Vergeben ja, vergessen nicht
Nach der medial gesehen eher schwachen Weihnachtszeit, in der zumindest das Tschechische Fernsehen praktisch nur alte Sachen geboten und den anspruchsvollen Zuschauer so gut wie überhaupt nicht angesprochen hatte, startet das neue Jahr mit einer hervorragenden Dokumentarreihe über die Verbrechen des Kommunismus. Mehr dazu erfahren Sie im folgenden Beitrag von Dagmar Keberlova.
"Ein Volk, das die Liquidierung seiner Offiziere zulässt, verliert seine Würde," war einer der Leitsätze, die im ersten Teil des Dokuments mit dem Titel "Die verlorene Seele des Volkes" erklangen. Der erste Abend war den Lebensgeschichten der Offiziere gewidmet, die nach der kommunistischen Machtübernahme von 1948 inhaftiert wurden und lange Jahre in verschiedenen Gefängnissen unter grausamen Bedingungen verbrachten, die sie oft nicht überlebten. Einer der Befragten, Oberst Lubos Hruska, sagte in diesem Zusammenhang: " Und dies tat im 20. Jahrhundert ein Tscheche dem anderen, ein Bruder dem anderen an." Mehrere Betroffene stimmten darin überein, dass die Kommunisten noch schlimmer als die Nazis waren. "Vergeben kann man, vergessen nicht," sagte Lubos Hruska weiter und ein anderer Zeitzeuge machte darauf aufmerksam, dass viele Menschen in den 50er Jahren rechtswidrig ermordet wurden, und diese Taten nach wie vor unbestraft blieben: "In einem normalen Staat kommen Morde vor Gericht, bei uns nicht."
Die Autoren des Fernsehdokuments ließen sich von Steven Spielbergs Projekt "Survivors of the Shoah" inspirieren und machten im Jahre 2000 an die 200 Interviews mit Personen, die vom kommunistischen Terror betroffen waren. Das siebenteilige Dokument gibt nur einen kleinen Teil davon wider, der Rest soll im Laufe der Zeit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die sieben Folgen befassen sich jeweils mit einer anderen Zielgruppe des kommunistischen Terrors. Nach den Offizieren kommen verfolgte Bauern an die Reihe, in einer weiteren Folge dann Intellektuelle.
Die Aussagen von Menschen, die sich nicht dem Terror gebeugt haben und auch heute nicht die strafrechtliche Verfolgung ihrer damaligen Peiniger erleben, beweisen nur einmal mehr, wie notwendig Gerechtigkeit für eine gesunde Gesellschaft ist und dass Vergessen nicht der beste Weg in die Zukunft ist.