„Über den Seifen- und Petroleummangel“ – Brünner Hebammen-Zeitung 1917

Hebamme

Und nun folgt wieder eine neue Ausgabe unserer Sendereihe „Anno Dazumal“. Schon öfters haben wir Ihnen hier Artikel aus dem Prager Tagblatt präsentiert. Doch zu Zeiten de Österreichisch-Ungarischen Monarchie erschienen auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik natürlich noch eine ganze Menge anderer deutschsprachiger Zeitungen und Zeitschriften. So zum Beispiel auch die Brünner Hebammen-Zeitung.

Aktienfabrik Medica
Das Titelblatt der alle zwei Monate erscheinenden „Brünner Hebammen-Zeitung“ zieren Inserate für einschlägige Produkte, etwa „Odorit und Odoform, bewährte und ärztlich empfohlene Desinfektionsmittel, hergestellt von der Aktienfabrik chemischer und therapeutischer Produkte Medica in Prag 2“, natürliches Bitterwasser der Marke Šaratica gegen allerlei Beschwerden während der Schwangerschaft und der Entbindung oder „Baby-Cosmetique“. Daneben der Aufruf,„pünktlich und vollzählig“ zur nächsten Monatsversammlung in der „Restauration des Herrn W. Frantsits“ zu erscheinen.

Hebammen
Im Inneren des Blattes findet die interessierte Fachleserschaft zahlreiche Artikel rund um die Themen Schwangerschaft und Geburt. Doch auch auf akute Probleme im Zusammenhang mit der Mangelwirtschaft im Ersten Weltkrieg geht die „Brünner Hebammen-Zeitung“ im Dezember 1917 ein:

„Infolge der immer größer werdenden Seifennot geraten wir Hebammen in immer größere Verlegenheiten. Unser schwerer und verantwortungsvoller Beruf bringt es mit sich, dass uns größere Reinlichkeit vorgeschrieben ist. (...) Nun aber fragen wir uns, woher das zur Desinfektion Nötige hernehmen, wenn auf uns Hebammen keinerlei Rücksicht genommen [wird] und auch wir mit einem winzigen Stückchen Seife, das allerdings nur den Betrag von 20 h (Heller, Anm.) kostet, durch zwei Monate auskommen sollen?“

Auch der allgemeine Petroleummangel habe die Hebammen schon in „ärgste Verlegenheiten“ gebracht. Bei Frauen, „die weder Gas noch elektrisches Licht besitzen“, kenne bei einer Geburt in der Nacht „die Not keine Grenzen“.

„Daher stellt die Vereinigung österreichischer Hebammen mit dem Sitze in Brünn die ergebene Bitte, den Hebammen die notwendigen Seifen- sowie auch die Petroleumquoten auszuweiten und bittet auch um gütige Berücksichtigung der Wöchnerinnen.“

Die Antwort des, wie die Hebammen-Zeitung schreibt, „löblichen Stadtrates“ von Brünn ließ nicht lange auf sich warten und wurde in der Ausgabe vom Februar 1918 veröffentlicht:

„Über das an die k. k. mährische Statthalterei gerichtete Ansuchen (…) wegen Zuteilung von Petroleum, wird die Vereinigung der österreichischen Hebammen in Kenntnis gesetzt, dass die Zuweisung von Petroleum-Zusatzkarten nur im Wege der zuständigen Brotkommission erfolgen kann.“

Die Hebammen und Wöchnerinnen möchten daher bei der Brotkommission eine Petroleum-Zusatzkarte beantragen, schrieb Bürgermeister Schnitzler Anfang 1918 an die Brünner Hebammen-Zeitung. Ob und wie das Problem des Seifenmangels gelöst wurde, ist übrigens leider nicht überliefert.