Tschechische Reaktionen auf slowakische Roma-Proteste
Die teils gewaltsamen Proteste der Roma-Minderheit in der Slowakei lassen jetzt auch die Tschechische Republik aufhorchen. Droht eine Migrationswelle der Ärmsten des Nachbarlandes in Richtung Tschechien? Könnte eine in Tschechien geplante Senkung der Sozialhilfe auch hierzulande eine Protestwelle der tschechischen Roma auslösen? Diesen Fragen ist für Sie Daniel Satra nachgegangen.
"Die Menschen werden einen Ausweg suchen, wenn diese soziale Misslage andauert und sie keinen Ausgleich bekommen. Wenn ihnen keine Arbeit oder die Möglichkeit zum Geldverdienen gegeben wird, kann es passieren, dass sie vielleicht nach Tschechien gehen, denn Tschechien liegt am nächsten."
Martin Rozumek von der tschechischen Flüchtlingshilfeorganisation OPU sieht das anders. Er meint, Tschechien sei kein Ziel für slowakische Roma.
"Ich erwarte eher, dass Roma auf Arbeitssuche in andere Staaten gehen. Denn: In anderen Staaten sind die Verdienstmöglichkeiten nicht zu vergleichen mit der Arbeitssituation in der Slowakei. Wenn wir für Roma die beiden Faktoren Arbeitsmöglichkeit und Höhe des Verdienstes in Tschechien und in der Slowakei vergleichen, zeigt sich ein ähnliches Bild: hohe Arbeitslosigkeit, niedrige Entlohnung und eine geringe Perspektive Arbeit zu finden."
Großbritannien und Irland sind in naher Zukunft als Ziele wahrscheinlicher, so Rozumek. Diejenigen EU-Staaten also, die den neuen EU-Mitgliedern ab dem 1. Mai Freizügigkeit auf ihren Arbeitsmärkten gewähren. Im Dezember vergangenen Jahres hatte der tschechische Vizepremier Petr Mares nach einem Treffen mit seinem slowakischen Amtskollegen Pál Csáky betont, die Zuwanderung slowakischer Roma stelle für Tschechien "kein ernsthaftes Problem" dar. Da die Slowakei als sicheres Drittland gilt, werden Asylanträge abgelehnt. Tschechiens Innenminister Stanislav Gross setzt gegenwärtig dennoch auf Vorsicht und hat die Kontrollen an der Grenze zur Slowakei verstärkt."Wir handeln nach den Gesetzen, die es der Polizei ermöglichen bestimmte Dokumente einzufordern, wie zum Beispiel eine Krankenversicherung, ein Minimum an finanziellen Mitteln oder eine Einladung."
Ähnlich wie die slowakischen sind auch die etwa 250 000 tschechischen Roma von hoher Arbeitslosigkeit betroffen und oft auf Sozialhilfe angewiesen. Die möglichen Kürzungen von Sozialleistungen, über die das tschechische Abgeordnetenhaus Anfang März abstimmen soll, wird jedoch nicht zu einer Protestwelle wie in der Slowakei führen, meint Rozumek:
"Ich glaube, dass die Lage in den ostslowakischen Roma-Siedlungen sehr spezifisch ist, eine ähnliche Situation droht in Tschechien also nicht."