Rozmitál pod Tremsínem und Jakub Jan Ryba

Auch heute wollen wir die Musikserie im Rahmen der Touristensprechstunde fortsetzten. Und da wir bereits die Adventszeit haben, wird es weihnachtlich. Markéta Maurová und Jörn Nuber werden Ihnen über Rozmital pod Tremsinem (Rosenthal) erzählen, ein Städtchen, in dem der Autor der berühmtesten böhmischen Weihnachtsmesse lebte. Sein Name ist Jakub Jan Ryba und die Messe ist jedem als die sog. "Rybovka" bekannt.

Jeder Tscheche kennt die jubelnden Melodien von Rybas Böhmischer Hirtenmesse. "Meister schau! Steh schnell auf! Sieh nur, welche Pracht leuchtet in der Nacht, wie das Firmament plötzlich glühend brennt!" So berichtet ein junger Hirte vom Weihnachtszauber. Das Werk hat nur wenig gemeinsam mit einer traditionellen Messenkomposition. Es ist eher ein Hirtenspiel, das sich zu Weihnachten abspielt. Jakub Jan Ryba legte in diese Messe allen Optimismus, mit dem er seine Lehrer-Wirkung auf dem Lande begann. Das einfache, frohe Werk bildet jedoch - wie sie gleich erfahren - einen Gegensatz zum tragischen Schicksal von Jakub Jan Ryba, der seinem Leben voller Verzweifelung selbst ein Ende setzte. Wir möchten Sie nun nach Rosenthal begleiten, wo Ryba wirkte und wo auch seine oben zitierte Weihnachtsmesse uraufgeführt wurde. Damit Sie aber auch vom übrigen Werk Rybas einen Eindruck bekommen, gilt die musikalische Begleitung heute nicht dieser Messe, sondern seinen Pastorellen.

Das Städtchen Rozmital pod Tremsinem wurde um 1250 gegründet, und zwar in der Nähe des sog. Alten Rosenthals, dessen Anfänge in das 10. Jahrhundert gehen. Sein Gründer war der Adelige Oldrich von Breznice, dessen Nachkommen später den Namen von Rozmital trugen. Aus dem Haus von Rozmital stammten einige wichtige Persönlichkeiten der tschechischen Geschichte. Zu erwähnen sei Jaroslav Lev von Rozmital, der ein Schwager des Königs Georg von Podiebrad war und an dessen Friedensmission nach Westeuropa teilnahm. Seine Schwester, Johanna von Rozmital, war 1458-71 böhmische Königin, nachdem sie zur zweiten Frau Georgs von Podiebrad wurde. Das wohl bekannteste Mitglied dieses Hauses war Jaroslavs Sohn Zdenek Lev von Rozmital, der ein bedeutender böhmischer Staatsmann und der höchste Prager Burggraf, d.h. der höchste Beamte im Land war. Nach dem Erbfall des Hauses gewann die Familie Griespeck von Griesbach die Burg und die Stadt, sie behielt sie jedoch nicht lange. Nach der Schlacht am Weißen Berg wurde die Herrschaft konfisziert und fiel dem Prager Erzbischof zu, in dessen Besitz sie bis zur Entstehung des selbständigen tschechoslowakischen Staates 1918 blieb.

Im Zentrum des Städtchens liegt ein unregelmäßiger Platz mit einem Rathaus und der Kirche des Hl. Johann von Nepomuk in der Mitte. Westlich vom Platz steht das bedeutendste Denkmal in der Stadt - das Schloss. Es entstand an der Stelle einer gotischen Burg aus dem Jahre 1250. Von der ursprünglichen Burg hat sich ein Turm mit drei Erkern und einem Tor erhalten, das im 17. Jahrhundert umgebaut wurde. Das Hauptgebäude des Schlosses stammt aus dem 16. Jahrhundert. Die Fassade schmücken typische Elemente der Renaissance-Architektur - Sgraffitos in Form von Briefen.

Jakub Jan Ryba lebte in Rosenthal von 1788 bis zu seinem Tod am 8. April 1815. Die Schule, wo er als Lehrer wirkte, wurde inzwischen umgebaut. Ein anderer Ort, der wichtig für sein Leben und Schaffen war, blieb jedoch ohne Veränderungen. Im Alten Rosenthal steht bis heute die kleine Kirche der Kreuzerhöhung mit der Orgel aus dem Jahre 1750, auf der Jakub Jan Ryba spielte. In dieser Kirche hörte man zu Weihnachten 1796 zum ersten Mal die Klänge seiner berühmten Böhmischen Hirtenmesse. Es ist dasselbe Gotteshaus, in dem im 16. Jahrhundert auch der Autor der bekannten tschechischen Chronik, Vaclav Hajek von Libocany als Pfarrer wirkte. Die Kirche wurde 1731 umgebaut - wir finden sie heute daher so vor, wie sie auch Ryba kannte, als er als Regenschori die Rosenthaler Sänger leitete. Die Barockorgel, auf die er spielte, erfuhr zwar Veränderungen, die sie völlig vernichteten. Im Jahre 1997 wurde jedoch eine umfangreiche Renovierung durchgeführt, die ihr ihre ursprünglichen Barockdispositionen verlieh. Auch ihr Rokoko-Schrank wurde restauriert und im Sommer 1998 wurde das Instrument neu geweiht.

