Auf der Burg gibt’s keine Weihnachtskekse für den Besuch aus Brüssel
Nun ist es wieder an der Zeit, dass Sie, unsere Hörerinnen und Hörer, zu Wort kommen. Wie alle zwei Wochen haben wir für das Hörerforum unseren Briefkasten geleert.
Ahoj und herzlich Willkommen zum Hörerforum, dem letzen vor Weihnachten! Bis Heiligabend ist es zwar noch über eine Woche hin, aber die Weihnachtsstimmung macht sich schon überall breit. Nur das Wetter will noch so recht mitspielen. Es ist auch in Prag eher ungemütlich, und die Temperaturen können sich nicht entscheiden, ob sie steigen oder fallen sollen. Regen und Schneeregen sind ein Grund, zu Hause im Warmen zu bleiben. Das scheinen viele von Ihnen auch getan zu haben. Und offenbar haben Sie die Zeit zu Hause genutzt, um uns zu Schreiben was das Zeug hält. Schon seit etwa einem Monat bin ich überrascht, wie fleißig Sie sind, aber diesmal war der Berg an Post wirklich überwältigend! Vielen Dank dafür! Die Fülle an Briefen, Postkarten, Faxen und Emails bringt es aber leider mit sich, dass die meisten von Ihnen in unserer Sendung nicht namentlich erwähnt werden können. Ich hoffe Sie sind nicht zu enttäuscht darüber! Stellvertretend für alle, die uns Woche für Woche ihre Empfangsberichte senden, wollen wir uns nun bedanken bei Volker Willschrey aus Dillingen, Klaus Führlich aus Radebeul, Holger Lipp aus Mühlacker, Matthias Martin aus Spergau und Werner Reimers aus Hesel. Unser Stammhörer Sandro Blatter aus der Schweiz hat uns auch in seinem Urlaub im dänischen Fjerittslev gehört und uns von dort seinen Empfangsbericht gesendet.
Doch auch aus einem weiteren Grund - außer dem Wetter - hat sich unser Briefkasten in den letzten zwei Wochen so prall gefüllt. Ich habe es eben schon angedeutet: Weihnachten und der Jahreswechsel stehen vor der Tür und viele von Ihnen haben uns gute Wünsche geschickt. Vielen Dank! Auch hier gilt leider wieder: Alle können wir nicht namentlich erwähnen. Daher will ich zwei besondere Zuschriften herauspicken. Das Ehepaar Egger aus Schönau am Königssee hat uns diese Zeilen geschrieben:
„Wir senden Euch bekannte Ausflugsziele in süßer Ausführung. Lasst sie euch gut schmecken!“
Mit im Paket waren Pralinen in Form des Watzmanns. Denn Schönau liegt am Fuß des Watzmanns. Wir danken Ihnen für diese Aufmerksamkeit! Die Schokolade hat uns jedenfalls mit Energie für den Arbeitstag versorgt. Hermann Heyne-Pietschmann aus Erfurt hat uns zwar nicht mit kulinarischen Spezialitäten, dafür aber mit Poesie erfreut. Hören Sie selbst:
„Was kam auch dieses Jahr von draußen rein?
Das konnte doch nur mein Sender sein!
Wieder ward ihr sehr aktiv,
Fast alles wie am Schnürchen lief.
So dank ich für gesprochene Worte
Und ein Programm der besten Sorte.
Ich denke, dass der Radioflug
Dem Höreranspruch war genug.
Wir wüschen, das ist doch keine Frage,
Euch möglichst nette Feiertage!
Man hört sich auch nächstes Jahr wieder,
freut sich auf Infos und schöne Lieder.“
Schöne Feiertage wünschen wir Ihnen, Herr Pietschmann und allen anderen Hörerinnen und Hörern auch! Wir hoffen, dass wir auch im kommenden Jahr Ihrem Anspruch genügen werden.
