Südböhmen - die Blata

Die Landschaft von Blata (Foto: František Krejča)
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Willkommen, liebe Hörerinnen und Hörer, bei einer neuen Folge der Touristensprechstunde und auch einer neuen Folge unserer Serie über einzelne Regionen Tschechiens. Am Mikrophon begrüßen Sie Armin Sandmann und Marketa Maurova. Wir haben noch nichts über Südböhmen erzählt und das möchten wir heute gutmachen. Wir besuchen eine flache Landschaft, die sich südlich von Tabor, in der Nähe von Sobeslav und Veselí nad Luznicí erstreckt und Blata (Sumpfland) heißt. Auch diesmal würden wir kaum heute noch lebendige Traditionen im Alltagsleben finden. Wir kehren daher fast 100 Jahre zurück, als man noch vielen begegnen konnte. Nach dem Lied aus dieser Gegend hören Sie, was sich 1913 Emilia Frysová notierte.

Die Landschaft von Blata  (Foto: František Krejča)
"Als ich zum ersten Mal das Sumpfland betrat, machte die reiche Tracht des Volkes sofort einen besonderen Eindruck auf mich, die sehr malerisch aussah. Deswegen habe ich die gesamten Ferien dem Durchreisen von Blata gewidmet, d.h. des Sumpflandes in der Nähe von Veselí und Sobeslav. Es ist bekannt, dass man als "blato" Sumpf oder Moorboden bezeichnet, die so häufig im Süden Böhmens vorkommen."

Mit diesen Worten fasste Emilie Frysová, eine pensionierte Lehrerin und Volkskunstsammlerin, im Jahre 1913 ihre Eindrücke in ihrem Buch über die Blata-Gegend zusammen. Der Besuch dieser malerischen Ecke Südböhmens kann noch heute ähnliche Erlebnisse bringen, sehen wir doch anderswo Dörfer, die besonders durch Umbauten und Neubauten der letzten Jahrzehnte geprägt wurden. Als Ausgangspunkte für einen Ausflug können die Museen in Veselí nad Luznicí oder in Sobeslav dienen, in denen reiche volkskundliche Sammlungen aufbewahrt werden. Danach kann man sich schon in die Dörfer Komárov, Klecaty, Zalsí, Vlastibor, Hartmanice oder Záluzí begeben, die zu den schönsten gehören.

Die Blata, manchmal auch Weizen-Blata oder Reiche Blata genannt, stellt eine eigenartige Region dar, dessen Hauptcharakteristik viele prunkvolle Bauernhöfe sowie kleinere Anwesen im Stil des sog. Bauernbarock ist. Die Prosperität der dortigen Bauern strömte einerseits aus dem Weizen, das in dieser flachen und fruchtbaren Landschaft gut gediehen ist, andererseits aus der Torfförderung. Frysova stellt in ihrem Buch fest, dass man im Torf häufig auch versteinerte Bäume oder Antiquitäten finden kann, wie sie archäologische Funde bezeichnete.

Blatas größte Blütezeit kam nach dem Jahre 1848, als Fronarbeit und Untertänigkeit aufgehoben wurden. Die Bauern konnten sich dann der Verbesserung und Vergrößerung ihrer Grundhöfe widmen. Schon vor der Jahrhundertmitte begann man gemauerte, an der Front reich geschmückte Bauernhöfe zu bauen. Ein typischer Bauernhof, der eine selbständige Einheit bildet, besteht aus einem Wohnhaus, das durch ein Tor mit dem Speicher verbunden war. Die Front wurde durch Pilaster geteilt und mit Stuckarbeiten reich geschmückt. Herzchen, Blümchen, Räder, Kleeblätter, aber auch Kreuzchen oder Monstranzen waren die häufigsten Motive. Die Phantasie der Maurer kannte hier keine Grenzen. Die meisten dieser schönen Bauten haben sich bis heute in Komárov, Klecaty und Zálsí erhalten.

