen Haushalte am Bruttosozialprodukt in Höhe von 2,3 Prozent. Für das nächste Jahr rechnet man nach Angaben der Zeitung Pravo im tschechischen Finanzministerium mit einem Defizit von nur 41 Milliarden Kronen, also 2,1 des Bruttosozialprodukts.
Minister Gregr plant Bau neuer Atomkraftwerke
Handels- und Industrieminister Miroslav Gregr geht nach den Worten seines Sprechers Vlastimil Nesrsta weiter von der Notwendigkeit des Baus von Atomkraftwerken in Tschechien aus. Gregr hatte vor einigen Tagen überraschend erklärt, er halte nach der Fertigstellung des umstrittenen Atommeilers im südböhmischen Temelin den Bau eines weiteren Atomkraftwerks für nötig, das möglicherweise in der Nähe der ostmährischen Stadt Ostrava errichtet werden soll. Diese Äusserungen stiessen nicht nur bei ökologischen Aktivisten auf Unverständnis und Kritik, zumal bislang nicht einmal über die Fertigstellung des Kernkraftwerks Temelin definitv entschieden wurde.
Parlamentsvorsitzender Vaclav Klaus in den USA
Zu einem mehrtägigen Besuch hält sich derzeit der Vorsitzende des tschechischen Abgeordnetenhauses Vavlav Klaus in den USA auf. Im Rahmen seines inoffiziellen Besuchs nahm er gestern in San Francisco unter anderem an einer Preisverleihung des als neoliberalen Think tanks geltenden Independent Institute teil. Das Besuchsprogramm von Klaus umfasst neben mehreren Vorlesungen auch Gespräche mit Vertretern des internationalen Währungsfonds und der Weltbank.
Bunker an der deutsch-tschechischen Grenze immer noch geheim
Die Existenz der in den dreissiger Jahren an der West- und Nordgrenze der Tschechoslowakei zum Schutz vor einem Angriff Hitler-Deutschlands errichteten Bunkeranlagen wird einer Meldung der Zeitung Lidove noviny zufolge immer noch mit einem Aufwand von mehreren Hundert Millionen Kronen jährlich geheimgehalten. Zudem entschied der Generalstab der tschechischen Armee bereits im Jahre 1996 über eine weitere aktive Nutzung der Bunker an der tschechisch-deutschen Grenze. Nicht nur Militärexperten reagierten auf diese Nachricht mit Erstaunen, da zum einen derzeit nicht mit einem militärischen Angriff der Bundesrepublik Deutschland auf Tschechien gerechnet wird und zum anderen die mit Millionenaufwand geheimgehaltenen Informationen längst, etwa im Militärarchiv im deutschen Freiburg, öffentlich zugänglich sind.
Messe in Liberec
Im nordböhmischen Liberec wird vom 7. bis 9. Oktober eine Messe der Bau- und Wasserwirtschaft stattfinden, auf der über 90 zumeist regionale Firmen ausstellen. Teil der Messe ist Sonderprogramm, das die Erfahrungen mit der Renovieung von Plattenbauten in der Tschechischen Republik vorstellt.
Abschliessend das Wetter: Am Samstag wird das Tiefdruckgebiet in Mitteleuropa in Richtung Südosten abziehen. Bewölkt bis bedeckt und örtlich Schauer und Regen. Nachttemperaturen sieben bis drei Grad Celsius, Tageshöchstwerte neun bis dreizehn Grad. Die weiteren Aussichten bis Montag: regnerisch und kühl, Tagestemperaturen um 10 Grad.
Das waren die Nachrichten.