Doch nun wieder zu ernsteren Themen. Nicht nur das neue Jahr rückt näher, mit ihm auch die tschechische EU-Ratspräsidentschaft. Die beginnt am 1. Januar, und aufmerksame Hörer werden mitbekommen haben, dass dieser Termin in Tschechien mehr Wirbel ausgelöst hat als üblich. Denn Tschechien ist neben Irland das einzige EU-Mitgliedsland, das den EU-Reformvertrag von Lissabon noch nicht ratifiziert hat. Zunächst prüfte das Verfassungsgericht in Brno / Brünn die Vereinbarkeit des Dokuments mit der tschechischen Verfassung. Dann wurde der Vertrag zum Spielball innenpolitischer Schachzüge. In diesem Zusammenhang haben wir auch oft über die Haltung des tschechischen Staatspräsidenten Václav Klaus berichtet. Der ist nämlich entschiedener Gegner des Lissabon-Vertrags, aber auch skeptisch gegenüber der tschechischen EU-Mitgliedschaft als solcher. Engelbert Borkner aus Hildesheim schrieb uns dazu:
„Ich habe das Gefühl, Präsident Klaus schwebt immer noch auf Wolke sieben. Wenn wir alle einmal in einem vereinigten Europa leben wollen, müssen alle Länder stückweise ihre Verfassungen hinten anstellen und mehr und mehr eine gesamteuropäische annehmen. Präsident Klaus sollte mal über den Tellerrand schauen und sein klein kariertes Denken aufgeben, denn Tschechien ist nicht der Nabel der Welt. Dass nicht alles in der Europäischen Union rund läuft, ist mir auch klar. Aber irgendwie müssen wir alle Kompromisse schließen und von lieb gewonnenen Dingen Abstand nehmen, sonst läuft eines Tages gar nichts mehr.“
So oder so ähnlich denken zwar viele, aber nicht alle. Václav Klaus ist in Tschechien immer noch einer der beliebtesten Politiker. Auch wenn seine drastischen Auslassungen zur EU mittlerweile viele seine Landsleute befremden. Im Fall von Klaus gilt auch: Der Ton macht die Musik. Einen ebenso wortgewandten Gegenspieler hatte Václav Klaus aber vor etwa eineinhalb Wochen auf der Prager Burg zu Besuch. Es war Daniel Cohn-Bendit, der Fraktionschef der Grünen im Europäischen Parlament. Gemeinsam mit anderen Europa-Abgeordneten diskutierte er mit Klaus über dessen Haltung zur EU und die Folgen des Referendums in Irland über den Lissabon-Vertrag. Denn die Iren haben ihn im Juni dieses Jahres abgelehnt. In Klaus’ Amtssitz fielen heftige Worte, die über die üblichen diplomatischen Gepflogenheiten hinausgingen. Es existierten zwar keine Tonaufnahmen von dem Treffen, aber Daniel Kortschak hat es anhand des Sitzungsprotokolls in unserem Schauplatz rekonstruiert. Günter Hertel aus Dresden hat die Sendung gehört und uns folgende empörte Email geschrieben:
„Es ist sehr bedauerlich, dass Sie das Interview mit Ihrem Präsidenten nicht wörtlich, sondern verkürzt und kommentiert wiedergeben. Diesen Respekt den kleinen Völkern gegenüber und den Völkern, die überhaupt ihre Meinung zum Lissabon-Vertragswerk in einer Wahl äußern konnten, haben offenbar alle besuchenden EU-Parlamentarier, außer der Dänin Hanne Dahl, vermissen lassen. Ein sehr tiefblickendes Verständnis von Demokratie, auf das Sie hätten eingehen sollen anstatt Ihren Präsidenten als dummen, naiven, kontroversen Störenfried hinzustellen!“
Auf diese Kritik möchte mein Kollege Daniel Kortschak, der den Beitrag gestaltet hat, nun gerne selbst eingehen:
„Zuerst möchte ich einmal klarstellen: Niemand bei Radio Prag hat die Absicht, Staatspräsident Václav Klaus als „dummen, naiven, kontroversen Störenfried“ darzustellen. Das entspricht nicht unserem Bemühen um größtmögliche Objektivität und wäre auch nicht mit unserem öffentlich-rechtlichen Auftrag vereinbar. Zum Vorwurf der verkürzten Darstellung: Unsere Sendung dauert inklusive Nachrichten nicht einmal 27 Minuten. Die kontroverse Sitzung bei Präsident Klaus hat über eine halbe Stunde gedauert. Und für den Schauplatz stehen maximal acht Minuten zur Verfügung. Klar also, dass ich eine Auswahl treffen musste. Aber ich denke, wir haben die wesentlichen Argumente präsentiert. Und auch die verschiedenen Ansichten wieder gegeben. Wir hatten ja Daniel Cohn-Bendit als Klaus-Kritiker, Klaus selbst und Hanne Dahl, die Václav Klaus unterstützt hat.“
Daniel, hat es eigentlich auch außerhalb Tschechiens Reaktionen auf die kontroverse Sitzung gegeben?
„Ja, jede Menge sogar. Hauptsächlich in Deutschland natürlich, dem Heimatland von EU-Parlamentspräsident Pöttering. Gleich nach dem turbulenten Treffen haben alle wichtigen Online-Medien darüber berichtet. Und auch das Nachrichtenmagazin „DER SPIEGEL“ widmet dem Ereignis in seiner aktuellen Ausgabe eineinhalb Seiten für einen Hintergrund-Bericht. Hans-Gert Pöttering hat vergangene Woche auch noch einmal Stellung genommen: Er hat das von der tschechischen Präsidentschaftskanzlei veröffentlichte Sitzungsprotokoll als „unvollständig und damit unrichtig“ bezeichnet. Außerdem zeigte er sich erstaunt, dass das Protokoll einer Sitzung hinter verschlossenen Türen überhaupt an die Öffentlichkeit gelangt ist. Auf der Prager Burg weist man die Vorwürfe zurück: Man habe durch die Veröffentlichung auf zahlreiche Spekulationen reagiert. Selbstverständlich sei der Text vollständig und entspreche der Wahrheit. ‚Wir werden die Angelegenheit nicht weiter kommentieren. Die Öffentlichkeit soll sich selbst ihr Urteil darüber bilden’, sagte der Sprecher von Václav Klaus, Radím Ochvat gegenüber der Presseagentur ČTK.“
Und das war’s für heute im Hörerforum. Schreiben Sie uns auch bitte weiterhin so fleißig an die bekannten Adressen! Per Post an Radio Prag, Vinohradská 12, 120 99 Praha 2, Tschechische Republik. Oder per Email an [email protected]. Wir freuen uns über Lob sind aber auch immer offen für Ihre Kritik. Ich wünsche Ihnen noch einmal im Namen der gesamten Redaktion ein schönes Weihnachtsfest und sage auf Wiederhören in zwei Wochen!