Rennflugpilot Šonka strebt Titelverteidigung an
Als Industrienation zeigt sich Tschechien auch immer wieder in Sportarten, die motorisiert sind. Das war vor längerer Zeit bei Motorradrennen auf der Straße und im Gelände der Fall, mit Autos sind tschechische Piloten auch heute noch ganz gut bei der Rallye Dakar unterwegs. Doch neuerdings ist eine noch wenig bekannte Sportart hinzugekommen – das Luftrennen. Und hier stellt Tschechien mit Martin Šonka den aktuellen Weltmeister.
„Den Titel zu verteidigen, ist überhaupt nicht einfach. Aufgrund der starken Konkurrenz wird es Jahr für Jahr schwerer, ganz vorn zu landen. Doch selbstverständlich ist es mein Ziel, den Titel erneut zu gewinnen. Und wenn es gelingen sollte, dann ein Jahr später wieder. Ich möchte der erfolgreichste Rennflieger aller Zeiten werden. Ich bin einfach ein Wettkampftyp und habe daher auch kein Problem damit, mich zu motivieren.“
Den Weltmeistertitel hat Šonka vergangenes Jahr erst im achten und letzten Rennen im amerikanischen Fort Worth erkämpft. Auf dem Weg dorthin musste der Tscheche im Viertelfinale zunächst den bis dahin in der Gesamtwertung führenden US-Amerikaner Michael Goulian ausschalten. Und im Finale hatte der Australier Matt Hall eine sehr gute Zeit vorgelegt. Šonka, der nach ihm startete, musste diese Zeit jedoch unterbieten, um am Ende vorn zu sein. Er schaffte dies mit einem Klasseflug, bei dem er drei Zehntelsekunden schneller war als der Konkurrent aus Down Under:„Mancher denkt sicher, dass drei Zehntelsekunden nur ein klitzekleiner Hauch seien, doch in unserem Sport ist das ein relativ großer Unterschied. Um vorn zu landen, muss man den Parcours eleganter und sauberer durchfliegen als die Konkurrenz. Das heißt, es kommt auf das Können des Piloten an, wie er sein Flugzeug beherrscht. So darf seine Maschine beim Fliegen nur geringfügig ins Trudeln geraten, und der Pilot darf bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten. Das sind zum Beispiel die in engen Kurven auftretenden Fliehkräfte. Hier sind 10 g vorgeschrieben, und 12 g sind kurzzeitig erlaubt. Überschreitet man jedoch die Obergrenze, wird man disqualifiziert.“
Martin Šonka: „Den Titel zu verteidigen, ist überhaupt nicht einfach. Aufgrund der starken Konkurrenz wird es Jahr für Jahr schwerer, ganz vorn zu landen. Doch selbstverständlich ist es mein Ziel, den Titel erneut zu gewinnen.“
Im Rennen selbst war Šonka derart fokussiert, dass er nach dem Zieldurchflug zunächst gar nicht wusste, ob seine Leistung für den Titel gereicht hat:
„Gleich nach dem Zieldurchflug erscheint eine riesige Leuchttafel, auf der die Ergebnisse stehen. Um schnell zu wissen, ob man nach seinem Flug vorn liegt, muss ein grünes Feld aufblinken. Um Matt Hall, der bis dahin auf Platz eins lag, noch abzufangen, musste ich also schneller fliegen. Beim Zieldurchflug war ich aber so angespannt, dass ich es nicht geschafft habe, auf die Tafel zu schauen. Dass das grüne Feld aufgeleuchtet hat, wurde mir dann erst per Funk mitgeteilt.“
Als Šonka diese Information über die Kopfhörer erhielt, entlud sich seine ganze Anspannung in einem lauten Freudenschrei. Für seinen großen Traum hatte sich der ehemalige Pilot der Armee und Mitglied des tschechischen Luftwaffen-Showteams sehr gezielt vorbereitet:
„Die Anspannung war im gesamten Umfeld des Finalwettkampfs spürbar. In den wenigen Wochen vor dem Rennen in Fort Worth habe ich mich aber bestens auf diesen Stress eingestellt, indem ich verschiedene Situationen immer wieder trainiert habe. Im entscheidenden Augenblick der WM bin ich dann auch ruhig geblieben, und das hat am Ende für mich gesprochen.“Šonka hatte zudem aus seinen Erfahrungen gelernt. Ein Jahr zuvor war er selbst als WM-Führender in das finale Rennen gegangen. Allerdings wurde er in diesem dann nur Vierter. Deswegen konnte ihn der Japaner Muroya noch abgefangen und auf den zweiten Platz verweisen. Šonka kommt daher zu dem Schluss:
