Konflikt um "Franz-Werfel-Preis"
Der tschechisch-deutsche Aussöhnungsprozess läuft eigentlich gut. Dies gilt sowohl für die offizielle Außenpolitik beider Länder als auch für die unzähligen konkreten Initiativen und Projekte, die an grenzüberschreitender Zusammenarbeit und guter Nachbarschaft interessiert sind. Dennoch kann es gerade in solchen Bereichen, in denen die Symbolik eine große Rolle spielt, nach wie vor zu ernsthaften Verstimmungen kommen. Wie etwa im jüngsten Fall rund um den eben erst ins Leben gerufenen Franz-Werfel-Preis. Hören Sie mehr im folgenden Beitrag von Gerald Schubert:
Der sogenannte Franz-Werfel-Preis, den die deutsche Stiftung mit dem Namen "Zentrum gegen Vertreibung" ins Leben gerufen hat und der dieses Jahr im Frühling erstmals vergeben wird, sorgt hierzulande für einige Aufregung. In der Stiftung vertreten sind unter anderem die Vorsitzende des Verbandes der Vertriebenen, Erika Steinbach, sowie der sozialdemokratische Politiker Peter Glotz. Bei den diesjährigen - und ersten - Preisträgern auf tschechischer Seite soll es sich um die Initiatoren des "Kreuzes der Versöhnung" handeln, das voriges Jahr im nordböhmischen Teplice nad Metuji / Wekelsdorf zur Erinnerung an 22 erschossene Deutsche und eine Tschechin errichtet worden war und dort auch Kontroversen ausgelöst hatte. Doch weniger diese konkreten Begleitumstände sind nun Gegenstand der Kritik, sondern der Name des Preises selbst: Franz Werfel, der 1890 in Prag geborene jüdische Schriftsteller, eignet sich nämlich nach Meinung einiger nicht wirklich als Namenspatron. Etwa der tschechische Botschafter in Deutschland, Boris Lazar, oder der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Prag, Tomas Jelinek, hatten sich in diesem Sinne geäußert. Letzterer sagte gegenüber Radio Prag:
"Ich glaube, wenn der Verband der Vertriebenen eine passende Persönlichkeit sucht, die ein Symbol der vertriebeben Deutschen sein könnte und einem Preis seinen Namen gibt, den man verschiedenen Personen für bedeutende Verdienste verleiht, dann ist Franz Werfel ein ungeeigneter Name, der ein Prager Jude war und vor dem Nazismus fliehen musste."
Er lehne es auch ab, so Jelinek, auf diese Art das Schicksal der Vertriebenen mit dem der Juden während des zweitens Weltkriegs zu vergleichen. Dennoch ist Jelinek nicht grundsätzlich gegen die Initiative des Vertriebenenverbandes. Nur die symbolische Ausgestaltung sollte in eine andere Richtung gehen, um wirklich versöhnend zu wirken und neue Missverständnisse zu vermeiden:
"Ich will nicht negativistisch sein. Aber ich habe schon oft erzählt, dass etwa der Vater eines sehr guten Freundes von mir gerade im damaligen Sudetenland gerettet wurde, wo man ihn während des Krieges für lange Zeit versteckt hielt. Es gibt also diese guten Beispiele, die sich verdienen würden, nicht in Vergessenheit zu geraten."