Tausende Menschen protestieren gegen Babiš

Foto: ČTK / Michal Kamaryt

In mehreren Städten Tschechiens sind die Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die geplante Regierung zu demonstrieren.

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Mehrere Tausend Menschen sind am Dienstagabend in ganz Tschechien auf die Straße gegangen. Sie haben gegen die geplante Regierung von Andrej Babiš demonstriert. Die Proteste fanden am Vorabend der zweiten Ernennung des Ano-Parteichefs zum Premierminister statt. Die größte Kundgebung war dabei in Prag.

„Schande, Schande“, riefen die Demonstranten auf dem Prager Wenzelsplatz. Um 18 Uhr war die obere Hälfte des Platzes voll von Menschen. Viele von ihnen hatten tschechische Fahnen oder Fahnen der EU dabei, andere wiederum hielten Transparente hoch. Damit sollte auf die Stasi-Vergangenheit von Andrej Babis aufmerksam gemacht werden und dass gegen den Milliardär strafrechtliche Ermittlungen laufen. Auf anderen Plakaten waren wiederum Fotografien der Opfer des kommunistischen Regimes. Damit protestierten die Menschen vor allem dagegen, dass das neue Kabinett der Ano-Partei und eventuell der Sozialdemokraten von den Kommunisten toleriert werden soll. Die Protestkundgebung wurde vom Verein „Eine Million Augenblicke für die Demokratie“ organisiert. Der Philosophie- und Bohemistikstudent Matěj Minář gehört zu den Begründern des Vereins. Er sagte, es werde nicht gegen das Wahlresultat demonstriert.

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„Denn Demokratie bedeutet nicht, nur einmal in vier Jahren jemandem seine Stimme zu geben und danach still zu sein. Es ist notwendig, die Politiker zu kontrollieren. Denn was wäre, wenn sie versuchen, die Verfassung ihren Vorstellungen anzupassen? Oder wenn strafrechtliche Ermittlungen gegen die Politiker laufen? Nicht einmal der Wahlsieger kann machen, was er will. Wenn er bestimmte Grenzen überschreitet, sollte er entweder selbst zurücktreten, oder eine andere Kraft sollte ihn dazu bewegen. Wenn so etwas nicht passiert, ist inzwischen das Abnormale zur Norm geworden. Die größte Gefahr besteht darin, dass wir uns an den ungesunden Stand der Dinge gewöhnen und schließlich aufgeben.“

Vor genau 100 Tagen, am 25. Februar, also 70 Jahre nach der Machtübernahme der Kommunisten in der Tschechoslowakei, startete Mikuláš Minář eine Petition für einen anständigen Premierminister. Diese haben inzwischen mehr als 250.000 Menschen unterzeichnet.

Foto: ČTK / Michal Kamaryt
Auf dem Podium sprachen mehrere Persönlichkeiten, darunter zwei der erfolglosen Präsidentschaftskandidaten, Marek Hilšer und Pavel Fischer. Der sozialdemokratische Senator Jiří Dienstbier bezeichnete einen strafrechtlich verfolgten Premierminister als großes Problem. Babiš sei im Interessenkonflikt, da er die politische, ökonomische und mediale Macht in Händen halte. Aber nicht nur das:

„Ein weiterer Interessenkonflikt besteht in der potenzialen Beeinflussung der Polizei, der Staatsanwaltschaft und auch der Gerichte durch einen strafrechtlich verfolgten Premierminister. Nach der Wende von 1989 hatte man nicht nur hierzulande, sondern in allen ehemals kommunistischen Staaten Mitteleuropas das Gefühl, dass Demokratie, Rechtsstaat, Freiheit und der Schutz der Menschenrechte Werte sind, die nie mehr gefährdet werden sollten. Wenn wir uns nicht um diese Werte kümmern und sie nicht verteidigen, können wir sie leicht verlieren. Wir brauchen Institutionen, die diese Werte schützen. Zu ihnen gehört der Senat des Parlaments. Außerdem müssen das Verfassungsgericht, die Justiz sowie die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft und der Polizei verteidigt werden. Zu den wichtigen Institutionen gehören auch öffentlich-rechtliche Medien.“

Miroslava Němcová  (Foto: Archiv des Abgeordnetenhauses des Parlaments der Tschechischen Republik)
Auf dem Podium traten auch einige Liedermacher und Sänger auf. Zu den Demonstranten sprachen auch Vertreter einiger politischen Parteien – der Demokratischen Bürgerpartei, der Top 09, der Piraten oder des Bündnisses Stan. Die Bürgerdemokratin Miroslava Němcová kritisierte das Verhalten des Staatspräsidenten Miloš Zeman.

„Präsident Zeman unternimmt gewisse Schritte zugunsten des Kreml und nicht der Tschechischen Republik. Wir geben die Hoffnung nicht auf, wissen aber, dass es schwierig sein wird. Ich stand hier 1989, damals war mein Sohn 18 Jahre alt. Jetzt bin ich da, und mein Enkelsohn ist 18 Jahre alt. Es geht immer um dasselbe: wir müssen frei sein und dürfen keine Angst haben.“

Präsident Zeman vereidigt Babiš am Mittwoch ein zweites Mal als Regierungschef. Mit dem Konzept einer Minderheitsregierung war der Milliardär im ersten Anlauf im Abgeordnetenhaus gescheitert. Seitdem regierte er geschäftsführend.