Jakub Jan Ryba begann sich bereits als Kind der Musik zu widmen. Sein erster Lehrer war sein Vater. Der kleine Jakub Jan sang im Chor, spielte Geige, Klavier und Orgel und wurde mit den Grundlagen der Harmonie vertraut gemacht. Später kam er ins Piaristengymnasium in Prag, wo er nicht nur aktiv Musik trieb, sondern auch die ersten eigenen Werke komponierte. Er schrieb Kompositionen seiner berühmten Zeitgenossen um, spielte mit Freunden im Streichquartett Violine oder Violoncello, komponierte und wirkte als Organist in der Kirche des Hl. Salvators im Prager Klementinum. Es scheint jedoch, dass seine Familie die Stelle eines Lehrers auf dem böhmischen Lande für eine weit sicherere Existenz hielt, als die Vision einer Priester- oder Künstlerlaufbahn. Höchstwahrscheinlich auf Betreiben seines Vaters verließ Ryba das Gymnasium, absolvierte einen Lehrerkurs und bewarb sich um die Lehrerstelle in seiner Geburtsregion.

Im Jahre 1788 begab sich Jakub Jan nach Rozmital, wo man einen Nachfolger des alten und erkrankten Lehrers suchte. Der junge Kantor traf dort am 11. Februar ein, voller Optimismus, Lust zum Komponieren, zum Spielen und zum Unterrichten. Für eine solche Position in einem solchen Städtchen war er jedoch ein überdurchschnittlich ausgebildeter Lehrer und überdurchschnittlich begabter und erudierter Musiker. Bei den Bürgern von Rozmital erregte er Missfallen, besonders als er begann, neue, ungewöhnliche Methoden im Unterricht einzuführen. Lange Jahre war er Unrecht, Missverständnis und Verfolgungen ausgesetzt. Trost und Zuflucht vor seinem unerfreulichen Leben fand Jakub Jan Ryba in der Musik. Er verfasste etwa 1400 Musikwerke: 60 Duette, 90 Sonaten, 130 Variationen, 256 Menuette, 408 deutsche Tänze, 50 Terzette, 70 Quartette, 35 Serenaden und Nokturnen und etwa 35 Symphonien. Ryba wurde allein durch seine Böhmische Hirtenmesse berühmt, komponierte aber insgesamt 19 Weihnachtsmessen, 13 feierliche und 45 kurze Messen. In Rosenthal verlor er nicht Kontakt mit dem zeitgenössischen musikalischen Leben, er sorgte für die Herausgabe seiner Werke und korrespondierte mit bedeutenden Persönlichkeiten in Prag, Wien und Pilsen. Dort wurde ihm später sogar ein Ehrenbürgerrecht erteilt. Seit der Hälfte der 90er Jahre vertonte er tschechische Texte, er verfasste auch tschechische literarische Arbeiten und schuf eine eigenartige musikalische Terminologie. In seiner Region suchte er nach allen Möglichkeiten Musik zu spielen und führte z.B. Lehrsingspiele nach dem Vorbild auf, das er in Prag kennen lernte.

Von Rybas tragischem Tod heißt es oft, er sei unter dem Einfluss des stoischen Philosophen Seneca geschehen, der Rybas Vorbild im Leben und im Tod war. Jakub Jan Ryba beendete sein Leben freiwillig. Am 8. April 1815 begab er sich in den nahen Wald über dem Bach Woltusche, in dem er "durch Abschneiden mit einem Rasiermesser das Ende seinem Leben tat. Er wurde gefunden, die Schriften von Seneca bei sich habend".

Hunderte Male feierte er in seinen Werken Gott, und am Ende wurde ihm das kirchliche Begräbnis versagt. Als Selbstmörder wurde er hinter der Stadt beigesetzt, an einer Stelle, wo früher ein Pest-Friedhof war. Erst 40 Jahre später wurden seine sterblichen Überreste feierlich auf den Friedhof bei der Kirche der Kreuzerhöhung im Alten Rosenthal übertragen. Das heißt dorthin, wo er auf der Orgel gespielt und seine Werke komponiert hatte. Heute kann man diesen Ruheort Rybas besuchen und auch zu dem Ort gehen, wo er ursprünglich ruhte. Dieser liegt in einer breiten Ebene, wo vier mächtige Linden ein Quadrat bilden, in dessen Mitte ein einfaches eisernes Kreuz steht.

Eine andere Erinnerung an Jakub Jan Ryba finden wir in dem Wald über der Woltusche. Hier steht ein kleines Steindenkmal, gerade an der Stelle, wo er sein Leben beendete. Dem Leben und Schaffen von Jakub Jan Ryba, ebenso wie der Wirkung dieses Kantors in Rozmital ist auch eine Ausstellung im Ryba-Gedenksaal des Stadtmuseums gewidmet.

Autor: Jörn Nuber
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