Zusammenbruch von Private Investors

Herzlich willkommen bei einer weiteren Ausgabe unserer Magazinsendung mit Themen aus Wirtschaft und Wissenschaft, am Mikrofon begrüßt Sie Rudi Hermann. Viele Leute haben noch nicht begriffen, dass der Handel mit Aktien eine Form des Sparens ist, die besser ist als ein Bankkonto. Der dies vor etwa anderthalb Monaten sagte, heisst Petr Kukla, Mitinhaber der tschechischen Maklerfirma Private Investors, bekannt als grösste Firma in Tschechien für den Handel mit amerikanischen Aktien. Die Aussage klingt zeit- und trendgemäss in einem Land, das erst vor wenigen Jahren den Kapitalismus wieder entdeckt hat. Sie hat aber einen Haken: Inzwischen hat Private Investors aber Konkurs angemeldet. Das Vertrauen der tschechischen Anleger, bisher schon hart geprüft durch Bankenzusammenbrüche und Bankrotte verschiedenster Investitionsgesellschaften, hat damit einen weiteren Schlag erhalten. Einzelheiten zum Fall Private Investors sind Inhalt der folgenden Minuten, zu denen ich guten Empfang wünsche.

Die Nachricht vom Zusammenbruch der Investitionsgesellschaft Private Investors schlug in der tschechischen Wirtschaftswelt wie ein Blitz aus heiterem Himmel ein. Denn noch im Februar hatte das Unternehmen sein Jahresergebnis für das Jahr 2000 vorgestellt, und diese Zahlen hatten günstig ausgesehen: Umsatz 140 Millionen Kronen, Reingewinn 11 Millionen Kronen, Handel mit amerikanischen Aktien auf fremde Rechnung mit einem Volumen von 17.2 Milliarden Kronen. Private Investors beschäftigte im Februar 80 Angestellte und hatte zwei Tochtergesellschaften, Online Investors und Online Investors Slovakia.

Als Grund für die Anmeldung des Konkurses gab die Firma Private Investors an, auf Grund der Entwicklung der amerikanischen Aktienmärkte ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen zu können. Die Verbindlichkeiten von Private Investors werden von der Kommission für Wertpapiere, dem Aufsichtsorgan für den Wertpapierhandel, auf 350 Millionen Kronen geschätzt, wobei die Sprecherin der Wertpapierkommission, Rakda Prochazkova, sich auf Angaben des Unternehmens berief. Die Wirtschaftszeitung Hospodarske noviny schrieb allerdings, unter Experten bestehe die Befürchtung, die Schulden könnten bis 18 Millionen Dollar, umgerechnet also etwa 700 Millionen Kronen, ausmachen.

Die von Privte Investors angegebene Begründung, auf Grund der Entwicklung der amerikanischen Aktienkurse in Zahlungsschwierigkeiten gekommen zu sein, löste allerdings unter einigen Fachleuten Stirnrunzeln aus. Der Direktor für Portfoliomanagement einer in Prag tätigen ausländischen Bank meinte gegenüber der Zeitung Hospodarske noviny, ein Nachlassen der Kurse sollte sich auf das Guthaben der Investoren auswirken, denen die Investitionsgesellschaft das Aktienkonto verwaltet, nicht aber auf die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft als solcher. Das Geld des Unternehmens und der Klienten sollte klar getrennt sein, meinte der Bankexperte.

Deshalb stellt sich die Frage, die in Tschechien, nach all den unseligen Erfahrungen immer zuerst gestellt wird - ob es nicht um Betrug geht. Die Tatsache, dass niemand vom Management von Private Investors nach der Anmeldung des Konkurses telefonisch für eine Stellungnahme zu erreichen war, liess selbstverständlich Gerüchte in Umlauf kommen. Der Chef der Wertpapierkommission, Frantisek Jakub, bezeichnete in einem Gespräch für die Tageszeitung Mlada Fronta dnes das Verhalten der Manager von Private Investors bei der Anmeldung des Konkurses als eher seltsam. Er wollte auch nicht darüber Vermutungen anstellen, ob die Aktien, mit denen spekuliert worden war, der Gesellschaft oder den einzelnen Anlegern gehörten. Jakub erklärte, nach dem Konkursantrag seien als erstes die Wertpapier- und Bankkonten blockiert worden. Der Eingang zu den Räumlichkeiten der Firma sei versiegelt und unter Bewachung gestellt worden. Dennoch traue er sich nicht, zu sagen, ob und in welchem Zustand man die Bücher vorfinden werde. Wenn aber etwas entfernt worden sei, dann handle es sich um einen Gesetzesbruch auf der strafrechtlichen Ebene, auf den man natürlich angemessen reagieren werde.