„Es war ein anderes Szenario als im Vorjahr. Es ist wohl tatsächlich schwerer, als WM-Führender in das abschließende Rennen zu gehen, denn man muss die Angriffe der Gegner abwehren. Kommt man aber von hinten, ist man der Jäger, der die vor ihm liegenden Konkurrenten noch abfangen kann.“
Wie man Widersacher jagt, hat Šonka bereits während seiner Armeezeit erfahren. Denn da hat er unter anderem einen Gripen-Kampfjet, eine JAS-39, in einer Staffel der Čáslav Air Force Base geflogen. In seiner Jugend war Šonka auch zwölf Jahre lang als Turner aktiv. Die Liebe zur Luftfahrt aber war letztlich stärker. Als Mitglied des tschechischen Kunstflugteams fliegt er seit 2006 in der unbegrenzten Kategorie. Er holte vier Titel bei der „Unlimited Championship“ im Kunstfliegen und wurde 2011 Vize-Weltmeister im Freestyle.Im Alter von 31 Jahren startete Šonka erstmals im Red Bull Air Race und ist damit nach Pete McLeod aus Kanada der zweitjüngste Pilot in der Geschichte dieses Sports. Und auch heute, als 40-jähriger Weltmeister, gehört der Tscheche eher zu den Jüngeren im Feld der WM-Teilnehmer. Als langjähriger Pilot weiß er jedoch genau, worauf es in seinem Sport ankommt:
Šonka: „Es war ein anderes Szenario als im Vorjahr. Es ist wohl tatsächlich schwerer, als WM-Führender in das abschließende Rennen zu gehen, denn man muss die Angriffe der Gegner abwehren. Kommt man aber von hinten, ist man der Jäger.“
„Für den einen ist es sicher eine psychische Belastung, für den anderen eine physische Anstrengung. Die Piloten in der Master Class sind jedoch allesamt Top-Sportler, auch wenn einige im Vergleich zu anderen Sportarten mit über 50 Jahren schon relativ alt sind. Die Erklärung ist, dass dieser Sport vor allem Erfahrung und ein gutes Fluggefühl verlangt. Und da man in der Regel pro Wettkampfflug nur eine Minute unterwegs ist, ist die körperliche Anstrengung auch noch für ältere Piloten zu meistern.“
Die vorjährige Weltmeisterschaft hat Šonka selbst mit Bravour gemeistert. Nach fehlerhaftem Beginn, als er in Abu Dhabi Vierter und in Cannes nur Achter wurde, steigerte sich der Tscheche zusehends. Nach Platz drei im japanischen Chiba gewann er drei Rennen in Serie – in Budapest, Kasan und Wiener Neustadt. Weil er danach aber in Indianapolis patzte, wo er nur Zehnter wurde, musste Šonka in Fort Worth noch einmal aufs Ganze gehen. Das hat geklappt, deshalb konnte er sich am 18. November 2018 dann auch als Weltmeister titulieren. Die ausgelassene Feier mit den Mitgliedern seines Rennteams konnte er jedoch nicht schon am selben Tag in den Vereinigten Staaten vollziehen:
„Wir waren vielleicht bis zehn Uhr abends auf dem Flugplatz, um meine Maschine in ihre Einzelteile zu zerlegen. Ab 22 Uhr darf in Texas kein Alkohol mehr in den Geschäften verkauft werden, und um Mitternacht wurde die Bar in unserem Hotel geschlossen. Der Tag endete also ein wenig unrühmlich, denn ich bin dem Team zunächst die Feier schuldig geblieben. Die haben wir aber zu Hause nachgeholt.“Und die Tschechische Republik ist nun auch – dank Martin Šonka – bei den Veranstaltern der Red Bull Air Race GmbH in aller Munde. Gegenüber dem Tschechischen Fernsehen sagte der Weltmeister nämlich:
„Über ein Flugrennen in Tschechien wird bereits gesprochen, und ich denke, man hat auch schon einen Austragungsort im Auge. Es sind sicher noch eine ganze Reihe von Dingen dafür zu erledigen, doch früher oder später wird ein Rennen in Tschechien stattfinden.“
In dieser Saison aber ist das noch nicht der Fall. Nach dem Auftakt in Abu Dhabi finden vier der weiteren sieben Rennen in Kasan, Budapest, Chiba und Indianapolis statt. Die übrigen drei Rennen werden in Europa, Asien und Saudi-Arabien ausgetragen, der konkreten Flugorte aber stehen noch nicht fest.