Architekten der Bauten im Stil des Bauernbarock waren lokale Baumeister und Maurer, die sich in Wien und anderen Städten mit städtischen Bauten im barocken und klassizistischen Stil bekannt machten. Dann übertrugen sie die Bauelemente nach Blata, was zur Entstehung einer eigenartigen Bauernarchitektur beitrug. Die Sochs von Zálsí und die Patáks von Vlastibor waren die bekanntesten dieser Maurerfamilien, in welchen die Kunst und die Fertigkeiten von Generation auf Generation überliefert wurden.


Die Braut
Außer den Bauernhöfen gehören auch prunkvolle Trachten zur Blata-Region, die - ebenso wie der Grundhof - die Bauernfamilie repräsentierten. Die Tracht von Blata wurde nicht nur in dieser begrenzten Region getragen, sondern sie reichte im Süden bis zu Jindrichuv Hradec (Neuhaus), Trebon (Wittingau) und Tyn nad Vltavou (Moldautein). Die ältesten Bestickungen wurden mit Seide ausgeführt, am häufigsten in mehreren Tönen der karmesinroten und der goldbraunen Farbe. Erst später setzte sich auch die weiße Bestickung durch, die mit bunten Glaskorallchen und Flittergold oder Flittersilber ergänzt wurde.

Eine Mädchentracht bestand aus einem Hemd aus Baumwolle, einem dicht gefalteten Kragen, einem kurzen Leibchen aus dunklerem Tuch, das später durch ein Schnürleibchen ersetzt wurde. Weiter trug das Mädchen einen

Frauentracht
dunklen dickeren Rock und den schönsten Bestandteil der Tracht - eine reich bestickte Schürze, die als Fürtuch bezeichnet wurde. Statt eines Kränzchens trugen die Jungfern eine schwarze Samtschleife über der Stirn, die mit Korallchen und Flittergold bestickt und hinter dem Kopf gebunden wurde. Zur Tracht gehörten weiter dunkelrote Strümpfe und schwarze Schühchen. Eine verheiratete Frau trug darüber hinaus noch eine dunkle Jacke, Pantoffeln und eine Spitzenhaube. Über die Haube band man noch ein sog. Kränzchen. Die rote Schleife war mit Rosenmotiven reich bestickt und in der Mitte der Rosen befanden sich kleine Spiegel, die die südböhmischen Teiche symbolisierten.

Und was zogen die Männer an? Vor allem dunkelgrüne Westen mit vielen glänzenden Knöpfen oder Jacken und lange Mäntel. Die Hose war gelb, aus Leder gemacht, relativ weit und an den Nähten schön bestickt. Man trug auch ein weißes, reich besticktes Hemd, zu dem ein buntes Seidentuch im Ausschnitt gehörte. Die Füße der ledigen Jünglinge schützten weiße, der verheirateten Männer blaue Strümpfe und niedrige Schuhe. Auf dem Kopf trugen die Ledigen eine niedrige Mütze, die sog. Fischottermütze, die Verheirateten eine hohe "Iltismütze" mit Schleifen.


Denjenigen, der Blata noch am Anfang des 20. Jahrhunderts besuchte, konnte damals noch das Aussehen und die Sprache der dortigen Bewohner fesseln. Hören wir, was Emilie Frysova davon schrieb:

"Dem Äußeren nach ist das Volk in Blata gesund und stark mit einer schlanken Figur. Auffallend ist ein Ausdruck der Melancholie und der slawischen Gutmütigkeit in ihren Augen. Das Urteilsvermögen des Volkes ist gesund und einige Einzelpersonen ragen durch einen außergewöhnlichen Scharfsinn hervor, so dass alle Nachbarn bei ihnen Rat suchen. Das Selbstbewusstsein ist bei den Bewohnern von Weizen-Blata sehr stark entwickelt. Sie sind sehr eingebildet auf die Fruchtbarkeit ihres Bodens und wissen gut, dass ihre Region einen eigenartigen Komplex darstellt."

Die tschechische Sprache war in Blata durch zahlreiche regionale Wörter und Wendungen durchdrungen, die ein Besucher, obwohl Tscheche, kaum verstehen konnte. Was glauben Sie, dass es bedeuten konnte, wenn man jemandem sagte: "Mach doch keinen Bedarf daraus!"? Auch einen Tschechen überrascht die Lösung: man soll den Mund halten und nichts verraten.