Tschechische Republik übergibt Europäischem Parlament juristische Expertise der Benes-Dekrete
Die tschechische Vertretung bei der Europäischen Union hat am Mittwoch in Brüssel dem Europäischen Parlament eine juristische Expertise der sog. Benes-Dekrete übergeben. Der tschechische EU-Botschafter Libor Secka äußerte nach den Verhandlungen mit Europa-Abgeordneten die Überzeugung, dass das Europäische Parlament im Zusammenhang mit den Dekreten kein Interesse daran habe, die Nachkriegsentwicklung in Frage zu stellen oder zu Kompensationen und Restitutionen zu schreiten. In Gesprächen mit dem Vorsitzenden des außenpolitischen Ausschusses des Europäischen Parlamentes, Elmar Brok (CDU) sowie weiteren Abgeordneten sei man sich darüber einig gewesen, dass eine Diskussion, die die Vergangenheit neu öffnet, nicht anzustreben sei, sagte Secka der Nachrichtenagentur CTK. Brok wollte die tschechische Rechtsexpertise der Benes-Dekrete am Mittwoch gegenüber CTK nicht kommentieren. Der Expertise zufolge sind die umstrittenen Benes-Dekrete nicht mehr anwendbar und widersprechen daher nicht geltendem EU-Recht. Da die Dekrete aber Teil der tschechischen Rechtsordnung seien, könnten sie nicht gestrichen werden, heißt es dem Tschechischen Rundfunk zufolge in der Analyse. Im Zusammenhang mit dem Streit um die Dekrete hat der frühere tschechische Außenminister Josef Zieleniec scharfe Vorwürfe gegen Ministerpräsident Milos Zeman und Parlamentspräsident Vaclav Klaus erhoben. Beide hätten mit ihrer unnachgiebigen Verteidigung der Dekrete "den gesamten EU-Integrationsprozess Tschechiens gefährdet", schrieb Zieleniec in einem Beitrag für die Mittwochsausgabe der Zeitung "Mlada fronta Dnes". Die von Zeman und Klaus geplante Parlamentsdebatte über die Dekrete werde Prag weitere internationale Kritik einbringen.