Den Anlegern, die über die Gesellschaft Private Investors in amerikanische Aktien investierten, bleibt die Hoffnung auf Entschädigungszahlungen durch den für solche Fälle zuständigen Garantiefonds. Entsprechende Ansprüche können sie auf der Grundlage des Gesetzes über die Wertpapiere beim Fonds deponieren. Der Fonds sollte 90 % der angelegten Mittel auszahlen, allerdings nur bis zu einer Gesamthöhe von 400 000 Kronen. Auch geschieht die Auszahlung nicht sofort, sondern erst mit einigen Monaten Verzögerung. Dass der Fonds gegenwärtig noch über keine Mittel verfügt, ist laut Frantisek Jakub kein Hindernis, denn laut den gesetzlichen Bestimmungen kann der Fonds bei den Banken Kredit für die Auszahlungen aufnehmen und diesen zurückzahlen, sobald die Beitragszahler ihre Einlagen getätigt haben.

Es ist eine Ironie der Geschichte, dass die Gesellschaft Private Investors in einem Gebäude ihren Sitz hatte, das schon früher Turbulenzen um eine Finanzgesellschaft erlebt hatte. Im Haus am Prager Wenzelsplatz, an vornehmster Adresse also, war nämlich früher eine Investitionsgesellschaft namens Futurum Aurum des russischen Unternehmers - oder Betrügers, je nach Optik - Alim Karmov beheimatet. Mit einer massiven Reklamekampagne und in Aussicht gestellten hohen Zinsen von bis zu 30 % hatte diese Gesellschaft Mitte der 90er Jahre tschechische Anleger zu Investitionen von insgesamt rund 200 Millionen Kronen veranlasst. 1996 bekannte sich der Firmeninhaber Karmov reumütig zu Veruntreuungen, vergangenes Jahr wurde er dafür für neun Jahre ins Gefängnis geschickt. Weitere verunglückte Investitionen breiterer Bevölkerungsschichten stehen im Zusammenhang mit den Namen Harvard Holding des einstigen tschechischen Finanzmagnaten Viktor Kozeny, der Wall Street Gruppe, dem Investitionsfond Trend und der Gesellschaft CS Fondy. Der Fall CS Fondy gilt als der grösste Fall von Veruntreuung in der Tschechischen Republik mit einem Volumen von 1.3 Milliarden Kronen. Auch in diesem Fall kam es im Januar dieses Jahres zu einem Gerichtsurteil gegen vier Personen, doch liess das Gericht durchblicken, dass es der Ansicht sei, die Drahtzieher wären immer noch auf freiem Fuss.

Wie schon erwähnt, besteht auch im Fall Private Investors der Verdacht, dass nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist und es sich nicht einfach um einen Firmenzusammenbruch handelt, der sich im Rahmen des allgemeinen Anlegerrisikos abspielt. Finanzmarktexperten sind der Meinung, dass die Gesellschaft Private Investors wohl nicht die Einlagen der Anleger zu deren Handen verwalteten, sondern selbst mit dem Geld operierten und wegen der bedeutenden Kursabschwächungen in Amerika die Kontrolle über den Handel verloren habe. Eine zweite Version lautet, dass Private Investors die im Namen der Anleger gekauften amerikanischen Aktien als Garantien für eigene, letztlich schiefgelaufene Spekulationsgeschäfte benützt habe. Das Investitionsschema sah für den Anleger vor, dass er mit der Gesellschaft Private Investors einen Vertrag über den Ankauf von Aktien aus eigenen Mitteln abschliesst. Private Investors leitete den Kaufantrag weiter an eine Partnerfirma in den USA mit der Berechtigung zum Aktienhandel an der Börse. Im besseren Fall sind die Aktien der Anleger von Private Investors demnach auf dem Konto der amerikanischen Brokerfirma, im schlechteren auf dem Konto der zusammengebrochenen Gesellschaft Private Investors.

Autor: Rudi Hermann
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